Vor 150 Jahren wurde die Bahnstrecke zwischen Unterpeißenberg und dem Ortsteil „Sulz“ als reine Werksbahn eröffnet. Der Modellbahnclub Pfaffenwinkel erinnert mit beeindruckenden Bildern an das Jubiläum.
Der Modellbahnclub Pfaffenwinkel (MBC) ist kein gewöhnlicher Verein. Welcher Modellbahnclub kann schon von sich behaupten, einen echten Bahnhof zu besitzen? 2011 hat der MBC das historische Gebäude von der Bahn gekauft. Aber es gibt noch eine weitere Besonderheit. Der MBC hat im Obergeschoss der ehemaligen Bahnstation nicht irgendeine Modellbahnanlage stehen, sondern er baut die Bahnstrecke Weilheim-Peißenberg mit Spurweite „H0“ und in der Epoche Ende der 1960-er Jahre nach. Der Verein verfolgt also auch einen eisenbahngeschichtlichen Ansatz. Und deshalb war es fast folgerichtig, dass der MBC nun auf das 150-jährige Jubiläum der Bahnstrecke Unterpeißenberg-Sulz erinnert. Der große Bahnkonzern hat laut Martin Gesche solche Nebenstrecken-Jubiläen nicht mehr auf dem Schirm: „Das ist schade. Aber umso wichtiger ist es, dass wir daran erinnern“, betont der MBC-Vorsitzende
Eröffnung der Bahnlinie: Verein blickt zurück
Wie dem Peißenberger Heimatlexikon zu entnehmen ist, hatte König Ludwig II. im Jahr 1868 auf Beschluss der Abgeordnetenkammer und mit Kreditzusage von 200 000 Gulden angeordnet, die Bahnlinie Tutzing-Unterpeißenberg (heute Bahnstation „Peißenberg-Nord“) bis zum Ortsteil „Sulz“ unterhalb des Tiefstollens zu verlängern. „Die Zeitspanne ist nicht einfach zu recherchieren“, sagt Gesche. Viele Unterlagen oder historische Dokumente würde es darüber nicht mehr geben. Aber der MBC verfügt über ein stattliches Archiv unter anderem mit Gleisplänen und Fotos. Das Bildmaterial stammt zum Teil aus der Zeit um 1900 und zeigt die Szenerie, als es in der Ortsmitte die Alte Bergehalde noch gar nicht gab. Vor genau 100 Jahren machte der erste elektrisch betriebene Zug in Weilheim Halt.
Gesichert ist, dass die Verlängerung der Bahnlinie zunächst nur als reine Werksbahn für die königlich-bayerische Grubenverwaltung geplant war. Die Erweiterung des Schienennetzes Richtung Schongau erfolgte erst sehr viel später im Jahr 1917. Bis zur Fertigstellung dieser „Sekundärbahn“ im Jahr 1875 musste die Kohle aufwendig mit Pferdefuhrwerken vom Tiefstollen zum Verladen nach Unterpeißenberg transportiert werden. Das kostete Zeit und Geld. 1873 wurde mit dem Bau der Werksbahn begonnen. Mit der Gleisverlegung war die Firma „Gaßner & Weiß“ aus Kulmbach beauftragt. „Das wurde damals alles händisch gebaut“, erklärt Gesche.
MBC feiert 2029 wieder ein Jubiläum
Der Abraum des künstlichen Gelände-Einschnitts an der „Leite“ wurde wohl zur Dammaufschüttung südlich der „Hutterer-Leite“ verwendet. Im Vergleich zur heutigen Planungs- und Umsetzungszeit solcher Projekte erscheint die zweijährige Bauphase als relativ kurz: „Heute würde so etwas vermutlich länger dauern“, mutmaßt Gesche mit einem Schmunzeln im Gesicht.
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Eröffnung im August 1875
Die Bahnstrecke Unterpeißenberg-Sulz wurde am 2. Januar 1875 zunächst provisorisch und dann am 1. August 1875 auch offiziell für den Werksbahnbetrieb freigegeben. Dem MBC liegen Unterlagen vor, aus denen hervorgeht, dass die Grubenverwaltung eine Mark pro Rangierbewegung an die königlich bayerische Eisenbahngesellschaft an Nutzungsgebühr bezahlen musste. Doch die Vorteile überwogen. Dem Bergwerk erschlossen sich mit der direkten Verladestation breitere Absatzmöglichkeiten.
Personenverkehr ab 1879
Der Kohleabbau in Peißenberg wurde damit automatisch rentabler. Ab 1879 wurde die Bahnstrecke dann auch für den Personenverkehr geöffnet – zusammen mit der Inbetriebnahme des Bahnhofes „Peißenberg“. Der MBC wird 2029 also wieder ein 150-jähriges Jubiläum feiern: „1879 ist zumindest das Jahr, in dem der Bahnhof in den Archivunterlagen zum ersten Mal in Erscheinung tritt“, sagt Gesche – „auch wenn von dem Anfangsgebäude nur noch die Grundmauern stehen dürften.“ Anlässlich der „11. Peißenberger Modellbahntage“ vom 3. bis 5. Oktober 2025 wird der MBC eine Fotoausstellung zur Historie des Bahnhofs und der Verladestation unterhalb des Tiefstollens gestalten.