Beim Schockerberg in Schongau: Die Ampel als Schrecken der Meere
Die Schließung des Schongauer Krankenhauses und die Berliner Ampel-Koalition waren die beiden dominierenden Themen beim 24. Schockerberg, dem traditionellen Starkbierfest der Schongauer CSU im Jakob-Pfeiffer-Haus. Die jeweils mehr als 300 Gäste wurden bei den beiden Veranstaltungen am Freitag und Samstag wieder bestens unterhalten.
Schongau – Es ist wie ein alljährliches Klassentreffen, wenn die CSU-Gemeinde zum Schockerberg strömt. Da werden verdiente Mitglieder wie die Ehrenringträger mitsamt Bürgermeistern und dem direkt aus Berlin angereisten Bundestagsabgeordneten Alexander Dobrindt auf die Bühne zum Anzapfen gebeten (das Ortsvorsitzender Oliver Kellermann deutlich besser hinbekam als im Vorjahr, auch wenn er das „O’zapf is!“ vergessen hat). Kellermann selbst bekommt nachträglich zu seinem 60. Geburtstag ein Geschenk mit warmen Worten von Moderator Daniel Blum und Kornelia Funke überreicht, worauf Kellermann im Überschwang „das dritte Bier geht auf mich“ in den Saal ruft.

Keine Bier-Mengenbeschränkung gab’s für Fastenprediger Tobias Kalbitzer alias „Bruder Blatero“, allerdings nur auf der Bühne, wie er bemängelte – weshalb er gleich flott mit dem Publikum prostete und schon traditionell eine Halbe auf Ex leerte. „Der Marcus Graf ist auch hier“, begrüßte er den Musikschulleiter, der bei der Stadtkapelle mitspielte, und versicherte ihm mit Anspielung auf den Streit mit dem örtlichen Kirchenoberhaupt: „Keine Angst, Pfarrer Marxer kommt nicht!“
Es heißt nur noch Landkreis Weilheim
Dann arbeitete sich Kalbitzer am Thema Krankenhaus ab. „Willkommen in der Todeszone“, sagte er und dass CSU-Stadtrat Dr. Jiri Faltis heute Abend leider nicht da sein könne, „weil er seinen 56. Notarzteinsatz am Stück hat“. Kalbitzer sprach nur noch von „Krankenhaus Weilheim GmbH“ und dem Landkreis Weilheim, weil Schongau gebe es ja nicht mehr. Und er forderte die Schongauer, die im örtlichen Krankenhaus geboren sind, zum Aufstehen auf und sagte zum Publikum: „Das sind die letzten echten Schongauer, denn es gibt keine weiteren mehr.“

Ansonsten sei nicht viel los gewesen, „aber zum Glück gibt es ja die Nachbargemeinden“, sagte Kalbitzer. Neben dem „Schongauer Vorort Peiting“ mit seinen Schneeräum-Problemen gebe es auch noch die Hohenfurcher Landjugend, was mit einem gespannten „uhhhh...“ aus dem Publikum quittiert wurde. Nach deren „Ausländer-raus“-Rufen beim Landsberger Gaudiwurm nannte er sie „Hohenfurcher Jugend, abgekürzt HJ“, haute aber nicht allzusehr drauf – schließlich gebe überall einige Deppen, egal, wo man hinkomme. „Aber mit so einem Schmarrn könnt’s aufhören“, mahnte er.
Kalbitzer machte sich über die Tauben-Problematik lustig („die haben fast ein Kino und ein Menschenleben auf dem Gewissen“) sagte er in Anspielung auf die wochenlange Lagerhaus-Schließung, und er sprach über die hohe Fluktuation bei den Stadträten. Schließlich spekulierte er über die künftigen CSU-Bürgermeisterkandidaten, um eine dritte Amtszeit von Falk Sluyterman zu verhindern, und schlug unter anderem Fritz Zwack und René Repper vor – oder Pfarrer Marxer, „der hat bald Zeit“.
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Peter Ostenrieder als OB-Kandidat für Ammer-Lech-Land?
Aber sein Favorit sei Peitings Bürgermeister Peter Ostenrieder: Der lasse Schongau eingemeinden und werde als Oberbürgermeister das Ammer-Lech-Land zusammen mit Thomas Lippmann als Geschäftsführer, der einen 45 Jahres-Vertrag erhält, leiten. „Und das traue ich den Schongauern zu. Die hätten ja fast auch einen Rastamann zum Bürgermeister gewählt“, amüsierte er sich.

Marianne Porsche-Rohrer trat dieses Mal als Stadtgärtnerin auf und hatte in ihren auswendig vorgetragenen Reimen viele Farbenspiele untergebracht, die alle auf einen Nenner zu bringen sind: Schwarz wie Holunder oder dunkles Bier sind gut, rot (Bio-Tomatensaft) und grün (Unkraut) schlecht: „Ein Überschuss an Grünem in unserem Land ist inzwischen als ungesund bekannt. Es macht uns Magenschmerzen und bläht, macht Übelkeit und Kopfschmerzen von früh bis spät.“ Auch Freie Wähler und die AfD bekamen ihr Fett weg.

Gespannt war das Publikum auf die Neuen im Programm: Lotte und Gundi (Claudia Martin und Barbara Rosenstetter) ersetzten Markus Wühr und parlierten sich als Ratschkathln durch politsche Themen, natürlich vor allem das Krankenhaus Schongau: „Das ist jetzt ein MVZ: Macht vermutlich zu“, sagte Lotte, und beide machten sich über die alles abnickenden Kreisräte lustig. Als Geburtsort aufgrund der geschlossenen Geburtshilfe würde jetzt immer Landsberg, Kaufbeuren oder Starnberg in der Geburtsurkunde stehen – oder, wenn man es nicht rechtzeitig schaffe, „B17er und B23er“, sagte Gundi.
Das Singspiel schaffte es dieses Jahr, alle Politikfelder unter einen Hut zu bringen: Unter dem Titel „Schrecken der Meere“ saßen Markus Söder (Luitpold Braun) und Hubert Aiwanger (Max Bertl) auf einer einsamen Insel und bewachten ihren Schatz, der allerdings Begehrlichkeiten weckte vom orientierungslosen Schiff mit der Bundesregierung und auch von Landrätin Andrea Jochner-Weiß (Anna Eberle), die mit Krankenhaus-Geschäftsführer Thomas Lippmann (Oliver Kellermann) nach dem Stranden ihres Schiffes namens „Krankenhaus Schongau“ auf einem „Krankenhaus-Rettungsflößchen“ ebenfalls vorbeischauten.

Ein Spektakel boten vor tollen Kulissen die ewig streitenden Braun und Bertl („Du Debb mit zwei B!“ „Du Oaschloch mit zwei O!“), wobei Bertl das Kunststück gelang, dank seiner wirklich gelungenen Aiwanger-Imitation inklusive passender Sprache den fränkisch eher mäßig-begabten Braun an die Wand zu spielen. Und Eberle turtelte mit Kellermann herum, nur um später zu betonen, dass an den Beziehungs-Gerüchten natürlich nichts dran sei.
Am Ende eine Ode an die Heimat
Die Lieder hatten einen ernsten Hintergrund, waren aber wie immer eine Gaudi („What shall we do with the sleeping Olaf“ oder „Adieu, armes Deutschland“). Flugs kaperte das Personal des gestrandeten Ampel-Boots, das zuvor noch in der Marihuana-Bucht und im Bürgergeld-Atoll Halt gemacht hatte, die Bayern, doch in der Schatzkiste waren nur Bier, ein Modell von Schloss Neuschwanstein und ein FC Bayern-Trikot drin – wie die Menschen, Natur und Luft wahre Schätze für Bayern, aber eben nicht materiell. Mit einer gemeinsamen Ode an die Heimat ging das Singspiel zu Ende.
Den Schlusspunkt setzte traditionell die Hohenfurcher Feuerwehrkapelle, und da durfte man gespannt sein, wie Frontmann Jürgen Fischer auf den Skandal bei der Landjugend reagierte. Doch nach einem eindeutigen Bekenntnis („Wir sind stolz, Hohenfurcher zu sein, und stehen zu unserer Landjugend“) und einer Spitze gegen die Heimatzeitung („Bei uns gilt das Presseverbot, Heimatzeitung pfüa Gott“) blieb er in dieser Hinsicht harmlos.

Dafür teilte er anderweitig wieder aus – natürlich traditionell gegen die gastgebende CSU, der er das Lied der Spider Murphy Gang „Wo, wo ist CSÜ?“ widmete („Willkommen im Club der ewigen Zweiten“). Aber auch Bürgermeister Sluyterman musste sich einiges anhören, die Mini-Eislauffläche auf dem Marienplatz war Thema und das „Jammer-schlecht-Land“.
Natürlich wurde die Ampel nicht ausgespart, auch Lieblingsopfer Ricarda Lang von den Grünen wurde wieder einmal mit einem Spottlied bedacht („Geboren, um Pommes zu essen“). Und am Ende forderte Fischer, den Engländern nachzueifern: „Was die können, kann Bayern schon lang. Wir müssen zurück zum Prinzregenten, auf geht’s ins Land Tirol.“ Und weil man ja „Schwarzbraun ist die Haselnuss“ laut Fischer nicht mehr singen dürfe, zog die Kapelle kurzerhand mit dem Text „Weißblau ist die Haselnuss“ aus dem Saal. Auch wenn man es kaum glauben mag: Die fast fünf Stunden vergingen fast wie im Flug.