Der Herstellerverband Acea warnt vor den schwerwiegenden Folgen des aktuellen Chipmangels für die europäische Autoindustrie. Laut Verbandschefin Sigrid de Vries verschlimmert sich die Situation „von Tag zu Tag“. Einige Mitgliedsunternehmen berichten bereits von eingestellten Bauteillieferungen, was die Gefahr von Produktionsstillständen in den kommenden Tagen erhöht.
„Wir fordern alle Beteiligten dringend auf, ihre Bemühungen zu verdoppeln, um einen diplomatischen Ausweg aus dieser kritischen Situation zu finden”, betonte de Vries.
Politische Spannungen als Auslöser der Krise
Ein zentraler Auslöser der Krise sind die Lieferprobleme beim niederländischen Chip-Hersteller Nexperia. Die niederländische Regierung hatte das Unternehmen Ende September unter ihre Kontrolle gestellt, da es zum chinesischen Konzern Wingtech gehört. Daraufhin reagierte Peking mit einem Exportstopp für Nexperia-Produkte. Diese politischen Spannungen haben die ohnehin angespannte Versorgungslage weiter verschärft.
Reservebestände am Limit: Produktionsstopps drohen
Nach Acea-Angaben greifen die Autobauer derzeit verstärkt auf Reservebestände zurück, die jedoch „rapide“ zur Neige gehen. Eine aktuelle Umfrage unter den Mitgliedern des Herstellerverbandes ergab demnach, dass einige Autobauer davon ausgehen, dass Produktionsstopps unmittelbar bevorstehen.
Zwar gebe es eine Reihe „alternativer Lieferanten“, erklärte Acea. Es werde allerdings „viele Monate dauern“, zusätzliche Kapazitäten aufzubauen, die die derzeitige Versorgungslücke schließen könnten. Die Autoindustrie habe jedoch nicht so viel Zeit, bevor „die schlimmsten Auswirkungen“ des Chipmangels zu spüren seien.
Der deutsche Autobauer Mercedes erklärte am Mittwoch, dass die „kurzfristige“ Versorgung mit Chips gesichert sei. Zugleich werde weltweit nach Alternativen gesucht, sagte Konzernchef Ola Källenius in einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Ein Weckruf für Europa
Der Verband der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) sieht den Fall Nexperia als „Weckruf“ für Europa. “Kurzfristig könnten Diplomatie und politischer Druck die Chinesen dazu bewegen, ihren Exportstopp aufzuheben”, sagte ZVEI-Geschäftsführer Wolfgang Weber dem Fachinformationsdienst “Tagesspiegel Background”.