Kontroverse im Kemptener Kulturausschuss zu möglicher Ausstellung „Rom lebt“ im Marstall
„Rom lebt! Mit dem Handy in die Römerzeit“ diese Ausstellung wollen die Freien Wähler nach Kempten holen. Das Kulturamt nennt auch Gründe, die dagegenstehen. Im Kulturausschuss setzen sich die Freien Wähler durch. Trotzdem bleiben viele Fragen offen.
Kempten – Als Ende 2021 das Alpin-Museum, eine Zweigstelle des Bayerischen Nationalmuseums, endgültig seine Tore schloss, hatte die Stadt den Plan, in dem frei gewordenen Marstall ein neues Allgäu-Museum einzurichten.
Die Räumlichkeiten dienten nach der Schließung als Zwischenlager für die Bauzeit des Museumsdepots. Bereits bei den Vorbereitungen zur erfolgreichen Sonderausstellung „Eiszeit Safari Allgäu“, die von Oktober 2023 bis April 2024 stattfand, wurde klar: Ohne größere Investitionen in den Brandschutz wird die weitere Nutzung untersagt.
Kemptener Marstall muss den Brandschutz erneuern
Seit der Zeit gab es viele Bemühungen, mindestens die beiden Ausstellungsräume im Erdgeschoss so weit zu ertüchtigen, dass dort die Festwochenausstellung und weitere Sonderschauen möglich würden. Bereits 2017 ließ die Stadt in den Räumlichkeiten ein neues Lichtsystem installieren und beschaffte neue Ausstellungswände. Kulturamtsleiter Martin Fink meint, es handle sich hier um einen der schönsten Ausstellungsräume im Regierungsbezirk Schwaben.
Neu entfacht wurde die Diskussion, als Annette Hauser-Felberbaum, Kulturbeauftragte des Stadtrats (FW), im Sommer 2024 erstmalig den Antrag stellte, im Winter 2025/26 erneut eine Sonderausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim (auch der Kernbereich der Eiszeit-Ausstellung war eine Anleihe von dort) mit dem Titel „Rom lebt! Mit dem Handy in die Römerzeit“ im Marstall zu zeigen.
Der Kulturausschuss beschloss in seiner Juni-Sitzung 2024, für die notwendigen Maßnahmen eine Einschätzung des Amtes für Gebäudewirtschaft einzufordern. In der Dezember-Sitzung stellte Amtsleiter Christian Buck diese vor und nannte die Summe von 150.000 Euro, die dafür benötigt werde. Als letzten Einzelbeschluss gab dann der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) die Mittel für 2025 frei, auf Initiative der FW-Fraktion.
FW wollen Ausstellung „Rom lebt! Mit dem Handy in die Römerzeit“ von Herbst 2025 bis Frühjahr 2026 nach Kempten holen
Zwei Tage vor der März-Sitzung 2025 des Kulturausschusses reichte Hauser-Felberbaum ihren Antrag erneut ein. Die Ausstellung soll vom Herbst 2025 bis zum Frühjahr 2026 gezeigt und aus dem Haushalt des Kulturamtes und gegebenenfalls des Stadtmarketings, aus Kulturfördermitteln sowie dem Ticketverkauf finanziert werden. Die Mitglieder des Ausschusses stimmten zu, das Thema trotz der Kurzfristigkeit auf die Tagesordnung zu setzen, obwohl manchen nicht einmal der Antragstext zur Verfügung stand.
Finanzielle und örtliche Einschätzungen des Kulturamtes
Der Kulturamtsleiter stellte in seiner Einführung fest:
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1. Die Zielsetzung, in dem Gebäude ein Allgäu-Museum zu etablieren, bleibt erhalten. Hier entsteht die Möglichkeit, die Schätze aus dem neuen Depot der Öffentlichkeit zu zeigen.
2. Nach einer aktuellen Auskunft des Amtes für Gebäudewirtschaft kann die Ertüchtigung bis Ende 2025 abgeschlossen werden. Die Übergabe der Räume an das Kulturamt erfolgt Anfang 2026.
3. Da die Räume ab Mitte Mai für die Vorbereitung der Festwochenausstellung reserviert sind, hätte man höchstens drei Monate Zeit für die vorgeschlagene Sonderausstellung. Wenn man mit dieser bis Herbst 2026 warte, wäre eine längere Laufzeit möglich und man könnte, ähnlich wie bei der Eiszeit-Ausstellung den örtlichen Bezug herstellen und ein Rahmenprogramm anbieten.
4. Im Haushalt 2025 wurden für die Ausstellung keine Mittel eingeplant. Die Durchführung der Minimalvariante mit drei Monaten Laufzeit würde nach bisherigen Erfahrungswerten rund 79.000 Euro kosten, er rechnet mit 40.000 Euro Einnahmen.
5. Die Stadtkämmerei betont in ihrer Stellungnahme zum Vorhaben, dass angesichts der angespannten Haushaltslage die nötigen Mittel nur dann zur Verfügung gestellt werden können, wenn das Kulturamt auf andere Projekte in der gleichen Größenordnung verzichtet.
6. Es war bereits geplant, sich in der Juni-Sitzung des Ausschusses mit der künftigen Nutzung des Marstalls umfangreich zu befassen.
Zwei Möglichkeiten
Fink nannte zwei mögliche Beschlussvorschläge: 1. Der Ausschuss lehnt den Antrag ab. 2. Der Ausschuss empfiehlt die Durchführung der Ausstellung in der vorgeschlagenen Variante, vorbehaltlich der Zustimmung des HFA und der Haushaltslage.
Hauser-Felberbaum erzählte, dass sie die Ausstellung im November 2023 in Mannheim gesehen habe. Dort sei sie gut angenommen worden. Sie habe die Leihgebühr von 60.000 auf 50.000 Euro heruntergehandelt, inklusive Auf- und Abbau in Kempten. Buck habe bei seiner Vorstellung von Dezember 2025 als Übergabetermin gesprochen. Wenn man dann die Ausstellung aufbaue und mit der Festwochenausstellung später anfange, hätte man fünf Monate zur Verfügung.
Die Diskussion
Man müsse den Marstall sofort bespielen, wenn er offen sei. Wenn die Veranstaltungen zum Gedenkjahr 2025 vorbei seien, müsse man den Kemptenern und den Touristen sofort etwas Neues bieten. Außerdem gehe es hier nicht um eine aufwendige Sanierung, sondern nur um eine Brandschutzertüchtigung.
Katharina Schrader bezeichnete die Fotos aus der Ausstellung als vielversprechend. Sie habe aber zu oft „wenn“ in den Formulierungen gehört. Sie verwies auf schlechte Erfahrungen aus Bauprojekten. „Ich habe Angst, dass wir uns verpflichten und dann sagt das Amt 69: Wir sind noch nicht fertig“, warnte sie und fragte, ob man den Termin auf das Winterhalbjahr verschieben könne.
Ausstellung ab Juni in Konstanz
„Ich hätte Lust, mit der Ausstellung zu arbeiten“, ergänzte Fink, er würde gerne eigene Inhalte – Kempten ist eine Römerstadt – einbauen und ein pädagogisches Programm entwickeln. Die Festwoche lasse sich aber nicht nach hinten verschieben, fügte er hinzu. Ab Juni gehe die Ausstellung nach Konstanz, für wie lange, müsse sie nachfragen, erteilte die Kulturbeauftragte diesen Vorschlägen eine Absage. Auch Mannheim biete nichts Ortsbezogenes an; dafür hätte man in Kempten dann die Möglichkeit bei der Landesausstellung 2029.
Michael Grünwald, stellvertretender Leiter der Kemptener Museen, fasste nochmal die von Buck im Dezember 2024 ausführlich beschriebenen Baumaßnahmen zusammen, die nicht ganz einfach seien und die dafür sorgen müssten, dass im Marstall mehrere unabhängige einzelne Brandeinheiten entstehen und überall – auch im zweiten Stock mit den Toiletten – ein zweiter Fluchtweg gewährleistet werde.
Michael Hofer (ÖDP) dankte für den Einsatz von Hauser-Felberbaum, der über das normale Maß hinausgehe. Er fragte, ob man für die Ausstellung genügend Aufsichtspersonal bekommen werde und ob sich jemand darüber Gedanken gemacht habe, wo man die Kosten an einer anderen Stelle einsparen könne.
Kibler: „Was macht die Museumsleitung in dem halben Jahr, wenn wir alles immer schieben?“
„Ich staune über die Diskussion. Wir schieben die Bedenken in den Vordergrund“, fing Andreas Kibler (FW) seinen Redebeitrag an. Der Haushalt 2025 sei genehmigungsfähig, die Freigabe müsse bald erfolgen und dann habe das Amt 69 Prioritäten zu setzen. „Was macht die Museumsleitung in dem halben Jahr, wenn wir alles immer schieben?“, fragte er. Man habe es hier ja nur mit einem Museum und einer Sonderausstellung zu tun. Er plädierte für den Vorschlag 2: Dieser habe noch genug Hintertürchen.
Kempten habe keine verarmte Kultur, im Gegenteil, widersprach ihm Bürgermeisterin Erna-Kathrein Groll (Grüne), die die Sitzung leitete, energisch. „Die Menschen, die im Kulturbereich arbeiten, setzen sich massiv ein. Ich habe nie erlebt, dass dort jemand Däumchen dreht. Es gibt in Kempten sehr viele kulturelle Projekte, die sehr gut laufen.“
Ähnlich fällt, auf Anfrage des Kreisboten, die Stellungnahme von Dr. Richard Schießl, Leiter des Referats Wirtschaft, Kultur und Verwaltung aus: „Das Kulturamt leistet seit Jahren hervorragende Arbeit und verfügt über hochmotivierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Nur dank deren großartigen Engagements können wir Jahr für Jahr ein Kulturprogramm auf die Beine stellen, das im gesamten Allgäu und darüber hinaus große Aufmerksamkeit findet.
Kunstnacht, Römerfest, Festwochenausstellung, Ausstellungen in der Kunsthalle, die vielfältigen Aktivitäten im Kempten-Museum (ganz aktuell die Ausstellung „Zeitenwende 1525“), die Umsetzung eines umfangreichen Förderprogramms für die Kulturszene, Jugendkultur, Vernetzung der Kulturlandschaft – all das und noch einiges mehr gehört zum Kern der Kulturarbeit in Kempten und wird von einem hervorragenden Team bewerkstelligt. Angesichts dieser Fülle an Aufgaben stellt sich also nicht die Frage, ob die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kulturamt ‚Däumchen drehen‘, sondern deren Leistung verdient uneingeschränkten Respekt und Anerkennung.“
Angesichts der vielen Tagesordnungspunkte ließ die Sitzungsleitung keine weiteren Wortmeldungen aus der Verwaltung zu und rief zur Abstimmung auf: Mit einer Gegenstimme von Stephan Prause (CSU) war das Gremium für Vorschlag 2, mit der Ergänzung, dass es für eine „frühestmögliche Durchführung“ der Ausstellung sei. Prause begründete seine Entscheidung: „Wir müssten der Ausstellung die Zeit geben, die sie braucht. Kempten ist eine Römerstadt und wir hätten mehr Chancen mit einem eigenen Teil aus Kempten. Man muss es nicht übers Knie brechen.“
Wertschätzend zuhören!– Kommentar von Lajos Fischer
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