Diskussion über barrierefreien Zugang zum See: Landkreis ist nicht zuständig
Eine lange Diskussion gab es im Infrastrukturausschuss über Barrierefreiheit am Starnberger See. Und das, obwohl der Landkreis für den Antrag der Grünen nicht zuständig ist.
Bad Tölz-Wolfratshausen – Der Landkreis ist für vieles zuständig, aber nicht für alles. Daher hätte der Antrag der Grünen-Fraktion zum barrierefreien Zugang zum Starnberger See in der Infrastrukturausschuss-Sitzung eigentlich schnell abgehandelt sein können. Denn für derartige Investitionsmaßnahmen am Erholungsgelände in Ambach ist der Landkreis schlicht nicht zuständig. Dennoch wurde länglich darüber diskutiert – auch, weil vermutlich niemand den Eindruck erwecken wollte, man interessiere sich nicht für die Belange von behinderten Menschen.
Antrag „hat mich ratlos gemacht“
Die Grünen fordern, dass der barrierefreie Zugang zum See am Erholungsgelände „zeitnah hergestellt“ werden soll. Dafür sei unter anderem eine Neugestaltung der Rampe, die ins Wasser führt, notwendig. Diese sei „gefährlich und schlecht zu nutzen“, sagte Kreisrätin Christine Mair in der Sitzung. Sie schilderte den Fall eines jungen Rollstuhlfahrers, dessen Eltern ihm nicht mehr helfen können, der die Rampe aufgrund des Zustands aber alleine nicht nutzen kann. Durch ihn habe die Problematik für sie „ein Gesicht bekommen. Er steht stellvertretend für viele Menschen mit Handicap“, sagte Mair.
Eigentümer sind Erholungsflächenverein München, Stadt München und Bayerische Staatsforsten
In der Sache hätte ihr vermutlich keiner der Anwesenden widersprochen. Es gab aber ein anderes Problem. „Der Antrag hat mich verwundert und ratlos gemacht“, sagte Landrat Josef Niedermaier (FW). „Das Thema hat hier nur bedingt etwas zu suchen. Der Ausschuss ist dafür einfach nicht zuständig.“ Eigentümer eines Großteils des Areals ist nämlich der Erholungsflächenverein München, andere Bereiche gehören den Bayerischen Staatsforsten und der Landeshauptstadt München. Dem Landkreis wird das Gelände zur Verfügung gestellt, um dort ein Erholungsgelände anzubieten. Der Landkreis kümmert sich um den Unterhalt des Areals, darf die Parkplätze nutzen und für diese (nicht für den Zugang zum See) auch Gebühren verlangen. Die Einkünfte daraus müssen für den Unterhalt des Geländes verwendet werden. Für alle Investitionsmaßnahmen ist aber allein der Erholungsflächenverein zuständig. Der Verein plane seit Jahren eine Generalsanierung, erläuterte in der Sitzung Traudl Fischer aus der Kreisfinanzverwaltung. Einiges sei auch bereits umgesetzt.
Ginge es nur darum, die Rampe von Algen zu befreien oder ein wenig aufzuhübschen, könnte man das noch unter Unterhaltsmaßnahmen verbuchen. Vermutlich braucht es aber eine komplett neue Rampe, die aufgrund des notwendigen sanften Gefälles und des seichten Wassers wohl recht weit in den See hineinreichen würde. Für deren Genehmigung wäre dann aber das Landratsamt Starnberg zuständig, sagte Fischer. Man habe aber bereits einen Ortstermin mit dem Behindertenbeauftragten Ralph Seifert und Markus Ertl vom Arbeitskreis für Menschen mit Behinderung vereinbart, um zu schauen, was man machen könne, sagte Fischer.
Beschluss wäre nicht vollziehbar
Von verschiedenen Seiten wurde den Grünen an diesem Punkt nahegelegt, den Antrag zurückzuziehen. Von der Zuständigkeit mal ganz abgesehen, „fehlt der Deckungsvorschlag für die Kosten“, sagte Michael Häsch (CSU). Genau das sei aber zwingend so vorgeschrieben. „Ich stimme nicht gerne gegen den Antrag, zieht ihn doch bitte zurück“, sagte Häsch. „Und wenn wir nicht zuständig sind, schaffen wir einen Präzedenzfall, und jeder kommt hier mit allem Möglichen an.“ Der Beschluss, zeitnah einen barrierefreien Zugang zum See herzustellen, „ist de facto nicht vollziehbar“, argumentierte Abteilungsleiter Wolfgang Krause, da dies eben allein in der Verantwortung des Vereins liege.
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Antrag vertagt
Aber man könne sich doch vielleicht auf eine „Empfehlung“ einigen, hielt Mair dagegen. „Der Ausschuss könnte empfehlen, dass sich der Landrat an den Verein wenden soll, mit der Bitte, die Barrierefreiheit herzustellen.“ Niedermaier sah darin „eine politische Show“. Die Behindertenbeauftragten seien involviert, der Erholungsflächenverein habe aber einfach nur begrenzte Mittel. Man befinde sich zudem im Landschaftsschutzgebiet und im Zuständigkeitsbereich des Landratsamts Starnberg.
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Noch deutlicher wurde Ingo Mehner (CSU). Er werde keiner Empfehlung zustimmen, ohne irgendwelche Rahmendaten zu kennen. „Wie ist der Zustand, was kostet das?“ seien nur zwei der offenen Fragen. „Im Übrigen entschuldige ich mich bei allen Zuhörern, die hier auf die nächsten Tagesordnungspunkte warten.“ Am Ende wurde der Antrag vertagt.