Gaza-Kinder in deutschen Städten? Was jetzt geplant ist – und was dagegen spricht

Nur wenige Tage, nachdem zuerst Hannover und dann Düsseldorf die Bereitschaft erklärten, zunächst je 20 hilfsbedürftige Kinder und Jugendliche aus Gaza und Israel aufzunehmen, sind mit Bonn, Duisburg und Kiel mindestens drei weitere Städte hinzugekommen.

Ob die Hilfe überhaupt zustande kommt, hängt jedoch vom Bundesinnenministerium sowie dem Außenministerium ab, da alle Genehmigungsverfahren, Sicherheitsüberprüfungen und Visaerteilungen ausschließlich in der Zuständigkeit dieser Behörden liegen. Dort reagierte man bislang zurückhaltend auf die Initiative. Aus dem Außenministerium kam sogar Kritik.

Hannover rechnet mit Unterstützung von Bund und Land

Die Stadt Hannover teilte als Initiator auf Anfrage von FOCUS online mit, dass man dennoch bemüht sei, die Kinder "so schnell wie möglich" aufzunehmen. "Wir erwarten, dass Bund und Land kurzfristig die Voraussetzungen schaffen", so ein Sprecher der Stadt. 

Die SPD-geführte niedersächsische Landesregierung habe "grundsätzlich eine zustimmende Haltung" signalisiert. Die Auswahl der Kinder und Jugendlichen müsse zunächst das Bundesinnenministerium in Zusammenarbeit mit UN-Organisationen und NGO vor Ort treffen. Sicherheitsüberprüfungen oblägen dem Auswärtigen Amt. 

Die Stadt Hannover rechnet damit, dass Aufenthaltserlaubnisse nach Paragraph 23 des Aufenthaltsgesetzes erteilt werden. Sie kommen unter anderem ins Spiel, wenn völkerrechtliche oder humanitäre Gründe für eine Aufnahme in Deutschland vorliegen.

Hannover will Kinder auch in Begleitung der Eltern aufnehmen

Die Stadt Hannover ist nach eigenen Angaben derzeit in der Lage, 20 Kinder in verschiedenen kommunalen Einrichtungen unterzubringen und medizinisch und psychologisch zu betreuen. Dies betreffe "unbegleitete Kinder".

Man schließt aber indes nicht aus, dass Kinder auch in Begleitung ihrer Eltern aufgenommen werden könnten. Die Zahl der Unterbringungsplätze ließe sich "vielleicht auch erweitern", so das Statement. 

Die palästinensische Gemeinde Hannover könne demzufolge Kinder aufnehmen und in Pflegefamilien vermitteln. Auch die jüdische Gemeinde habe Hilfe zugesagt, heißt es von der Stadt. Auswahl und Betreuung möglicher Pflegefamilien würden "durch das Jugendamt erfolgen".

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Kinder in Gaza versuchen mit ihren Töpfen Nahrungsmittel zu bekommen, die von Wohltätigkeitsorganisationen verteilt werden. Moaz Abu Taha/APA Images via ZUMA Press Wire/dpa

Davon soll die Dauer der Betreuung abhängen

Auf die Frage, wie lange eine Betreuung grundsätzlich geplant sei, hieß es, dass die Betroffenen "je nach Vorgaben des Bundesinnenministeriums" so lange bleiben könnten, "wie es für eine Genesung notwendig ist - und bis die Lage in der Heimat sich soweit gebessert" habe, dass eine "sichere Rückkehr möglich" sei. 

Finanzierung völlig unklar

Ungeklärt bleibt die Frage nach der Finanzierung der Hilfsaktion. "Für eine belastbare Schätzung liegen im Moment noch nicht genug Informationen zum Bedarf der Kinder vor", teilte der Stadt-Sprecher dazu mit. Zusagen zu Kostenübernahme lägen derzeit weder von Bund noch Land vor.

Die Pressestelle der NRW-Hauptstadt Düsseldorf, der FOCUS online den gleichen umfangreichen Fragekatalog wie Hannover geschickt hatte, sandte als Antwort lediglich eine allgemeine, kurze Presseerklärung. Darin verweist die Stadt auf einen Brief an die Bundesbehörden, den auch die anderen vier Städte mit unterschrieben hätten, "die erforderlichen rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen für eine solche humanitäre Aufnahme zu schaffen".

Darüber hinaus würden "im Rahmen der bestehenden Verwaltungsstrukturen die Voraussetzungen geschaffen", um die Kinder bestmöglich unterbringen und medizinisch sowie psychologisch versorgen zu können.

Das Städtequintett hatte die Aufforderung an die Bundesministerien unter anderem damit begründet, dass „die dramatische Lage in Gaza und Israel nicht nur die internationale Öffentlichkeit beschäftigt, sie ist auch ein Thema, das unsere Städte und Gemeinden […] tief bewegt“.

Harsche Kritik vom Außenministerium: "Idee ist nett für den Wahlkampf, hilft aber Menschen nicht"

Deutliche Kritik an der Initiative kommt hingegen aus dem Auswärtigen Amt. "Diese Idee ist nett für den Wahlkampf oder um damit punkten zu wollen, den Menschen selbst hilft sie aber nicht", sagte Serap Güler (CDU), Staatsministerin im Außenministerium, dem "Kölner Stadtanzeiger".

Viel wichtiger und hilfreicher sei hingegen es, Länder in der Region zur Aufnahme zu motivieren. Hier sei Deutschland bereits aktiv und biete auch weiter Unterstützung an. Zuvor hatten sich bereits das Bundesinnenministerium sowie das Kanzleramt zurückhaltend zu den Hilfsplänen geäußert.