Wetterauswirkungen auf Seen: Warmes Wasser, schlechter Fischfang

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Fischwirtschaftsmeister Ludwig Erhard vom „Zum Fischer Sepp“ auf seinem Boot im Starnberger See bei Possenhofen. © Dagmar Rutt

In den vergangenen Jahren waren die Fangerträge in den oberbayerischen Seen laut des Instituts für Fischerei häufig rückläufig. Auch hiesige Fischer spüren das. Generell wirken sich die Klimaveränderungen auf die Seen aus – mit Folgen für deren Bewohner.

Landkreis – Das Wetter spielt weltweit verrückt, und die Wasseroberflächentemperatur des Mittelmeers ist so warm wie nie zuvor. War es im vergangenen Sommer extrem heiß und trocken, ist es dieses Jahr besonders verregnet im Landkreis. Das und viele weitere Faktoren wirken sich auch auf die Seen sowie deren Bewohner aus. Das spüren ebenso die hiesigen Fischer, so auch Ludwig Erhard vom „Zum Fischer Sepp“ in Possenhofen.

Dieses Jahr würde Erhard nicht so viele Fische fangen wie vorheriges Jahr. Er und seine Kollegen rund um den Starnberger See vermuten, dass der See durch den vielen Regen voll mit Plankton ist – und dieser nun überall verteilt ist. Daher seien die Fische nicht im Schwarm unterwegs, so die Theorie. Und das erschwert den Fischfang. „Wie viel man fängt, ist von Jahr zu Jahr anders“, sagt Erhard. Vergangenes Jahr seien die Erträge gut gewesen. „Da waren die Fische alle im Schwarm unterwegs.“ Dieses Jahr sei es eben schwieriger. „Mitte September hören wir auf, die Renke zu fischen. Für heuer ist es daher eigentlich schon gelaufen.“

Dr. Helmut Wedekind, Leiter des Instituts für Fischerei in Starnberg, schreibt auf Anfrage des Starnberger Merkur: „Im Zuge der Temperaturveränderungen kann es durchaus zu Verhaltensänderungen bei den Fischen im See kommen, davon berichten die Fischer und Fischerinnen am Starnberger See und vom Ammersee immer wieder.“ Ein Temperaturanstieg bewirke beispielsweise, dass im Wasser weniger Sauerstoff gelöst und somit für die Fische verfügbar ist, erklärt er. Das wirke sich unter anderem auch auf das Plankton, also die Nahrung der Fische, sowie die gesamte Nahrungskette aus.

„Erwärmt sich das Wasser im See, kann sich auch die natürliche Schichtung verändern.“ Das warme Wasser ist oben, die Grenzschicht zu kälterem Wasser liegt bei starker Erwärmung tiefer, erklärt der Leiter. Im Sommer und Winter sind thermische Schichten im See, im Herbst und Frühling zirkuliert das Wasser. „Die in größeren Seen im Sommer vorhandene Schichtung besteht aus drei Schichten mit unterschiedlicher Temperatur. Je länger und wärmer die Sommer sind, desto wärmer und mächtiger wird die oberflächennahe warme Schicht.“

Fangerträge in oberbayerischen Seen häufig rückläufig

Damit könnten sich unter anderem die Beobachtungen der Fischer, dass die Fische ein anderes Verhalten beziehungsweise Bewegungsmuster haben, erklären lassen, so Wedekind, „zumal auch die Fischnahrung in Abhängigkeit von Wassertemperatur und Sauerstoffgehalt konzentriert oder verteilt vorkommen kann, oder eher in tieferen oder oberen Schichten auftritt.“ Dazu komme der natürliche Tag-Nacht-Rhythmus der Tiere sowie andere Umwelteinflüsse und das Wetter – neben Luftdruck eben auch Starkregenereignisse. Und davon gab es in den vergangenen Wochen einige.

Das Institut beobachte außerdem bereits seit Jahren große Schwankungen bei den Fangerträgen in den oberbayerischen Seen, wobei die Erträge häufig rückläufig gewesen seien, berichtet Wedekind. Die Gründe dafür seien vielfältig, und der Klimawandel sei nur eine Ursache dafür, „die aber in den letzten Jahren verstärkt in den wissenschaftlichen Fokus gerät“.

Doch wie sieht es mit den Wassertemperaturen aus? Ein Sprecher des Landesamts für Umwelt (LfU) erklärt: „Die Auswirkung von steigenden Luft- und damit auch Wassertemperaturen hängt hauptsächlich von der Morphologie, der Größe und der Tiefe sowie den Zu- und Abflussmengen des jeweiligen Gewässers ab.“ Das heißt, dass größere und tiefere Seen, wie der Starnberger See und der Ammersee, anders auf Temperaturen reagieren, als kleinere, flachere Seen. Denn während kleine Gewässer das ganze Jahr über beispielsweise auch durch Wind durchmischt würden, hätten große Seen die thermische Schichtung.

Zudem wirkt sich die Wassertemperatur auf den Sauerstoffgehalt aus – und damit unter anderem auf die im See lebenden Fische. „Die Löslichkeit von Sauerstoff in Wasser sinkt mit steigender Temperatur. Das bedeutet, je kälter Wasser ist, desto mehr Sauerstoff kann darin in gelöstem Zustand vorhanden sein“, so der LfU-Sprecher. Je wärmer die Wasseroberfläche im Sommer wird, desto länger dauert es im Herbst, bis das Wasser abgekühlt ist. „Erst wenn über die ganze Tiefe gleiche Temperaturen herrschen, kann durch Windereignisse der Wasserkörper durchmischt und Sauerstoff in die tieferen Schichten eingetragen werden.“

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Wenn beispielsweise die Erwärmung im Sommer sehr stark sei und der Herbst und Winter wiederum nicht kalt genug, könnte es passieren, dass die Durchmischung der Wasserkörper und damit wiederum der Transport des Sauerstoffs in die Tiefe ausbleibe, erklärt der LfU-Sprecher außerdem. Dann würde die neue Schichtungsphase im nächsten Jahr bereits mit geringen Sauerstoffgehalten in der Tiefe beginnen. „Einige der bei uns heimischen Fischarten sind an die kühlen Bedingungen der großen und tiefen Alpen- und Voralpenseen angepasst. Für sie stellt die Erwärmung ein Problem dar“, erklärt der Sprecher.

Temperatur-Rekorde

Seit Mitte Juli war die Wassertemperatur der Seen laut Messdaten des Gewässerkundlichen Diensts Bayern (GDK) meist hoch, an einigen Tagen sehr hoch. Der Starnberger See beispielsweise erreichte am 13. August kurzzeitig eine Temperatur von 27 Grad an der Messstelle in Starnberg, ein Rekord seit dem Jahr 2008. Der höchste Mittelwert eines Tages stammt mit 26 Grad vom 22. Juli 2015. Von den zehn Tagen mit der höchsten Durchschnittstemperatur sind vier aus diesem und zwei aus dem vorigen Jahr. Der Ammersee ist heuer nicht so warm, wie er schon mal war. Die Spitzentemperatur lag bei 28,2 Grad am 27. Juli 2006, die höchste Durchschnittstemperatur wurde am 28. Juli 2013 mit 26,3 Grad gemessen. Höchster Wert heuer waren 25,5 Grad am 17. August. Bei allen Daten muss man beachten: Es liegen nicht für alle Tage Angaben vor, und es wird am Ufer gemessen, nicht mitten im See. Die kleineren Seen sind teils noch wärmer. Der Wörthsee erreichte mit 26,8 Grad am 16. August die höchste Durchschnittstemperatur und mitt 28,7 Grad die höchste kurzzeitige Temperatur. Der Pilsensee wurde nicht so warm wie in früheren Jahren. Er erreichte heuer 28 Grad, war aber schon mal fast 30 Grad warm.

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