Tod von Hamas-Führer: Israel-Angriff könnten Waffenruhe gefährden
Netanjahu hatte mehrfach angekündigt, die Hamas vollständig zerschlagen zu wollen. Ein Hamas-Funktionär wurde nun getötet. War es das mit den Waffenruhe-Verhandlungen?
Teheran – Zwei gezielte Tötungen in einer Nacht. In der Nacht auf Mittwoch (31. Juli) verkündete Israel, den Hisbollah-Kommandeur, Fuad Schukr, bei einem Angriff in Beirut getötet zu haben. Nach Angaben der Hamas soll Israel in derselben Nacht bei einem Luftangriff in Teheran den Auslandschef der Hamas, Ismail Hanija, getötet haben. Der Zeitpunkt der beiden Angriffe deutet darauf hin, dass es sich dabei um Israels angekündigte Antwort auf den Raketenangriff der Hisbollah auf die Golanhöhen handeln könnte.
Der Iran und die Hamas drohen bereits mit Vergeltung für den Tod des Hamas-Führers. In der Stellungnahme des militärischen Flügels der Terrorgruppe hieß es, der Anschlag auf Hanija werde große Auswirkungen auf die gesamte Region haben. Israel werde den Preis für die Tat bezahlen „an jedem Ort, den die Hände unserer Mudschahedin erreichen.“ Die Sorge vor einer weiteren Eskalation der Lage wächst.
Hisbollah-Kommandeur und Auslandschef der Hamas getötet: Auswirkungen auf Waffenruhe-Verhandlungen
Auch die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg scheinen durch den Tod des Hamas-Funktionärs gefährdet. Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu betonte mehrfach, dass die vollständige Zerschlagung der Hamas eine Voraussetzung für eine dauerhafte Waffenruhe sei.

Seit Monaten wächst der Druck auf Netanjahu für eine Feuerpause im Gazastreifen. Immer wieder liefen Verhandlungen ins Leere. Die Gespräche laufen bereits seit Monaten schleppend.
Israel-Angriff auf Hamas-Funktionär: Katar stellt Verhandlungen über Waffenruhe in Frage
Das Golfemirat Katar stellte nun nach dem Tod Hanijas die Verhandlungen infrage. „Politische Morde und wiederholte Angriffe auf Zivilisten im Gazastreifen während der Gespräche lassen uns fragen, wie kann man erfolgreich vermitteln, wenn eine Partei den Vermittler auf der anderen Seite ermordet?“, schrieb Katars Ministerpräsident Mohammed bin Abdulrahman Al Thani bei X.
Katar ist neben den USA und Ägypten ein wichtiger Vermittler bei Gesprächen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg. Hanija war als Hamas-Führer im Exil ein wichtiger Gesprächspartner bei den Verhandlungen um eine Waffenruhe. Zuletzt hatten Verhandlungen am vergangenen Wochenende in Rom stattgefunden. US-Beamten deuteten laut BBC-Bericht an, dass die Gespräche bald erfolgreich sein könnten. Mit der Tötung des Hamas-Funktionärs scheint unklar, ob und wie diese Gespräche fortgesetzt werden.
Politikwissenschaftler über Hanijas Tod: „Bemühungen um Waffenstillstandsvereinbarung untergraben“
Gegenüber Tagesspiegel sagte der Sicherheitsexperte, Hans-Jakob Schindler: „Grundsätzlich ist es aber im Interesse der Hamas, zu einem – wenn auch nur temporären – Waffenstillstand mit Israel zu kommen, um sich neu in Gaza aufzustellen.“ Nach einer Pause gehe der Sicherheitsexperte daher davon aus, dass die Gespräche wieder aufgenommen werden.
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Anders ordnet Hasan Ayoub, Assistenzprofessor für Politikwissenschaften an der An-Najah-Universität in Nablus, die Lage ein. Ayoub gehe davon aus, dass sich die Tötung fatal auf die Gespräche über einen möglichen Waffenstillstand auswirken werden. Laut Al Jazeera-Bericht erwarte er, „dass die monatelangen diplomatischen Bemühungen um eine Waffenstillstandsvereinbarung im Gazastreifen untergraben werden“.
Guido Steinberg von der Stiftung Wissenschaft und Politik sagte gegenüber Tagesspiegel, dass vielmehr der Angriff auf einen hochrangigen Hisbollah-Kommandeur von großer Bedeutung für die Sicherheit der Region sei. Noch hat die Hisbollah Schukrs Tod nicht bestätigt. Die Milliz sei im Gegensatz zur Hamas jedoch „viel mächtiger und besitzt die militärischen Mittel, Israel schwer zu treffen“, erklärte Steinberg. „Bei jeder dieser Aktionen droht in den kommenden Wochen eine Eskalation“, sagte der Islamwissenschaftler.
Iran meldet Tod des Hamas-Führers und droht mit Vergeltung: „Gast in unserem Haus ermordet“
Von dem Tod des Hamas-Funktionärs berichtete die iranischen Nachrichtenagentur Tasnim, die den iranischen Revolutionsgarden (IRGC) nahe steht, in der Nacht auf Mittwoch. Hanija soll in der Nacht „von einem Gegenstand aus der Luft“ tödlich getroffen. Er habe sich in einer „speziellen Residenz“ im Norden der Hauptstadt befunden. Israel äußerte sich bislang nicht zu dem Angriff auf Hanija.
Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, kündigte infolge des Todes Vergeltung an. „Das kriminelle zionistische Regime (Israel) hat unseren Gast in unserem Haus ermordet“, wurde Chamenei auf seiner Website zitiert. „Es wird eine harte Bestrafung geben.“ Auch Experten rechnen mit einer Antwort des Iran. (pav/dpa)