Kosten für Pflegeheime in Bad Tölz Wolfratshausen: Bis zu 3500 Euro Eigenanteil
In den Pflegheimen in Bad Tölz-Wolfratshausen steht eine „außergewöhnliche Erhöhung“ beim Eigenanteil an, den die Bewohner aufbringen müssen. Die Wartelisten für die Plätze sind dennoch lang.
Bad Tölz-Wolfratshausen – „Pflege wird schon wieder teurer“: So lautete jüngst eine Überschrift im überregionalen Teil unserer Zeitung. Tatsächlich zuckt man zusammen, wenn man sich vor Augen führt, wie hoch der Eigenanteil ist, den man für einen Platz im Pflegeheim berappen muss. Das gilt auch bei den Einrichtungen im Landkreis. Wie es in Zukunft weitergeht, bleibt eine politische Entscheidung.
Bad Tölz: Sprung bei Kosten fürs Pflegeheim
Dass die Kosten für einen Heimplatz jedes Jahr steigen, ist nicht ungewöhnlich. Heuer fällt der Sprung aber besonders groß aus. Im Tölzer Pflegeheim Josefistift müssen die Bewohner laut Leiterin Bettina Emmrich damit rechnen, dass ihr Eigenanteil um 200 bis 300 Euro pro Monat steigt.
Ganz sicher ist das aber noch nicht. Denn der Träger – das ist seit einem Jahr der Paritätische Wohlfahrtsverband – muss sich die Preiserhöhung erst von der Pflegekasse genehmigen lassen. Diese Verhandlungen sind laut Emmrich noch am Laufen. „Wir haben eine Erhöhung um neun Prozent beantragt, am Ende werden es vielleicht acht Prozent sein“, schätzt sie.
Die Preissteigerung sei unvermeidlich und gehe auf die beiden Faktoren Lebensmittel- und Personalkosten zurück. Beides ist teurer geworden, das wird voll an die Bewohner durchgereicht. Denn die Pflegekassen beteiligen sich ausschließlich an den „pflegebedingten Kosten“.
Pflegeheime: Kostenerhöhung wegen Lebensmitteln und Tarifsteigerung
Darauf verweist auch Jörg Kahl, Einrichtungsleiter der Evangelischen Pflegezentren Lindenhof in Schlehdorf und Rupert Mayer in Kochel am See. „Gerade freigemeinnützige Träger“ – in diesem Fall die gGmbH „Hilfe im Alter“ – „haben keine Gewinnerzielungsabsicht“, betont Kahl. „Da ist nicht viel Luft drin.“ Vor der jüngsten Erhöhung hätten seine Einrichtungen teils ins Minus gehen müssen, um die Lebensmittelpreise zu bezahlen. Seit 1. Oktober sei der Eigenanteil pro Bewohner nun um 200 bis 500 Euro im Monat gestiegen, sagt Kahl. Nun müsse man 2965 Euro im Monat selbst bezahlen.
Das Josefistift sei von jeher eine der teureren Einrichtungen, räumt seine Kollegin Emmrich ein. Denn hier werden die Mitarbeiter – auch nachdem die Stadt Bad Tölz die Trägerschaft zum 1. Januar 2023 abgegeben hat – nach dem etwas höheren Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes bezahlt. Im Schnitt müsse ein Bewohner im Monat 3500 Euro für einen Platz im Josefistift selbst aufbringen.
Den gleichen Betrag nennt für das Tölzer Pater-Rupert-Mayer-Heim Einrichtungsleiterin Larisa Leitner. Die Verhandlungen über eine Erhöhung seien auch hier noch im Gange.
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Ein bis zwei Drittel der Bewohner brauchen Sozialhilfe
Das gilt nach Auskunft von Linda Quadflieg, Pressesprecherin des Trägers AWO Oberbayern, ebenso für das Demenzzentrum am Paradiesweg in Wolfratshausen. Der zuletzt gültige Eigenanteil beträgt hier 2745 Euro. „Wir erwarten eine außergewöhnliche Erhöhung der Pflegesätze und damit leider auch der Eigenanteile für die Bewohner“, sagt Quadflieg.
Wer kann sich das leisten?, fragt man sich da. Laut Emmrich ist es im Josefistift noch immer die Mehrheit der Bewohner. „Es gibt doch einige, die eine gute Rente haben, dazu vielleicht Mieteinnahmen oder Erspartes“, sagt sie. Ein gutes Drittel aber könne den Betrag selbst nicht aufbringen.
Von einer ähnlichen Quote berichtet Kahl aus seinen Einrichtungen in Schlehdorf und Kochel. Im Tölzer Rupert-Mayer-Heim liege der Anteil der Sozialhilfeempfänger hingegen bei etwa 60 Prozent, so Larisa Leitner.
In diesem Fall springt der Bezirk Oberbayern mit „Hilfe zur Pflege“ ein. „Das ist eine gute Sache, und man sollte sich nicht scheuen, es in Anspruch zu nehmen“, sagt Emmrich. Der Antrag darauf gehe in der Regel problemlos durch. Auch müsse kein Angehöriger Angst haben, er werde in einem Ausmaß herangezogen, „dass er sein Haus verkaufen muss“. Es gälten hohe Einkommensgrenzen.
Zuschuss der Pflegekasse je nach Wohndauer
Zudem gebe es seit 2022 einen weiteren „Puffer“, nämlich Zuschüsse der Kasse, die umso höher ausfallen, je länger der Betroffene im Heim lebt. In den ersten zwölf Monaten beträgt der Zuschuss 15 Prozent des Eigenanteils, ab dem 37. Monat 75 Prozent.
So weit schaffen es im Josefistift laut Emmrich aber die wenigsten Bewohner. Die meisten seien schon bei ihrem Einzug so schwer pflegebedürftig, dass ihnen keine sehr lange Wohndauer im Pflegeheim mehr beschieden sei.
Ein anderes Bild zeichnet Jörg Kahl. Im Lindenhof in Schlehdorf etwa lebe ein Drittel der Bewohner schon seit mindestens drei Jahren in der Einrichtung. Ihr Eigenanteil liege dank Zuschuss dann „nur“ noch bei 1800 Euro. Der Kostenfaktor ist es nach Emmrichs Einschätzung aber nicht, der Menschen von einem Einzug ins Pflegeheim abhält. „Die Situation ist meistens so, dass eine Pflege zu Hause einfach nicht mehr zu gewährleisten ist“, sagt sie.
Mangel an Pflegeplätzen in Bad Tölz-Wolfratshausen
Verzweiflung schlage ihr nicht von Familien entgegen, die mit den hohen Pflegekosten hadern, sondern von denen, die dringend einen Platz suchen. „Fürs Josefistift haben wir weit über 200 Menschen auf der Warteliste – teils auch nur vorsorglich, aber bei etwa 20 wäre es sehr akut und dringend.“ Auch Kahl beziehungsweise seine Verwaltungsmitarbeiter kennen die Situation nur zu gut, dass sie „weinende Angehörige am Telefon“ hätten, wie er berichtet.
Dass es so „schwer ist, überhaupt einen Pflegeplatz zu bekommen“, hält auch Kristian Müller, Kreisgeschäftsführer des Sozialverbands VdK, für das größte Problem. „Da ist die Not sehr groß.“ Die Kosten seien nur selten „das Zünglein an der Waage“, wenn es um die Entscheidung für ein Heim gehe.
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Angesichts der hohen Eigenanteile müsse man sich aber schon fragen, ob das jetzige System so Bestand habe. Der VdK spreche sich für einen Ausbau der Pflegeversicherung aus. „Diese Teilkasko, die wir jetzt haben, reicht hinten und vorne nicht aus“, meint Müller. Das würde dann aber auch höhere Beiträge bedeuten.
Diese Variante oder die Verwendung von Steuergeldern für die Pflegekosten seien Entscheidungen für Politik und Gesellschaft, meint Bettina Emmrich. Schon jetzt aber übernehme ja die Allgemeinheit über die Sozialhilfe einen Anteil, wo es nötig ist.