Linke-Chefin Wissler greift Rentenplan von CDU-Senioren-Union an: Rentner sollen „bis zum Tod arbeiten“
Linke-Vorsitzende Janine Wissler hält den Vorschlag der Senioren-Union nach steuerfreien Löhnen für arbeitende Rentner für unhaltbar. Das schlägt sie stattdessen vor.
Berlin – Sollten Rentner steuerfrei arbeiten dürfen? Auf diese Forderung der Senioren-Union nach komplett steuerfreien Löhnen für weiterhin arbeitende Rentner reagiert Janine Wissler, Vorsitzende der Linken, mit Unverständnis. Zu Weihnachten brachte die Senioren-Union der CDU die komplett steuerfreie Aktivrente ins Gespräch. Ihr Vorsitzender, Fred-Holger Ludwig, hatte gesagt: „Jeder, der in Rente geht, hat sich nach all den Jahrzehnten des Einzahlens in die Kassen seinen Ruhestand redlich verdient.“ Und weiter: „Arbeiten im Alter muss sich besonders lohnen. Wer nach Eintritt in die Rente weiterarbeiten will, sollte soviel arbeiten können, wie er will – aber steuerfrei.“
Die Parteivorsitzende der Linken widerspricht der Forderung und sagt gegenüber unserer Redaktion: „Aktivrente läuft ja darauf hinaus, dass arme Rentner praktisch bis zum Tod arbeiten sollen, statt dass man ihnen eine ausreichende Rente zahlt.“ Ihr zufolge geht der Vorschlag am Ziel vorbei. Denn es ginge nicht um Rentner, die weiterarbeiten, weil sie ihren Job gerne machen, sondern die, die es müssten, weil ihre Rente nicht für den Lebensabend reicht. „Dafür brauchen wir keine Aktivrente, dafür brauchen wir eine solidarische Mindestrente über der Armutsgrenze.“ Laut Statistischem Bundesamt waren im ersten Quartal 2023 680.000 Rentner in Deutschland auf die sogenannte Grundsicherung angewiesen.
Die Linke fordert solidarische Mindestrente statt CDU-Vorschlag
Der Forderung der Senioren-Union liegt ein Vorschlag der CDU zugrunde. Die Partei hatte in ihr neues Grundsatzprogramm das Thema „Aktivrente“ aufgenommen habe. Das Konzept sieht vor, dass, wer nach dem Erreichen des gesetzlichen Rentenalters freiwillig weiterarbeiten will, sein Gehalt bis zu einem bestimmten Betrag steuerfrei bekommen soll. Der Vorschlag der Senioren-Union geht mit der Forderung von kompletter Steuerfreiheit hinaus. Außerdem kritisierte der Vorsitzende der Senioren-Union auch hohe bürokratische Hürden. Er sagte, viele Rentner würden durch die Bürokratie wie die Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung abgeschreckt. „Wer auch im Alter arbeiten will, soll dies dürfen – ohne Schikane durch die Ämter“, forderte Ludwig. Das gelte auch für Handwerker, sagte er. Natürlich könne ein Dachdecker im fortgeschrittenen Alter nicht mehr aufs Dach. Helfen könne er aber trotzdem mit seiner Arbeitskraft, etwa im Büro oder bei der Einteilung der Dachdecker.

Dachdecker mit 70? Linke spricht von „perfidem“ Beispiel
Auch hier widerspricht Wissler: „Es ist irritierend, dass der Vorsitzende der Senioren-Union in der Steuerpflicht eine ‚Schikane durch Ämter‘ sieht“, sagte die Linke-Chefin gegenüber Ippen.Media. Auch ihr stellvertretender Parteivorsitzender, Ates Gürpinar, übte Kritik: „Ich weiß nicht, ob Herr Dr. med. Fred-Holger Ludwig schon einmal als abhängig Beschäftigter gearbeitet hat, aber viele Menschen, die nicht neben ihrem Job an der Supermarktkasse noch ein Haus vermieten oder ein Aktiendepot managen, machen gar keine Steuererklärung. Die Steuern werden vom Arbeitgeber abgeführt, und die Einreichung von Belegen beim Amt, um ein paar Euro zurückzubekommen, ist freiwillig“, sagte er unsere Redaktion. Dass Ludwig als Beispiel den Beruf des Dachdeckers wähle, sei „perfide“. „Es sind in der Regel eben gerade nicht die Handwerker und die körperlich hart und im Schichtbetrieb Arbeitenden, die gerne länger arbeiten wollen, sondern vor allem Menschen in gut bezahlten, oft akademischen Berufen“, so Gürpinar.
Immer mehr deutsche Rentner arbeiten noch im Alter
Tatsächlich arbeiten in Deutschland immer mehr Menschen auch nachdem sie das reguläre Renteneintrittsalter überschritten haben. Das geht laut RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) aus Antworten des Bundesarbeitsministeriums auf parlamentarische Anfragen der Linksfraktion hervor. So waren im September über 1,1 Millionen Arbeitnehmer in Deutschland älter als 67 Jahre, über 50.000 mehr als im Vergleichsmonat des Vorjahres.