"Das mache ich nie wieder", sagt Katastrophenhelfer nach Kosten-Schock

Mike Menke, 40, wird jene Monate nach der Flutkatastrophe an der Ahr Mitte Juli 2021 nie vergessen. Bereits einen Tag nach dem Unglück mit 135 Toten und Hunderten Verletzten hatte sich der Geschäftsführer der Rohrreinigungsfirma Zedentin mit zwölf Mitarbeitern nebst Lkws, Spül- und Pumpenwagen, Sauganhängern, Spezialmaschinen, Generatoren zur Energieerzeugung sowie Logistikfahrzeugen ins Ahrtal aufgemacht. 

Er wollte den Betroffenen nach der katastrophalen Flutwelle helfen. Der Sachverständige für Abwassertechnik und Gebäudeschäden aus Paderborn arbeitete mit seinen Leuten insbesondere in den besonders betroffenen Krisengebieten in Sinzig, in Bad Neuenahr-Ahrweiler sowie der Gemeinde Dernau.

"Das mache ich nie wieder"

Bereits in den ersten Wochen entsorgte Menkes Team 250.000 Liter Heizöl und pumpte andere gefährliche Flüssigkeiten kontrolliert ab. Entsorgt wurden die Stoffe an der eigens eingerichteten Station des Technischen Hilfswerks. Leichenteile und abgerissene Glieder zogen die Männer aus dem Schutt. 

Mit FFP3-Masken vor dem Gesicht, um der Gefahr von Asbestdämpfen, Salmonellen und Fäkalien zu entgehen, setzte sich die Mannschaft auch dem Risiko umhertreibender Gasflaschen aus. Sieben Monate arbeiteten Menke und seine Kollegen, um etwa bei der Wiederherstellung der Abwasserversorgung in der Stadt Sinzig zu helfen.

Heute sagt Menke ganz klar. „Das mache ich nie wieder. Ohne vorherige Kostenzusage läuft Katastrophenhilfe künftig ohne mich. Sollte wieder einmal eine Hochwasserfront ganze Regionen verwüsten, sollen die Behörden alleine klarkommen. Und so wie ich denken viele Helfer und Unternehmer der ersten Stunde nach der Ahrflut.

Unternehmer fordert Schadensersatz von mindestens 90.000 Euro

Der Hintergrund ist denkbar einfach. Der freiwillige Helfer Menke und seine Firma sind nach eigenen Angaben auf einem Großteil ihrer Kosten sitzen geblieben. Im Laufe der Hilfsmaßnahmen mussten Fahrzeuge oder Maschinen repariert oder neu angeschafft werden. 

Zuletzt hat der Unternehmer den Landkreis Ahrweiler auf Schadenersatz von mindestens 90.000 Euro nach dem Brand- und Katastrophenschutzgesetz verklagt, ist aber vor dem Landgericht Koblenz gescheitert.

So monierte die 16. Zivilkammer eine fehlende ausreichende Dokumentation der Schadenersatzansprüche. Das Gericht habe die Klage abgewiesen, da Menke seine „geltend gemachten Positionen trotz gerichtlichen Hinweises nicht hinreichend klar konkretisiert und beziffert hat“, teilte eine Justizsprecherin auf FOCUS-online-Anfrage mit. 

„Nach Auffassung der Kammer hätte die Klägerin zum einen die Klageforderung genau beziffern müssen und zum anderen konkret zu den einzelnen Positionen vortragen müssen.“ Auch habe Menke nicht „hinreichend klar vorgetragen“, welche Leistungen seine Firma „für ihre Handlungen bereits von anderer Stelle erhalten habe und welche Klagepositionen tatsächlich ausschließlich auf die geleistete Fluthilfe entfielen“, so das Fazit.

172 Anträge "positiv beschieden"

Auf Anfrage berichtete der Landkreis Ahrweiler, dass bisher „172 Anträge nach dem Landesbrand- und Katastrophenschutzgesetz (LBKG) positiv beschieden und etwas über eine Million Euro ausgezahlt“ wurden (Stand: 14. März 2025). Jedoch sei nicht jede Hilfeleistung im Rahmen der Ahrtalflut erstattungsfähig, führte eine Pressesprecherin aus. 

"Das LBKG regelt, unter welchen Voraussetzungen eine Bewilligung erfolgen kann. Zum einen muss es sich um eine Hilfeleistung handeln, die zur Gefahrenbekämpfung oder der unmittelbar anschließenden Beseitigung erheblicher Schäden vom Kreis als notwendig anerkannt wird", heißt es. 

"Dies ist beispielsweise nicht bei Hilfeleistungen für Privatpersonen der Fall. Zum anderen muss die Hilfeleistung bis zum 1. Oktober 2021 erfolgt sein, da danach die Katastrophenlage für beendet erklärt worden ist. Die vorgenannten Voraussetzungen lagen im Fall von Herrn Menke nicht vor, was vom Landgericht Koblenz bestätigt wurde."

"Jede Minute zählte damals"

Sieben Fluthilfeschadenersatzklagen gegen den Landkreis beschäftigten bisher das Koblenzer Landgericht. „Vier dieser Verfahren laufen derzeit noch; drei sind bereits abgeschlossen“, erklärte die Gerichtssprecherin. In zwei Fällen hatte die Zivilkammer die Ansprüche abgewiesen, nur einmal hatte sich der Landkreis mit dem Kläger verglichen.

Fluthelfer Menke versteht die Welt nicht mehr. Im Gegensatz zum Landkreis Ahrweiler hat die Stadt Sinzig Hilfeleistungen des Unternehmers beglichen, in 37 Fällen hatten ihn das THW und die Feuerwehr unter anderem mit Entsorgungsarbeiten beauftragt. Darüber kann Menke auch entsprechende Auftragszettel anführen. 

„Jede Minute zählte damals. Es ging ja darum, weitere Naturkatastrophen zu verhindern. Wir haben Hand in Hand gearbeitet mit den offiziellen Einsatzleitungen, der Feuerwehr und dem THW. Mein Team hat Tage, Wochen, Monate geschuftet und war Gefahren ausgesetzt, die auch uns hätten umbringen können.“ Als der Unternehmer zumindest seine Sachschäden ersetzt haben wollte, weigerte sich die Kreisverwaltung Ahrweiler zu zahlen und erhielt recht.

Abfluss-Unternehmer wird beim nächsten Mal zu Hause bleiben

Ersthelfer Menke sieht es heute so: „Letztlich wurde uns die unbürokratische Hilfe zum Verhängnis. Laut Gericht waren die durch uns ausgefüllten Schadenmeldungen nicht konkret genug.“ Eine umfangreiche Dokumentation sei das A und O. „Andernfalls werden die Behörden, die eigentlich für den Katastrophenschutz zuständig sind, sich bedanken und die Hände heben.“ 

Frei nach dem Motto: „Von uns gibt’s nichts“. Der Abfluss-Unternehmer aus Paderborn wird bei der nächsten Naturkatastrophe zu Hause bleiben, sollte man ihm keine Kostenübernahme zusichern. „Für die Zukunft bedeutet dies natürlich, dass viele freiwillige Helfer es sich zweimal überlegen werden, etwaigen Katastrophenopfern beizustehen.“