Trotz Entwarnung der Politik: Volle Gasspeicher könnten sich im Winter „ziemlich schnell“ leeren

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Um die Gasversorgungssicherheit in Deutschland während des Winters zu gewährleisten, fordert der CEO des Energieversorgers RWE einen „Backup“-Plan als Ergänzung zu den erneuerbaren Energien.

Berlin – Muss sich Deutschland auf einen kalten Winter einstellen? Erdgas ist weiterhin der Hauptenergieträger für Deutschlands Heizsysteme. Und auch wenn die Politik betont, die Gasspeicher seien ausreichend gefüllt, könnte es zu Engpässen kommen, wenn es kalt wird. Davor warnt auch Markus Krebber, der Chef des Energieversorgers RWE – Deutschland brauche neben den erneuerbaren Energien ein „Backup“.

Wie steht es um Deutschlands Gasversorgung, wenn der Winter kalt wird und kein Wind weht?

Die europäischen Gasspeicher sind derzeit zu etwa 90 Prozent gefüllt. Laut Julia Löffelholz, Sprecherin des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), habe sich die Gasversorgung inzwischen gut stabilisiert, und auch die Energiepreise seien mehr als zweieinhalb Jahre nach Beginn der Energiekrise beruhigt.

Dennoch könnten geopolitische Entwicklungen wie die Lage im Nahen Osten, der anhaltende Ukraine-Krieg und das bevorstehende Ende des Gastransitvertrages zwischen Russland und der Ukraine Auswirkungen auf die Preisgestaltung haben. „Die Folgen könnten einen Einfluss auf die Versorgung unserer südöstlichen Nachbarländer haben. Sie müssen ihre Gasimporte weiter diversifizieren“, wird sie von der Berliner Zeitung zitiert. Es sei jedoch möglich, den Gasanteil aus dem Ukraine-Transit für Europa insgesamt durch andere Quellen auszugleichen, meint sie.

Problematisch wird es, sollte der Winter dieses Jahr besonders hart werden. „Ob der Winter mild oder hart wird, kann im Augenblick aber niemand mit Sicherheit sagen“, so ein Sprecher des Verbandes Zukunft Gas. Aktuell seien die Speicher in Deutschland und im Rest der EU gut gefüllt. Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn eisige Temperaturen die Heiznachfrage steigern und eine Flaute in der Windenergie eine verstärkte Nutzung von Gas für die Stromproduktion notwendig macht.

Dunkelflaute bedroht Deutschland im Winter: Es braucht ein „Backup“

Wenn weder die Sonne scheint, noch der Wind weht, produzieren auch Solar- und Windkraftanlagen keine Energie. Den Vorgeschmack einer sogenannten Dunkelflaute durfte Deutschland im Herbst bereits erleben. Die dramatische Folge im November: die Strompreise waren auf ein Rekordhoch geklettert. Das sei „ein Warnschuss“ gewesen, schreibt Markus Krebber, der Chef des Energieversorgers RWE, in einem Kommentar auf der Karriereplattform Linkedin.

Dunkelflauten seien etwas ganz Normales, die immer wieder auftreten, kommentiert er. Deutschland müsse sich auf solche Zeiten besser vorbereiten, um die Stabilität des Netzes einerseits und die des Preises sicherzustellen. „Diese sehr hohen Preise sind eine absolut sichere Indikation für den Zustand der Versorgungssicherheit in Deutschland. Sie sind Ergebnis des zu knappen Angebots.“ Er rechnet vor, dass die Dunkelflaute Anfang November an einem Tag im Januar mit höherer Spitzenlast „nicht zu bewältigen“ gewesen wäre. Er fordert daher ein Backup zu den erneuerbaren Energien.

Erwartet Deutschland einen kalten Winter, leeren sich Gasspeicher „ziemlich schnell“

Dass sich Verbraucher in den kommenden Jahren auf hohe Energiepreise einstellen müssen, bestätigte auch Wirtschaftsminister und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) im September. Bei einem Bürgerdialog erklärte dieser überraschenderweise die Energiekrise für beendet. „Das russische Gas fehlt nicht mehr“, so Habeck. „Die Preise sind höher, das ist so für Gas, aber nicht, weil wir eine Knappheit haben“.

Deutschland importiert vermehrt Erdgas aus den Nachbarländern, Norwegen und Flüssigerdgas aus den USA. Trotzdem dürfte es in Zukunft eng werden. Die Berliner Zeitung zitiert einen Konferenz-Auftritt von Krebber, bei der er vor einem Versorgungsmangel im Winter sprach, weil sich die Gasspeicher „ziemlich schnell leeren“ würden. Und auch britische Analysten von Energy Aspects zweifeln in einem Bloomberg-Bericht an Habecks Optimismus. Denn Europa habe zwar seine Abhängigkeit von russischem Gas verringert, der Wegfall einer der letzten aktiven Pipeline-Routen könnte den Druck auf den Gasmarkt jedoch weiter erhöhen und die globalen Preise ansteigen lassen.

Die Analysten befürchten, dass die erhöhten Gaspreise die deutsche Wirtschaft weiter schwächen könnten. Der Gaspreis würde laut Prognosen vor allem im nächsten Sommer rapide hochklettern. Neben einem kalten Winter und dem russischen Lieferstopp tragen auch Verzögerungen bei der zusätzlichen Versorgung mit Flüssigerdgas aus den USA dazu bei. Besonders stark betroffen wäre Deutschland, die größte energieintensive Volkswirtschaft Europas.

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