Bergbau am Hohen Peißenberg: Zahl der Opfer wohl höher

Bislang wurde davon ausgegangen, dass es zwischen 1837 und der Schließung des Bergwerks 262 tödlich verunglückte Bergleute gegeben hat. Diese Zahl muss wohl nach oben korrigiert werden, wie Recherchen ergeben haben.

Bislang wurde davon ausgegangen, dass es in der Zeitspanne zwischen 1837 und 1971, als die Gruben in Peißenberg und Hohenpeißenberg geschlossen wurden – Peiting war bereits im Jahr 1968 Geschichte –, 262 Bergmänner gegeben hat, die im Bergbau am Hohen Peißenberg tödlich verunglückten.

Die Namen der Verunglückten und ihr Todesjahr stehen auf zwei Messingtafeln im Peißenberger Bergbaumuseum: Es sind 259 Namen. Auf der Bronzetafel in der Knappenkapelle auf der Neuen Bergehalde wird die Zahl von 262 Bergleuten genannt, die in den Gruben in Peiting, Peißenberg und Hohenpeißenberg ihr Leben ließen. Es müssen also zwischen der Eröffnung des Bergbaumuseums im Jahr 1988 bis zur Weihe der Knappenkapelle im Juni 1996 drei weitere tödlich verunglückte Bergleute bekannt geworden sein, von denen bis dahin niemand wusste.

Drei weitere tote Bergleute

In Peiting begann der industrielle Bergbau erst nach dem ersten Weltkrieg. Dort verunglückten zwischen 1921 und 1968 insgesamt 31 Bergmänner tödlich. Diese Zahl scheint auch aus heutiger Sicht noch zu stimmen. Das schaut für Peißenberg und Hohenpeißenberg ein wenig anders aus.

Tafel mit Namen der in Peiting tödlich verunglückten Bergleute in der Barbarakapelle.

Die Zahl 262 ist eine von Menschen durch Zählung ermittelte Summe. Bei den im Bergbaumuseum aufgeführten Namen der verunglückten Bergleuten fehlt zum Beispiel Leopold Bader, über den die Heimatzeitung kürzlich berichtete. Der Hohenpeißenberger wurde im November 1924 von einem Förderkorb zerquetscht und starb wenig später im Krankenhaus in Peißenberg. Zudem gibt es wenige Unterlagen und Daten aus der Zeit vor dem und um den 1. Weltkrieg herum.

Bei genauer Betrachtung und Nachforschung steht fest: Die Zahl 262 kann so nicht stimmen. Sie muss höher sein. Für diese These spricht auch, dass auf dem Bergfriedhof in Hohenpeißenberger bis vor 40 Jahren noch etwa acht kleine schwarze Grabsteine von russischen Kriegsgefangenen standen, die im 1. Weltkrieg in der Unterbauschachtanlage gearbeitet haben.

Die Kriegsgefangenen waren sowohl Über- als auch Untertage im Einsatz, denn am Unterbau befand sich das Gefangenenlager für diese russischen Soldaten. Die Grabsteine wurden vor vielen Jahren entfernt. Es kann aber wohl unterstellt werden, dass die verstorbenen kriegsgefangenen Soldaten nicht alle an Grippe oder einer Blinddarmentzündung gestorben sind.

Gleiches gilt für Peißenberg, hier waren während des 1. Weltkriegs russische und französische Soldaten als Kriegsgefangene im Bergwerk eingesetzt. Sie arbeiteten sowohl am Tiefstollen – wo sich heute das Bergbaumuseum befindet – als auch beim Hauptschacht, wo heute ein Modell des Förderturms steht.

Das Gefangenenlager für die russischen Soldaten war auf dem Guggenberg beim späteren „Cafe Guggenberg“. Ab 1916 waren diese Kriegsgefangenen in größerer Zahl auch Untertage zur Kohlegewinnung im Einsatz, wobei die Masse dieser Männer vorher mit Bergbau nichts zu tun gehabt hat. Durch mangelndes Fachwissen steigt das Unfallrisiko automatisch an, dies gilt besonders für Arbeiten Untertage.

Während des 1. Weltkriegs von 1914 bis 1918 gab es insgesamt 25 tödliche Arbeitsunfälle im Bergbau am Hohen Peißenberg, wie sich aus Unterlagen herauslesen lässt. Diese beziehen sich auf Peißenberg und die Unterbauschachtanlage. Auf den Messingtafeln im Museum sind aber nur 19 Namen aufgeführt. Es ist wie in der Archäologie: Je tiefer man gräbt und je feiner das Sieb ist, umso mehr findet man.R

Rudi Hochenauer