Heimatverein Kempten diskutiert über Erinnerungskultur, Friedhöfe und Rottach-Siedlung
Im Rahmen der Jahresversammlung des Heimatvereins Kempten blickten die Mitglieder auf ein erfolgreiches Jahr 2024 zurück, bestätigten den Vorstand und debattierten mit dem Oberbürgermeister über aktuelle stadtpolitische Themen.
Kempten – Der Heimatverein sei ein alter, stolzer Verein, der sich immer wieder gewandelt habe, aber seit 1884 für den Erhalt des Schönen in der Heimat sorge, sagte Oberbürgermeister Thomas Kiechle in seinem Grußwort bei der Jahresversammlung des Heimatvereins. Und er fügte hinzu: „Nur was wir kennen, können wir auch wertschätzen.“
Vorsitzender Markus Naumann blickte in seinem Bericht auf ein reichhaltiges 2024 zurück. Er berichtete über zahlreiche Vorträge in Eigenregie und in Kooperation mit dem Kulturamt, über Fahrten und Publikationen, Ausstellungen und Führungen. Und er versprach für das laufende Jahr, ein genauso umfangreiches Programmangebot zu bieten.
Friedhofsprojekt schreitet nur langsam voran
Naumann ging ausführlicher auf das Friedhofsprojekt des Vereins ein: Mangels aktiver Personen sei dieses nicht richtig in die Gänge gekommen. Am Katholischen Friedhof gebe es trotzdem gute Nachrichten. Um einen parkähnlichen Charakter zu bekommen, habe man dort Bänke aufgestellt und die Freiflächen begrünt. Das Grabdenkmal von Johann Baptist Haggenmüller, dem ersten Geschichtsschreiber der Stadt, drohte umzukippen. Jetzt wurde es auf die Hauptallee umgesetzt. Auch eine Tafel mit QR-Code sei dort geplant. Auf dem Evangelischen Friedhof komme man langsamer voran. Dort dokumentiere Vorstandsmitglied Ralf Lienert gerade die Grabsteine.

Verwundert habe er die Diskussion über eine mögliche Rom-Ausstellung aus der Presse wahrgenommen, erzählte der Vorsitzende. Die Eiszeit-Ausstellung sei eine von langer Hand vorbereitete, lokal verwurzelte gewesen. Deswegen habe sie so einen großen Erfolg gehabt. In der aktuellen Debatte empfahl er, sich lieber auf die Vorbereitung der für 2029 geplanten Landesausstellung „Römerland Bayern“ zu konzentrieren.
Kassenbericht und Neuwahlen
Aus dem Kassenbericht von Schatzmeisterin Christa Eichhorst ergab sich die Überlegung, den „Allgäuer Geschichtsfreund“ in Zukunft alle zwei Jahre in gewohntem Format herauszugeben und im Jahr dazwischen die Zeitschrift auf ein journalistisch gestaltetes Heft umzustellen, um Kosten einzusparen.
Bei den von Peter Baldauf geleiteten Wahlen wurden Markus Naumann als Erster und Dr. Wolfgang Petz als Zweiter Vorsitzender in ihren Ämtern bestätigt. Christa Eichhorst bleibt Schatzmeisterin und Therese Waldmann Schriftführerin. Dr. Maike Sieler, Franz Abele, Dr. Werner Scharrer und Ralf Lienert sind Beisitzer. Kraft ihres Amtes gehören OB Thomas Kiechle, Ingrid Müller und Tilman Ritter zum Vorstand. Manuela Ritter und Hans Spitzer übernehmen die Kassenprüfung.
Grußwort des Oberbürgermeisters
Der Oberbürgermeister kam in seinem Grußwort auf das Thema Friedhöfe zurück. Die Zahl der Urnenbestattungen in der Stadt liege bereits über 80 Prozent. Und seit ein paar Jahren nehme die Zahl von anonymen Bestattungen stark zu. Es gebe keinen Ort mehr, wo Erinnerung stattfinden könne. „Unsere Enkel und Urenkel müssten das gleiche Recht haben, sich an uns zu erinnern!“, meinte er. Die Erinnerungskultur müsste man selbst leben. Er findet an der aktuellen Kulturveränderung keinen Gefallen. Kein Wunder, dass die Leute die Urnenbestattung vorziehen, wenn man ohne Scheckbuch dort nicht parken könne, merkte ein Mitglied an. Kiechle erwiderte, dass die Stadt die Dauer des freien Parkens („Brötchentaste“) zunächst auf eine halbe und seit kurzem auf eine ganze Stunde verlängert habe.
Kiechle hob die „großartige Leistung“ von Dr. Wolfgang Petz, dem Kurator der Ausstellung „Zeitenwende 1525“ im Kempten-Museum hervor. Diese zeige auf, wie lange echte Veränderungen brauchen und wie schnell die Errungenschaften wie Teilhabe und Mitbestimmung wieder weg sein können.
Debatte über die Rottachsiedlung
Naumann fragte im Namen des Vorstands beim OB nach, wie es mit der Rottachsiedlung weitergehe (siehe auch Seite 3). Es handle sich hier um eine typische Siedlung der 1950er Jahre, um einen Ort, der an die Geschichte der Heimatvertriebenen erinnere.
Sgraffiti seien in der Stadt bereits auch an anderen Stellen, wie z. B. in der Ullrichstraße (es stellte August Ullrich dar, der im 19. Jahrhundert in Cambodunum die ersten Ausgrabungen durchführte) verschwunden. Es wäre gut, wenn der Fassadenschmuck hier erhalten bleiben könnte. Auch der Kuschel-Brunnen befinde sich in einem schlechten Zustand. Die Gebäude gehörten teilweise der Sozialbau und teilweise der BIMA, antwortete Kiechle. In den nächsten drei bis vier Jahren passiere dort nichts. Ob die Häuser abgerissen oder im Bestand saniert werden, wisse man noch nicht. Die Stadt habe kein Interesse daran, hier ein neues städtebauliches Projekt zu entwickeln. Er könne sich gut vorstellen, dass an dieser Stelle ein Vorzeigeprojekt für sozial Schwache entstehe.

Dr. Dieter Weber erzählte von der Entstehung der Siedlung, die auf den damaligen Wohnungsmangel und auf die hohe Zahl der Zuzügler zurückzuführen gewesen sei. Der Brunnen in der Kantstraße gelte als das wichtigste Denkmal von Ferdinand Kuschel in Kempten und müsste restauriert werden. „Das wird man sicher tun“, versprach Kiechle.
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