Von Erfolgen und Enttäuschungen

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Der Bürgermeister und ein Teil seiner engsten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (oben v.l.): Christian Fries (stellvertretender Leiter Amt 4 Standortförderung, Tourismus, Kultur und Öffentlichkeitsarbeit und Leiter Stadtarchiv), Harald Born (stellvertretender Betriebshofleiter), Stadtkämmerer Thomas Deller, Geschäftsleiter Ludwig Beck, Stadtbaumeister Stephan Weinl, (Mitte v.l.) Thomas Rami (Leiter Wasserwerk), Kathrin Spielbauer (Leiterin Ordnungsamt), Jennifer Schmidt (Vorzimmer), Christina Rommel (Leiterin Amt 1 Bürgerservice), (vorne v.l.) Annemarie Ketterer (Vorzimmer), 2. Bürgermeisterin Angelika Kammerl, Patrick Janik, 3. Bürgermeisterin Christiane Falk. © Dagmar Rutt

Starnbergs Bürgermeister Patrick Janik blickt mit Sorgen auf Entwicklung der Finanzen.

Starnberg - Es lief im vergangenen Jahr nicht alles rund in Starnberg. Die Seeanbindung ist fürs Erste gescheitert, die vorübergehende Sperrung von 52 Geh- und Radwegen brachte die Stadt sogar in die BR-Satiresendung „quer“, und der ausgedehnte Wasserschaden in der Sauna im Seebad führt zu einer monatelangen Sperrung, deren Ende noch nicht abzusehen ist. Auf der anderen Seite stehen unter anderem eine Konsolidierung der städtischen Finanzen, ein weiterer Meilenstein für das Projekt Moosaik und ein viel beachteter und hochgelobter Kultursommer. Wie bewertet Bürgermeister Patrick Janik die zurückliegenden Monate – und was soll sich im neuen Jahr in der Stadt alles tun? Der Starnberger Merkur hat kurz vor dem Jahreswechsel mit dem 48-Jährigen gesprochen.

Herr Janik, auch diesmal kein Ausblick ohne Rückblick. Wie bewerten Sie das zu Ende gegangene Jahr 2024?

Es war ein durchaus anspruchsvolles Jahr mit nicht immer guten Nachrichten, aber in Summe bin ich ganz zufrieden, wie es sich entwickelt hat. Die erste Jahreshälfte war geprägt von unserem Haushalt und dem Konsolidierungsprogramm, was in jeder Hinsicht anstrengend war, sowohl die Ausarbeitung als auch die Diskussion.

Zuschüsse wurden gestrichen, Steuern und Gebühren erhöht, am Ende war ein 5,5-Millionen-Euro-Defizit gestopft …

Wir hatten durchaus strittige Diskussionen, haben aber ein beträchtliches Konsolidierungsvolumen auf den Weg gebracht. Prägend im Jahr 2024 war bedauerlicherweise auch die Ausübung des Rücktrittsrechts mit der Bahn in Sachen Seeanbindung, weil wir in den Verhandlungen mit dem Bund nicht die Ergebnisse zeitigen konnten, die wir wollten. Und wir wurden nicht vom Schicksal begünstigt, nachdem wir erst unseren Staatssekretär Michael Theurer, mit dem wir drei gute Gespräche hatten, an die Bundesbank verloren haben. Dann hat es eine Weile gedauert, bis der Posten nachbesetzt wurde. Und dann habe ich die Nachricht, dass wir einen Termin bekommen haben, um unser Projekt in Berlin vorzustellen, exakt 27 Minuten vor der Eilmeldung „Scholz entlässt Lindner“ erhalten. So hat sich auch dieser Erfolg als sehr flüchtiges Glück erwiesen. Und jetzt ist die Handlungsfähigkeit in Berlin nicht so gegeben, wie wir es bräuchten, um substanziell über das Projekt zu sprechen.

Vor einem Jahr hatten Sie dem Jahr 2023 in Schulnoten eine 2 minus gegeben. Welche Note bekommt das Jahr 2024?

Angesichts der Tatsache, fünf Millionen Euro einzusparen, ohne dass einem der Laden um die Ohren fliegt und die Bürger mit Fackeln und Mistgabeln vor dem Rathaus stehen, haben wir uns eine 2 verdient, zumal wir auch in anderen Bereichen weitergekommen sind, die zum Teil bisher nur nicht öffentlich beraten werden konnten, zum Beispiel beim Bayerischen Hof und beim Gewerbegebiet Schorn. Und wir sind gerade dabei, eine ganz gute Lösung für die Brauerei in Schorn zu finden hinsichtlich der Abwasserproblematik. Und ein bisschen was für die Seele hatten wir auch. Ich erinnere mich an einen wunderbaren Abend bei der Nacht der langen Tafel. Ich fand den Kultursommer gelungen wie noch nie mit der neuen Ausrichtung im Bucentaurpark. Und wir hatten einen wirklich gut gelaufenen Delegationsbesuch mit Dinard. Das ist ein Thema, das mir sehr wichtig ist.

Worauf hätten Sie gerne verzichtet?

Was uns zusehends Schwierigkeiten macht, ist der Fachkräftemangel. Bei 370 Mitarbeitern und einem jungen Team ist immer relativ viel Fluktuation dabei. Wir haben immer mehr Schwierigkeiten, Stellen qualifiziert zu besetzen. Das ist kein Selbstläufer mehr, wie es vor ein paar Jahren noch war. Deswegen ist auch das Thema Verkehr und Verkehrsregelungen schlecht gelaufen, weil wir im Ordnungsamt stellenweise nur eine oder zwei Personen waren. Das stimmt mich auch für die weitere Entwicklung nachdenklich.

Umso bemerkenswerter ist die nahezu hundertprozentige Quote bei der Kinderbetreuung …

Das ist etwas, worauf ich richtig stolz bin, weil das eine sehr bewusste Entscheidung war, dass wir Vollversorgung anstreben wollen. Wir haben sehr bewusst darauf hingearbeitet und bemühen uns nach Kräften, in dem Bereich ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Das Ergebnis spricht für sich und läuft gegen den Trend.

Wie ist die aktuelle finanzielle Situation Starnbergs? Wenn man einige Stadträte hört, hat man das Gefühl, so schlimm wie vor einem Jahr ist es nicht mehr.

Ich möchte den im Januar beginnenden Haushaltsberatungen nicht vorgreifen, aber es wird bedauerlicherweise so sein, dass wir wieder einen nur knapp ausgeglichenen Verwaltungshaushalt werden vorlegen können oder sogar ein minimales Defizit haben. Und dabei reicht selbst ein ausgeglichener Verwaltungshaushalt nicht aus. Ich kann nur immer wieder auf das Investitionsprogramm hinweisen, das wir vor der Brust haben – mit zwei, eher drei Kindergärten, einer neuen Grundschule, zwei kleinen Feuerwehrhäusern und einer großen Feuerwache. Das funktioniert nicht, wenn wir im Jahr nur einen fünf- oder sechsstelligen Überschuss herausholen. Es müssten eigentlich zwei, drei, vier, fünf Millionen Euro sein, um mit Fug und Recht sagen zu können, wir können uns diese Investitionen leisten.

Welche Sorgen bereitet Ihnen das?

Wir werden auch von vielen Dingen getroffen, die wir nur sehr eingeschränkt beeinflussen können. Weiß der Himmel, wie die aktuellen Tarifverhandlungen ausgehen werden. Die Entwicklung der Kreisumlage ist besorgniserregend. Ich glaube, dass wir nach wie vor auf eine drastische finanzielle Überforderung der kommunalen Ebene zusteuern, wenn wir nicht schon mittendrin sind. Wenn im Landkreis Starnberg die Mehrzahl der Gemeinden Schwierigkeiten hat, ihren Verwaltungshaushalt auszugleichen, dann scheint mir da ein Wurm im System zu sein. Das Phänomen ist zu breit, um es auf individuelle falsche politische Entscheidungen vor Ort zurückzuführen.

Es gibt aber auch Ausgaben, über die die Bürger den Kopf schütteln. Ich erinnere an Absperrschilder für 52 Gehwege …

Man kann dem Stadtrat nicht wirklich vorwerfen, diese Entscheidung getroffen zu haben. Es war eine Stresssituation, weil wir ein fünf Millionen Euro schweres Problem hatten, das es zu lösen galt. Ich denke, dass wir im Umgang mit dem Fehler aber eine ganz ordentliche Figur gemacht haben. Und wenn mich ein Bürger fragt, wie hoch der Schaden ist, muss ich sagen: Null. Das Absperrmaterial ist in gewisser Hinsicht Verbrauchsmaterial und von daher kein finanzieller Schaden. Es hat sich sogar schon eine Baufirma gemeldet, die es gerne kaufen würde.

Auf den Fernsehauftritt der Stadt Starnberg hätten Sie aber wahrscheinlich gerne verzichtet, oder?

Ich habe die wesentlichen Leitmedien des oberbayerischen Raums in der Angelegenheit durch und brauche das nicht öfter. Und ich kann nur sagen, wo gehobelt wird, fallen Späne.

Man mag es als selbstverschuldete Posse ansehen werden, weil keiner mehr darauf geachtet hat, als es in die Umsetzung ging. Es gibt andere Entwicklungen, die die Stadt unverschuldet getroffen haben, zum Beispiel die Sauna im Seebad, die wegen des Wasserschadens bis auf Weiteres geschlossen ist.

Der Einnahmeverlust bei der Sauna ist enorm. Das ist bitter. Aber was soll ich sagen? Es gibt Dinge, die kann man nur schwer beeinflussen. Dass das Ganze ein halbes Jahr nach Ablauf der Gewährleistungsfrist zutage tritt, war ein Schlag in die Magengrube, aber auch das werden wir überleben. Aber schön ist anders.

Denkt man da manchmal, in der Rechtsanwaltskanzlei früher war es auch nicht schlecht?

Meine Mandanten waren auch immer ausgesprochen kreativ dabei, mir besondere Aufgaben zu stellen. Das tut die Stadt sicherlich auch. Ich kriege gelegentlich mitgeteilt, dass ich kein leichtes Erbe angetreten habe. Aber es gibt vergleichsweise wenig Bürgermeister, die ein wie geschmiert laufendes Haus ohne Probleme übernehmen. Verwaltungsarbeit ist ein Job mit viel Verantwortung und unendlich vielen verschiedenartigen Vorgängen. Da hebt man auch mal einen Stein hoch und findet eine fette Kröte darunter, die man runterwürgen muss. Aber in der Frequenz und Massivität wäre ein bisschen weniger auch ganz angenehm. Ich kann mit Fug und Recht behaupten: Langweilig war mir nicht einen einzigen Tag im letzten Jahr, und auch das ist eine Qualität, die ein Beruf haben kann.

Lesen Sie morgen: Patrick Janik über Seeanbindung, Bayerischen Hof, Schorn und weitere Themen, die 2025 wichtig werden.

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