Abschwung „nicht mehr aufzuhalten“ – deutsche Wirtschaft fordert Reformen von Union und SPD
Die Koalition muss mehr Reformen wagen. Das findet ein Bündnis aus 100 Wirtschaftsverbänden. Er umreißt vier besonders wichtige Punkte.
Berlin – Die Union und die SPD gehen mit ihren Koalitionsverhandlungen nicht weit genug. Das jedenfalls findet die deutsche Wirtschaft. Ein Zusammenschluss von Wirtschaftsverbänden hat gefordert, mit Reformen wieder für Wachstumsimpulse zu sorgen – die bisherigen Zwischenergebnisse seien unzureichend und würden der aktuellen Lage nicht gerecht. Das teilten rund 100 Verbände am Mittwoch (2. April) in einer gemeinsamen Erklärung mit. „Schulden allein lösen keine Probleme“, hieß es darin. „Ohne tiefgreifende Reformen wird es keinen nachhaltigen Aufschwung geben.“ Die voraussichtlichen Regierungsparteien müssen mehr Ambitionen einbringen.
Deutschland verliert wirtschaftliche Stärke – Verbände wollen drastische Reformen
In ihrer Erklärung hatten die Verbände – darunter BDI, BDA, DIHK und ZDH – betont, Deutschland stecke in der Rezession fest und gerate im internationalen Standortwettbewerb immer mehr ins Hintertreffen. Die wirtschaftliche Stärke der Bundesrepublik gehe verloren, dabei habe genau das vorher lange Zeit den Wohlstand gesichert. Die konjunkturelle Lage habe sich zuletzt noch zugespitzt, unter anderem mit dem eskalierenden Handelsstreit mit den USA. Weiterhin kratze die Arbeitslosenzahl an der Drei-Millionen-Marke.

Ohne tiefgreifende Reformen werde es keinen nachhaltigen Aufschwung geben. „Was bislang vorliegt, ignoriert in vielen Bereichen die wachsenden wirtschaftlichen Herausforderungen“, kritisieren die Verbände. CDU, CSU und SPD müssten sich jetzt für wirksame, strukturelle Reformen entscheiden: „Wenn die künftige Bundesregierung das nicht schnell und konsequent ermöglicht, wird sich der wirtschaftliche Abschwung in den kommenden Jahren nicht mehr aufhalten lassen“, zitierte das Handelsblatt.
Weniger Steuern, mehr Bürokratieabbau – Wirtschaftsverbände schließen sich gegen Politik zusammen
Jetzt fordern die Verbände, die Steuerbelastung von Unternehmen von rund 30 auf maximal 25 Prozent zu senken. Außerdem sollten die sozialen Sicherungssysteme zukunftsfest gemacht werden. Nötig sei auch ein spürbarer Bürokratieabbau sowie eine Anpassung der Energiepreise. Dazu jedoch später mehr.
Bei diesem Vorstoß kamen viele der wichtigsten Verbände zusammen. Allen voran hatten die vier großen Spitzenverbände die gemeinsame Erklärung unterstützt: Mit dabei waren der Industrieverband BDI, der Handwerksverband ZDH, die Industrie- und Handelskammer DIHK und der Arbeitgeberverband BDA.
Wirtschaftsverbände fordern drastische Reformen – „höchste Priorität“
Was aber fordern die Verbände? Hier hat der Industrieverband BDI eine Auflistung geliefert, die die Kernpunkte Steuerbelastung, soziale Sicherungssysteme, Bürokratie und Energiepreise in den Fokus nimmt.
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- Steuerbelastung: Die Steuerbelastung der Unternehmen und Betriebe müsse „spürbar“ sinken. Der BDI nennt hier ein international wettbewerbsfähiges Niveau von „maximal 25 Prozent.“
- Soziale Sicherungssysteme: Hier sei eine „dringende“ Reform notwendig, um die Systeme finanzierbar, zukunftsfest und generationengerecht zu machen.
- Bürokratie: Die künftigen Koalitionspartner müssten dem Abbau der Bürokratielasten „höchste Priorität“ einräumen. Der BDI forderte einen systematischen Abbau von Berichts- und Dokumentationspflichten. Zeitraubende und „umständliche“ Planungs- und Genehmigungsverfahren müssten einfacher und kürzer werden.
- Energiepreise: Bei den Energiepreisen sehen die Verbände den wesentlichen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Wirtschaft. Diese Kosten müssten drastisch sinken und international konkurrenzfähig werden – das betrifft unter anderem Strom, Gas und Wasserstoff. Auch die Versorgungssicherheit müsse sich bessern. Neben kurzfristigen Maßnahmen, die die Verbraucher entlasten, seien auch hier massive strukturelle Reformen notwendig.
Dass sich so viele teils enorm große Verbände zusammenschließen, kann laut dem Handelsblatt bedeuten, dass andere Wege der politischen Beeinflussung nicht im entsprechenden Maße gefruchtet hätten. Ob ein Brief, unterzeichnet von mehr als 100 Verbänden, mehr Wirkung zeigt, wird sich im Laufe der kommenden Wochen herausstellen.