Wie ein Olympionike die Bayern das Tanzen lehrte

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Tegernsee
  4. Tegernsee

Kommentare

Ein Kreuther Forstmann mit vielen Talenten: Georg von Kaufmann rückt im Museum Tegernseer Tal in den Fokus. Beni Eisenburg und Birgit Halmbacher freuen sich darauf.Beni Eisenburg und Birgit Halmbacher zu Ausstellung über Georg von Kaufmann im Museum Tegernseer Tal © Stefan Schweihofer

Er war ein bayerischer Tausendsassa: Das Museum Tegernseer Tal widmet sich dem Forstmeister, Sportler, Musikanten und Tanzmeister Georg von Kaufmann. Er lehrte die Bayern den Volkstanz, als die ihn schon vergessen hatten.

TegernseeEugène de Beauharnais geht, der Kaufmann Schorsch kommt: Am Samstag, 24. August 2024, eröffnet im Museum Tegernseer Tal die zweite Sonderausstellung dieser Saison. Sie widmet sich einem wahren Tausendsassa und bayerischem Multitalent – dem Forstmeister, Sportler, Musikant und Tanzmeister Georg von Kaufmann.

Eine prägende Persönlichkeit

Bis heute ist der Kaufmann Schorsch insbesondere als Bewahrer und Erneuerer der Volksmusik und Volkstänze eine unvergessene Persönlichkeit in ganz Bayern und Österreich. „Er war in ganz vielen Dingen, in allem, was er tat, ein Vordenker“, erklärt Birgit Halmbacher, Vorsitzende des Altertums-Gauvereins, der das Heimatmuseum in Tegernsee trägt. „Nicht allein in der Volksmusik und im Volkstanz tat er sich hervor. Auch im Sport setzte er Marken. Und in Sachen Arbeitssicherheit im Wald galt er mit seinem Schulungszentrum als Wegbereiter.“ Der 1907 in München geborene Kaufmann war ein begeisterter Bergsteiger und Sportler. Nicht nur, dass er bei den Olympischen Spielen 1936 als Fahnenträger fungierte. Kaufmann war der einzige Olympionike, der als Skifahrer, Langläufer und Sprinter sowohl an den Winter- als auch an den Sommerspielen teilnahm.

Georg von Kaufmann studierte Fortwirtschaft in München und in Wien an der Universität für Bodenkultur und war als Forstmeister von 1947 bis 1949 am Forstamt in Kreuth eingesetzt. Dort lernte der Kaufmann Schorsch, der von jung auf schon Akkordeon spielte, den bekannten Musikanten und Volksliedsammler Kiem Pauli kennen und rutschte so – neudeutsch formuliert – in die Volksmusikszene.

Begegnung mit dem Kiem Pauli

Wie das vonstatten ging, daran erinnert sich heute noch Chronist, Volkskundler, Archiv- und Heimatpfleger Beni Eisenburg. Er arbeitete seinerzeit in Kreuth bei einem Lodenschneider mit Sepp Winkler, dem Chef der bekannten Kreuther Klarinettenmusi, mit dem auch Georg von Kaufmann musizierte.

Beim ersten Rundgang beim Aufbau der Ausstellung im Museum entsinnt sich Eisenburg, Kaufmann bei einer Plattlerprobe in Kreuth kennengelernt zu haben und auch als 25-jähriger Jungspund am ersten Volkstanz, den Kaufmann in Hauserdörfl organisiert hatte, teilgenommen zu haben. „Der Schorsch hat uns die alten Volkstänze wieder gezeigt, die durch die Kriege, wo nicht getanzt wurde, in Vergessenheit geraten waren. Diese netten Melodien und Tänze waren für uns neu“, berichtet Eisenburg, der dann seinerseits Tanzmeister wurde und später, als Kaufmann schwer erkrankt nicht mehr so konnte, buchstäblich den Stab von ihm übernahm.  

Kaufmann trat eine „Mords-Bewegung“ los

Georg von Kaufmann hat mit seinen Notenheften die Tanzlmusi in der heute üblichen Form begründet, wie sie dann auch prägend für die Kreuther Klarinettenmusi, die Fischbachauer Tanzlmusi und bis heute die Tegernseer Tanzlmusi war und ist. Danach organisierte Kaufmann Volkstanz-Kurse und Feste, wo er den jungen Leuten die alten Volkstänze näherbrachte. Das erste große „Volkstanzl“ in Rosenheim im Hofbräu schlug so ein, dass Kaufmann bald von Ingolstadt bis ins Werdenfelser und Berchtesgadener Land, ja bis nach Salzburg gefragt war. „Ganz Bayern und Österreich hat getanzt“, erklärt Birgit Halmbacher mit Blick auf die 1950er- bis 1980er-Jahre. Kaufmann habe ein ganzes Genre geprägt und habe eine ganze Bewegung losgetreten. So begeistert seien die Leute von der echten Volksmusik und den dazu passenden Tänzen gewesen.

Später hätten nicht nur Trachtler, sondern auch die Landjugend, Pfarreien, Bildungsinstitute, Tanzschulen, die Stadt München und auch die Tegernseer Woche Volkstanzl organisiert. „Das war eine Mords-Bewegung, die noch lange weiterganga ist, nachdem der Schorsch 1972 gestorben war“, bestätigt auch Eisenburg. Dem Kaufmann Schorsch, der sich nie mehr als das Benzingeld für sein Engagement habe geben lassen, sei es zu verdanken, dass man heute noch wisse wie man eine Française, ein Hirtamadl, den Webertanz, die Krebspolka und einen Italiener tanze. Und was heutige Tanzmeister zu beachten hätten, damit ein „Volkstanzl“ für alle Beteiligten ein erinnerungswürdiges, unvergessliches würde.

Führungen durch die Sonderschau

Das Museums-Team freut sich riesig, dass die vom früheren Volksmusikpfleger für Oberbayern, Ernst Schusser, konzipierte Wanderausstellung in Tegernsee Einzug hält und dass es diese noch mit einigen Stücken aus dem Tegernseer Tal, etwa Kaufmanns Akkordeon oder den Notenbüchern, ergänzen kann. Zur Eröffnung am Samstag, 24. August 2024, um 11 Uhr und am 22. September wird Schusser durch die Ausstellung führen. Sie wird bis 6. Oktober 2024 mittwochs bis samstags von 10 bis 13 Uhr sowie sonntags von 13 bis 16 Uhr geöffnet sein.  

Auch interessant

Kommentare