21 Jahre lang Direktor des Tegernseer Gymnasiums: Werner Oberholzner im großen Abschieds-Interview
Die Zeit des Abschieds rückt näher: Nach 21 Jahren geht Werner Oberholzner als Direktor des Tegernseer Gymnasiums in den Ruhestand. Im Interview blickt er auf 21 bewegte Jahre zurück.
Tegernsee - Vor 21 Jahren hat Werner Oberholzner seinen Dienst als Direktor des Tegernseer Gymnasiums angetreten. Seither hat es den gebürtigen Bad Reichenhaller nicht mehr weggezogen von hier. Nun aber naht der Ruhestand: Zum 1. August endet am Gymnasium die Ära Oberholzner. Im Interview lässt der 65-jährige Miesbacher, der damals nach siebenjähriger Tätigkeit am Münchner Kultusministerium an den Tegernsee gekommen war, seine Zeit als Schulleiter Revue passieren. Er spricht darüber, was für ihn den Reiz dieser Schule ausmacht, und darüber, wie Klischees und Realität oft weit auseinander klaffen.
Die Zeit des Abschieds rückt näher, Herr Oberholzner. Hatten Sie schon die Muße, sich mit dem Gedanken vertraut zu machen?
Ich lasse das Ganze ein wenig auf mich zukommen. Allerdings freue ich mich schon auf die Möglichkeit, künftig mehr reisen zu können. Auch außerhalb der Ferienzeiten. Im September geht es zum Beispiel nach Neuengland zum Indian Summer. Das wollte ich schon ewig machen.
Die ersten Pläne für den Ruhestand sind also schon geschmiedet.
Richtig. Auch an der sportlichen Front ist während meines Berufslebens oft zu wenig passiert. Hier muss ich dringend aufdoppeln. Meine Frau und ich waren früher beim Standard- und Latein-Tanz ganz gut dabei. Vielleicht lassen wir das wieder aufleben. Meine Frau wäre jedenfalls sehr dafür (lacht). Sie hört übrigens ebenfalls als Lehrerin am Gymnasium Miesbach auf und geht zeitgleich mit mir in den Ruhestand. Das ist gut so, denn ansonsten würden sich manche Pläne nur schlecht verwirklichen lassen.
Bis zum Eintritt in Ihren Ruhestand gibt es aber noch jede Menge zu tun, oder?
Ja, die nächsten Wochen werden richtig, richtig voll. Es gibt allein zwei Festakte zu planen: den zum 75-jährigen Schuljubiläum am 5. Juli und den zu meiner Verabschiedung am 19. Juli. Ganz nebenbei findet noch die Abifeier statt. Dass die 75-Jahr-Feier nahezu mit meinem Abschied zusammenfällt, ist natürlich reiner Zufall und so eigentlich auch nicht ganz korrekt. An unserer Schule ging es damals im September 1949 los – es wäre also sauberer gewesen, die Feier auf den Beginn des nächsten Schuljahres zu legen. Ich wollte die aufwendige Organisation aber nicht meinem Nachfolger aufbürden.
Apropos Nachfolger: Diese Frage ist noch immer nicht geklärt, oder?
Nein, es ist weiterhin offen, wer neuer Schulleiter wird. Ich bin aber vorsichtig optimistisch, dass sich da in Kürze etwas tun wird.
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Auf den neuen Schulleiter wird so einiges zukommen. Man denke nur an die geplanten Sanierungsmaßnahmen, die dem Gymnasium ins Haus stehen.
Richtig. Das Thema Sanierung wird eine große Nummer an dieser Schule. Der Landkreis hat da einiges vor. Soweit ich weiß, soll es ab 2026 soweit sein – im Grunde reden wir von einer Generalsanierung innen wie außen. Die letzte große Sanierung hatten wir Ende der 70er-/Anfang der 80er-Jahre. Seither ist natürlich immer wieder was passiert, schon wegen des Brandschutzes. Im Grunde waren das aber noch kleinere Dinge.
Blicken wir in die Vergangenheit: Was ist Ihnen aus ihrer 21-jährigen Laufbahn als Schuldirektor besonders in Erinnerung geblieben?
Es gab vieles, was ich gut fand. Die Einführung von Spanisch als dritte Fremdsprache zum Beispiel. Das ist bis heute ein Alleinstellungsmerkmal unseres Gymnasiums. Auch im digitalen Bereich ist schon einiges passiert, da hat der Landkreis viel Geld in die Hand genommen. Jedes unserer Klassenzimmer ist technisch gut ausgestattet, zum Beispiel mit Beamer, Laptop und Whiteboard. Außerdem fiel in meine Zeit die Einführung des G8, wodurch der Nachmittagsunterricht zunahm und wir für ein gescheites Mittagessen sorgen mussten. Dadurch ist unsere Mensa in der heutigen Form entstanden.
Thema G8. Die Umstellung im Jahr 2004 war sicher ein großer Aufwand, nur um später wieder zum neunjährigen Gymnasium zurückzukehren. Wie haben Sie das erlebt?
Sagen wir so: Wir hatten uns mit dem G8 ganz gut arrangiert, ich hätte es aber tatsächlich nicht gebraucht. Das war damals ein Schnellschuss, weil man in Bayern ganz vorne mit dabei sein wollte. Ich denke, bei der Einführung wurden einige handwerkliche Fehler gemacht. Es war aber eine politische Entscheidung, als Schulleitung hatten wir darauf keinerlei Einfluss.
Unabhängig vom Schulalltag ist das Gymnasium Tegernsee natürlich eine Besonderheit. Allein schon wegen der Ansiedlung im Schloss und der Lage. Wissen das die Schüler eigentlich zu schätzen?
Die Lage am See ist natürlich sensationell. Da kann unser Gymnasium bei den Schülern schon punkten. Bei Umfragen unter den Jugendlichen, was sie an ihrer Schule schätzen, kommt die Lage immer ganz weit vorne. Und natürlich das Gebäude selbst. Es ist zwar schon viele Jahre her, aber ich erinnere mich noch sehr genau, als ein Kind bei der Einführungsveranstaltung für die vierten Klassen staunend sagte: „Das ist ja wie bei Harry Potter!“ Das habe ich mir bis heute gemerkt. Offiziell dürfen wir das natürlich nicht abfragen: Aber sicher ist auch die Lage unserer Schule direkt beim Bräustüberl kein Nachteil (lacht).
Bei allen Vorteilen. Das Gymnasium Tegernsee hat aber auch den Ruf, besonders schwer zu sein.
Ja, diesen Ruf kann ich bestätigen – leider. Das Märchen vom „Elite-Gymnasium“ Tegernsee ist jahrzehntealt und hält sich bis heute hartnäckig. Dabei treffen diese Gerüchte definitiv nicht zu. Gemeinsam mit der Roland-Berger-Stiftung unterstützen wir Schüler mit schwierigen Startbedingungen. Auch hatten wir bewusst eine Brückenklasse für ukrainische Schüler bei uns angesiedelt. Wir wollen allen eine Chance geben. Das hat nichts mit Elitedenken zu tun.
Sie haben in Ihrer Zeit einige Schülergenerationen kommen und gehen sehen. Hat sich das Verhalten der Schüler und auch das der Eltern in diesen Jahren sehr verändert? Wurde es problematischer?
Der Umgang mit den Eltern ist eigentlich nicht schwieriger geworden. Allerdings gibt es heute im Vergleich zu früher mehr Schüler, die eine intensivere pädagogische Betreuung benötigen. Hier zeigen sich auch noch Auswirkungen aus der Corona-Zeit. Wenn sie es darauf anlegten, konnten sich die Schüler ja problemlos aus dem Online-Unterricht ausklinken. In manchen Fächern wie beispielsweise Latein oder Mathe sind da riesige Wissenslücken entstanden. Und ein Fluch können auch die modernen Medien sein. Die Schüler sitzen unverhältnismäßig lange vor ihren Geräten, sogar nachts. Es gibt Fälle, da fallen auch der Schule und den Eltern gemeinsam keine Lösungen mehr ein, und es wird schwierig, diese Kinder zum Erfolg zu führen. Ich wäre zum Beispiel begeistert, wenn Tiktok abgeschafft würde. Die Challenges, die da kursieren, sind ja zum Teil geistesgestört.
21 Jahre als Direktor an ein- und derselben Schule. Das ist eine sehr lange Zeit. Haben Sie nie mit dem Gedanken gespielt, ihre Wirkungsstätte zu wechseln?
Natürlich war es nicht von Anfang an klar, dass ich so lange in Tegernsee bleiben würde. Eigentlich bin ich ja nur über meine Frau hierhergekommen, die als Lehrerin am Gymnasium Miesbach angefangen hat. Aber dann habe ich nie einen Anlass gesehen, mich irgendwo anders zu bewerben. Es gibt eben viele Dinge hier, die ich hier sehr gut gefunden habe.
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