Ärger für Pistorius‘ Prestige-Projekt: Bundeswehr-General sieht Kampfkraft des Heeres in Gefahr
„Mehr als grenzwertig“: Topgeneral mit Brandbrief wegen Pistorius‘ Prestige-Projekt
Verteidigungsminister Pistorius sieht Deutschlands Rolle bei der Nato-Mission in Litauen als Meilenstein. Doch Kritiker warnen vor einer Schwächung der Bundeswehr.
Berlin – Es gilt als sein persönliches Prestige-Projekt: Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) will die Rolle der Bundeswehr in der Nato festigen und plant, bis 2027 5000 Soldaten fest in Litauen zu stationieren. Die Kampfbrigade soll die Verteidigung der Nato-Ostflanke stärken und Deutschlands Streben nach Führungsverantwortung im Verteidigungsbündnis untermauern. Doch an dem ambitionierten Projekt gibt es auch Kritik – und Heeresinspekteur General Alfons Mais warnt nun in einem Schreiben an Generalinspekteur Carsten Breuer vor einer Schwächung der Heimatfront.
Bundeswehr-Stationierung in Litauen: Top-General sieht Lücken an der Heimatfront in Deutschland
Bereits 2017 startete die Nato mit der Verlegung von Soldaten an die Nato-Ostflanke, um die Sicherung der osteuropäischen Mitgliedstaaten zu gewährleisten. Seit 2022 hat Deutschland bei der Nato-Mission in Litauen die Führung inne. Bei einem Besuch in Vilnius unterzeichnete Pistorius zuletzt Pläne für das künftige Vorhaben und bezeichnete diesen Schritt als „historischen Moment“, der für beide Länder einen „Meilenstein“ markiere. Pistorius will derweil Bundeswehrsoldaten samt Familien an die Nato-Ostflanke locken.
In dem Grundsatzdokument „Roadmap“ wird festgelegt, was für die dauerhafte Stationierung von bis zu 5000 Bundeswehrangehörigen an der Nato-Ostflanke nötig ist. Die Nato-Partner Deutschland und Litauen wollen demnach bis 2027 eine vollständige Einsatzbereitschaft der neuen deutschen Kampfbrigade erreicht haben.
Pistorius in der Kritik: „Ausstattung des Heeres grenzwertig“ – General warnt vor Auswirkungen
Dass das Vorhaben schon von Beginn an als sehr ambitioniert galt, hatten zuvor bereits Experten angemerkt. Nun folgt die Kritik von General Alfons Mais. „Ich komme leider nicht umhin erneut zu betonen, dass die materielle Ausstattung des Heeres gemessen an seinen Aufträgen ab 2025 aktuell mehr als grenzwertig und trotz aller positiver Anstrengungen auch zukünftig unterfinanziert ist“, schreibt Mais laut eines Spiegel-Berichts. Der General warne, dass die Decke zu dünn sei.
Das Heer sei über alle Materialkategorien – „von A wie Artilleriegeschütz bis Z wie Zeltbahn“ – nur zu 60 Prozent ausgestattet, wird Mais zitiert. Die Aufstellung eines neuen Großverbandes ohne zusätzliche Investitionen werde diese Quote auf 55 Prozent absinken lassen. Bisher tauche die materielle Ausstattung der neuen Brigade für Litauen nicht in den Kostenaufstellungen des Ministeriums für die kommenden Jahre auf.
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Pistorius will 5000 Soldaten der Bundeswehr in Litauen stationieren – Rabiate Ansage an Kritiker
Um die möglichen Ausstattungs-Probleme der Bundeswehr wegen des Projekts von Boris Pistorius, weiß der Minister offenbar. Bei seinem Besuch in Litauen antwortete er auf die Frage, ob die Truppe trotz ihrer nicht gerade üppigen Ausstattung überhaupt eine neue Kampfbrigade stellen: „Wir werden das bewältigen, weil wir das bewältigen müssen.“ Laut Spiegel würde Pistorius in seinem Ministerium kritische Nachfragen zu dem Projekt bei internen Besprechungen ähnlich rabiat abbügeln.
In seinem Brandbrief fordert Mais indes, dass die Kosten für die Brigade „in Gänze haushaltsseitig“ abgebildet werden müssen. Grund hierfür: Skepsis, dass Details zur Aufstellung des Verbands noch nicht vorliegen. Zwar soll die Brigade in Litauen aus bereits bestehenden Verbänden zusammengesetzt werden, doch die Frage nach weiteren Unterstützungseinheiten ist noch offen. Mais‘ Befürchtung: Der zusätzliche Bedarf könnte aus den Beständen des Heeres abgeschöpft werden. (fbu/dpa)