Zoll-Deal könnte Tausende Arbeitsplätze kosten – ein Bundesland besonders betroffen

Der jüngste Zoll-Deal zwischen der EU und den USA unter Präsident Donald Trump droht zu einem massiven Belastungstest für die saarländische Industrie zu werden. Das zeigt eine aktuelle Studie der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (htw saar) und der Industrie- und Handelskammer Saarland (IHK). Demnach könnten mittel- bis langfristig bis zu 17.000 Arbeitsplätze in der Automobilwirtschaft, Stahlindustrie und im Maschinenbau verloren gehen – ein Schock für ein ohnehin strukturschwaches Bundesland. 

„Die Zölle treffen unsere Kernbranchen – nicht nur direkt, sondern vor allem durch fatale indirekte Effekte wie teurere Vorleistungen und gestörte Lieferketten“, warnt IHK-Hauptgeschäftsführer Frank Thomé in der Studie.

Zoll-Deal setzt Jobs aufs Spiel: „Von der Leyen hat die Stahlindustrie offenbar vergessen“

Besonders problematisch ist, dass Stahl und Aluminium weiterhin mit einem 50-Prozent-Zoll belegt bleiben, obwohl für die meisten EU-Industriegüter künftig ein pauschaler Zollsatz von 15 Prozent gilt. 

Die Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger (SPD), kritisiert in einem SR-Bericht: „Von der Leyen hat die Stahlindustrie offenbar vergessen.“ Sie fordert ein zusätzliches Stahlabkommen mit den USA – und einen nationalen Stahlgipfel zur Zukunftssicherung.

US-Präsident Donald Trump mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag im schottischen Turnberry
US-Präsident Donald Trump mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Montag im schottischen Turnberry Andrew Harnik/Getty Images

Professor aus Saarland warnt: „Eigentliche Gefahr liegt weniger in den direkten Zöllen“

Laut der Studie basiert die Gefährdungslage auf einer Unternehmensbefragung im Juni 2025. Dabei gaben fast 70 Prozent der saarländischen Firmen an, bereits jetzt unter den US-Zöllen zu leiden. 

Der htw-Professor Thomas Münter sieht den eigentlichen Schaden jedoch nicht allein in den neuen Abgaben: „Die eigentliche Gefahr liegt weniger in den direkten Zöllen, als in den indirekten Effekten: steigende Kosten, wachsende Wettbewerbsintensität, Verwerfungen in Lieferketten“, so Münter in der Studie.

„Wir müssen uns eingestehen, dass wir seit Jahren wirtschaftlich zurückfallen“

Christina Grimm, Projektmitarbeiterin der htw saar, bringt die Lage auf den Punkt: „Zölle bremsen Wachstum, Investitionen und Innovation. Ohne entschlossenes Gegensteuern droht dem Saarland nicht nur wirtschaftlicher Schaden, sondern auch der Verlust junger Talente.“

IHK-Chef Thomé sieht die EU in einer schwachen Verhandlungsposition: „Ehrlicherweise müssen wir uns eingestehen, dass wir seit Jahren wirtschaftlich zurückfallen. […] Es ist klar, dass man nicht auf Augenhöhe verhandelt.“ Umso mehr fordert er Reformen in Berlin und neue Handelsabkommen weltweit.

Kernpunkte zum EU-Zoll-Deal mit den USA:

  • Zölle auf EU-Industriegüter in die USA künftig pauschal bei 15 Prozent
  • Stahl und Aluminium bleiben bei 50 Prozent Zollsatz
  • Keine Gegenzölle der EU auf US-Produkte vorgesehen
  • Besonders betroffen: Automobilbranche, Maschinenbau, Stahlindustrie
  • Deutsche Exporte in die USA könnten laut ifo-Institut um bis zu 16 Prozent sinken
  • Schätzung: Rückgang der Wertschöpfung in Deutschland um 1,5 Prozent
  • BIP-Effekt laut ifo: -0,2 Prozent für die deutsche Volkswirtschaft

Zoll-Deal mit Trump: Hat von der Leyen USA am Ende ausgetrickst?

Einige Beobachter bewerten den Zoll-Deal indes nüchterner – und sehen darin sogar eine clevere Strategie der EU. Ursula von der Leyen habe Trump symbolträchtige Versprechen gemacht, die kaum belastbar seien, so das US-Portal „Politico“. Die EU könne etwa die zugesagten Energieimporte gar nicht garantieren, da es an Infrastruktur und rechtlichen Hebeln fehle. 

Auch bei den Zöllen sehen manche Analysten Vorteile für Europa: Während US-Verbraucher künftig mehr für EU-Produkte zahlen müssen, könnten europäische Konsumenten von stabilen oder sinkenden Preisen bei US-Waren profitieren. Aus ihrer Sicht sei der Deal weniger eine Kapitulation – sondern eine stille List.