Bundeswehr heute noch „blanker“? General a.D. warnt – Putins Medien horchen auf
Gefundenes Fressen für Putins Staatsmedien: Kritische Aussagen über Pistorius‘ Arbeit bei der Bundeswehr finden offenbar auch in Russland Gehör.
Berlin – Immer wieder gibt Diskussionen über die Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr. Seit seinem Amtsantritt bekommt Boris Pistorius (SPD) viel Lob und Zustimmung für die Arbeit im deutschen Heer, doch auch die Kritik an einigen Projekten wächst.
So warnt Ralph Thiele, Oberst a.D. und Vorsitzender der Politisch-Militärischen Gesellschaft vor Teilen der Bundeswehr-Strategie. Damit erregt er unwissentlich auch die Aufmerksamkeit von Medien, die für Wladimir Putin berichten.
Pistorius Arbeit für Bundeswehr in der Kritik: Seit Ukraine-Krieg noch „blanker“
Das Personalproblem der Bundeswehr stellt Pistorius vor einer der größten Herausforderungen. Thiele findet die „angestrebte Personalplanung mit Blick auf Geburtenraten und etablierten Verfahren der Personalgewinnung unrealistisch“, sagte er im Gespräch mit Focus. Um die Bundeswehr personell aufzustocken, hatte Pistorius eine Debatte zur Rückkehr der Wehrpflicht angestoßen. Dieser Vorschlag sorgt allerdings für viel Unmut.
Thiele kritisiert zudem die unklare Zukunftsplanung der Bundeswehr sowie die Organisation des Bundesverteidigungsministeriums. Planungsprobleme wirken sich offenbar vor allem auf die Organisation bei der Beschaffung von Ausrüstung aus. Pistorius hatte zuletzt höheres Tempo beim Beschaffungswesen angekündigt. Die Reformbemühungen hätten wenig daran geändert, den entwickelnden Anforderungen gerecht zu werden, merkte Thiele an. Die Bundeswehr sei sogar seit Beginn des Ukraine-Kriegs noch „blanker“ ausgestattet.

Trotzdem hat er auch lobende Worte: Pistorius habe die politische Führung der Bundeswehr wesentlich verbessert und zeichne sich durch klare und verlässliche Worte und Taten aus.
Putins Staatsmedien greifen Bundeswehr-Kritik und Haushaltsstreit auf
Die Kritik an der Bundeswehr erreicht offenbar auch russische Medien: Die staatliche Nachrichtenagentur Tass verschärfte die Nachricht am 26. Dezember zu einer Meldung, die eher in die Sichtweise des Kreml passt. So zitierte die Agentur Thiele zwar aus dem Focus-Gespräch, dass die Ausrüstung der Bundeswehr nicht lange ausreichen würde, wenn Deutschland oder ein Nato-Land angegriffen würde. Die Bemühungen der Bundeswehr sowie die lobenden Worte des Generals a.D. lässt Tass allerdings komplett aus.
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Auch der Haushaltsstreit der Bundesregierung wurde in Bezug darauf aufgegriffen, dass der Streit die Ampel-Koalition vor Herausforderungen bei der Unterstützung für die Ukraine stellte. Tass ließ ebenfalls die Einigung im Haushaltsstreit aus und dass Deutschland die Unterstützung für die Ukraine zuletzt trotz Haushaltskrise mehrfach betonte. Am Donnerstag (21. Dezember) hatte die EU die Auszahlung eines weiteren Hilfskredits für die Ukraine angekündigt. Wie Kommissionspräsident Ursula von der Leyen mitteilte, geht es um die letzten 1,5 Milliarden Euro aus einem insgesamt 18 Milliarden Euro umfassenden Unterstützungsprogramm für 2023. Dieses war im Dezember vergangenen Jahres von den EU-Mitgliedstaaten vereinbart worden.
Pistorius will Bundeswehr für möglichen „Verteidigungskrieg“ aufrüsten
In den derzeitigen Umfragen der beliebtesten Politikerinnen und Politiker Deutschlands liegt Pistorius vor Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne). Die Zustimmung für die Ampel bricht jedoch stark ein. Insgesamt finden Pistorius‘ Arbeit sowie seine Pläne offenbar Anklang in Deutschland. Zu diesen Plänen gehört unter anderem, dass Pistorius Deutschland „kriegstüchtig“ machen will.
Deutschland müsse sich zudem darauf einstellen, „dass wir im äußersten Fall angegriffen werden könnten“. Um dafür zu sorgen, dass die Bundeswehr in diesem Fall dazu in der Lage wäre, „einen Verteidigungskrieg zu führen“, müsse deshalb einiges angepasst und verbessert werden. Pistorius spricht etwa von einer laufenden Optimierung der Strukturen im Verteidigungsministerium, und Überlegungen, wie die Bundeswehr für Bewerberinnen und Bewerber attraktiver werden könnte. (bohy)