Frauen-Aktionstage in Kempten: „Papier-Musik“ wird zum Hörerlebnis

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Mary Ellen Kitchens (grün!) und Elisabeth Dörr (rot!) brennen für ihr gemeinsames Thema: Klangräume öffnen, Wiederentdeckung vergessener Komponistinnen. © Brock

Eine Facette der Frauen-Aktionstage 2025 mit ihrer Themenvielfalt war die Würdigung und Wiederentdeckung vergessener Komponistinnen in der Sing- und Musikschule Kempten.

Kempten – Die Musikwissenschaftlerin und Dirigentin Mary Ellen Kitchens und die Cellistin Elisabeth Dörr verbindet ihr Engagement für die Werke von Komponistinnen und damit für die wenig gespielte Hälfte der Musik. Im Dialog der beiden erfuhr das Publikum viel über den aktuellen Stand der Gleichstellung von Frauen in der Musikwelt.

Die Frauenmusikbewegung

Und so hörten wir zum Einstieg und als Tribut an den Internationalen Frauentag den „March of the Women“ von Ethel Smyth, der englischen Komponistin und Suffragette des vorigen Jahrhunderts. Die Frauenbewegung ab den 1970er Jahren war auch der Auftakt der Frauenmusikbewegung, die inzwischen blüht und gedeiht.

So bietet das Archiv „Frau und Musik“ in Frankfurt – Mary Ellen Kitchens ist im Vorstand – Notenmaterial für ca. 1.300 Orchesterwerke von Komponistinnen und jede Art von Hilfestellung für geschlechtergerechte Spielpläne an. In diesem Bereich hat Kempten ein außergewöhnlich gutes Angebot, fast ein Alleinstellungsmerkmal: Die Programme des Orchestervereins Kempten enthalten seit Jahren mindestens eine Komposition aus Frauenhand, es gibt die von Elisabeth Dörr initiierten „Komponistinnen-Konzerte“ und auch die Meisterkonzert-Reihe des Theaters in Kempten ist offen für die Werke von Komponistinnen.

Komponistinnen arbeiteten oftmals unter männlichem Vornamen

Diese werden oft durch Zufall entdeckt, weil so manche unter einem männlichen Vornamen gearbeitet haben, um Vorurteilen und geschlechtsspezifischen Hindernissen zu entgehen. Am bekanntesten im deutschsprachigen Raum ist wohl die Musikerin Clara Schumann, allenfalls noch Fanny Hensel-Mendelsohn.

Dabei beweist die englische „große Liste“ der Komponistinnen, die über 5.000 Namen enthält, dass Frauen immer und überall komponiert haben. Der schwedischen Pionierin Elfrida Andrée, Komponistin und die erste Dom-Organistin in Göteborg widmete Kitchens ein Kurzporträt, ebenso der Amerikanerin Amy Beach, von der das Werk „Eilende Wolken“ stammt, das der Orchesterverein Kempten aufgeführt hat.

Die Frauen erobern sich ihren Platz

„In letzter Zeit ist viel Bewegung drin“, bemerkte Kitchens und verwies auf das dichte Netzwerk von Frauen und Institutionen, die sich gegenseitig fördern und unterstützen. Als Leiterin des Musikarchivs des Bayerischen Rundfunks hat sie selbst zweifellos einen gewaltigen Anteil daran. Inzwischen gibt es Stipendien, Förderprogramme, ein Frauenorchesterprojekt, Komponistinnen-Musik-Festivals „Composer in Residence“, einen intensiven fachlichen Austausch über die Kontinente hinweg und zunehmend mehr Frauen im großen Feld der Musik. Sie arbeiten als Tonmeisterinnen, forschen, rezensieren und betreiben feministische Musikwissenschaft. Andererseits gilt auch heute noch: Je berühmter ein Orchester, desto geringer der Frauenanteil.

Bei einem der musikalischen Beispiele an diesem Abend war im Werk von Manuela Kehrer auch ein Trautonium im Einsatz, ein erster Synthesizer – für viele ein überraschender Anblick!

Diversitätsbewusste Programmplanung ist Mary Ellen Kitchens‘ Sache! Deshalb wird beim Frühjahrskonzert des Orchestervereins Kempten am Samstag, 5. April, im Stadttheater eine Sinfonie von Maria Theresia von Ahlefeldt aufgeführt. Sie war eine Zeitgenossin von Wolfgang Amadeus Mozart. Sicher ganz neue Töne für Kemptener Ohren!

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