„Mehr als nur ein Warnschuss“: RWE-Chef mahnt vor Engpässen bei der Stromversorgung
Die Dunkelflaute hat Engpässe als Risiko der deutschen Stromversorgung offen gelegt. RWE-Vorstand Krebber zufolge steht dies sinnilblich für die Hürden der Energiewende.
München – Vergleichsweise viel Nebel, wenig Sonne und schwacher Wind zogen zu Beginn des Monats eine Dunkelflaute nach sich, weil nur wenig Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wurde. Da die Erneuerbaren unmittelbar von äußeren Umständen abhängen, sind Dunkelflauten in den Wintermonaten aber durchaus keine Seltenheit. Umgekehrt ergibt sich so die Notwendigkeit, auf sie vorbereitet zu sein und die bundesweite Stromversorgung während solcher Phasen nicht zu riskieren.
Weil am Monatsanfang kaum Strom aus Sonne und Wind erzeugt werden konnte, mussten die fossilen Energieträger Kohle und Gas als Ersatz-Energiequelle in großem Umfang herhalten. Da die deutsche Stromversorgung während hoher Nachfrage zwischenzeitlich an ihre Grenze geriet, explodierte auch der Strompreis in der ersten Novemberwoche – und das ziemlich plötzlich. Ausgehend von der Dunkelflaute vom Monatsbeginn warnte der Chef des Energieversorgers RWE, Markus Krebber, vor einer brenzligen Situation hinsichtlich der Stromversorgung im Land.
RWE-Chef Krebber nennt hohen Strompreis „Indikator für den Zustand der Versorgungssicherheit“
RWE-Vorstandsvorsitzender Krebber äußerte sich vergangenen Donnerstag (21. November) mit einem Beitrag im sozialen Netzwerk LinkedIn zur aktuellen Lage der Stromversorgung und der rasch gestiegenen Preise infolge der Dunkelflaute vom Monatsanfang. Dass der Strompreis am Abend des 6. November rasch auf über 800 Euro pro Megawattstunde angestiegen war, ist Krebber zufolge „mehr als nur ein Warnschuss“, wie er in seinem Beitrag auf der Plattform schrieb.

„Diese sehr hohen Preise sind eine absolut sichere Indikation für den Zustand der Versorgungssicherheit in Deutschland. Sie sind Ergebnis des zu knappen Angebots“, resümierte der RWE-Vorstandsvorsitzende auf LinkedIn weiter.
Im Januar hatte der Strompreis für Großhändler an der EEX Day Ahead Strombörse noch 76,6 Euro pro Megawattstunde betragen, in den Monaten bis August changierte er zwischen 61,3 Euro und 72,9 Euro pro Megawattstunde. Das meldete Strom-Report ausgehend von Daten des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) und des Vergleichsportals Verivox.
Anfang November stieg der Strompreis rasch um das Zehnfache an
Am Abend des 6. Novembers stieg der Strompreis pro Megawattstunde damit um das rund Zehnfache seines eigentlichen Werts an. Zwar sei die Spitzenlast von 66 Gigawatt zu jenem Zeitpunkt noch stabil gewesen, wie RWE-Vorstand Krebber auf LinkedIn resümierte. Gedeckt worden sei sie durch 53 Gigawatt inländisch produzierten Stroms sowie durch Importe, die die restlichen nötigen 13 Gigawatt ausmachten.
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In anderen Phasen eines Kalenderjahres jedoch könnte die Versorgungssicherheit wegen einer noch höheren Nachfrage als zu November-Beginn durchaus gefährdet sein, mahnte der RWE-CEO weiter. „Ganz konkret heißt das, dass die gleiche Situation an einem anderen Tag mit höherer Spitzenlast nicht zu bewältigen gewesen wäre. Zum Beispiel im Januar“, führte Krebber aus.
Die höchste Nachfrage nach Strom hätte es ihmzufolge am 15. Januar gegeben, als sie bei 75 Gigawatt und damit nochmals neun Gigawatt höher lag als Anfang November. Deshalb forderte der RWE-Chef, den erneuerbaren Energien ein „Backup“ zur Seite zu stellen. „Die Zeit rennt und der Zubau drängt – nicht erst seit diesem Monat“, formulierte es Krebber scharf.
Habeck will das Kraftwerksicherheitsgesetz noch vor möglichen vorgezogenen Neuwahlen durch den Bundestag bringen
Drängen tut der Zubau wegen des Risikos von Defiziten in der Stromversorgung auch, weil etwa die Industrie ihre Produktion während Dunkelflauten und steigender Strompreise zurückfährt, um die Netzstabilität kurzfristig zu sichern. Muss sie einen solchen Schritt bei einer Gefährdung der Stromversorgung künftig häufiger tun, könnte das auch die Produktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland langfristig gefährden.
Um die Versorgungssicherheit in Deutschland während des Ausbaus eneuerbarer Energien im Zuge der Energiewende stabil zu halten, hatte die Ampel-Koalition während ihrer Legislaturperiode das Kraftwerksicherheitsgesetz in Aussicht gestellt. Beschlossen ist dies jedoch noch nicht, zudem steht es nach dem Ampel-Aus auf der Kippe. Im Kern geht es dabei um den Bau neuer Gaskraftwerke, die zu einem späteren Zeitpunkt auf klimafreundlichen Wasserstoff umgestellt werden sollen. Sie sollen gewichtige Defizite der Stromversorgung ausgleichen oder gar einen Blackout verhindern, indem sie die schwankende Erzeugung von Wind- oder Solarstrom austarieren.
Am Montag nun wurde bekannt, dass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Kraftwerksstrategie noch unbedingt vor potenziell vorgezogenen Bundestagswahlen durchsetzen will, die am 23. Februar anstehen könnten, wenn Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) die Vertrauensfrage im Bundestag am 16. Dezember verliert. Aus Ministeriumskreisen hieß es dabei, das Ministerium hätte am Montag einen entsprechenden Gesetzentwurf in die Ressortabstimmung der rot-grünen Minderheitsregierung eingebracht. Das Gesetz soll es erlauben, den Bau von neuen kurzfristig Kraftwerken auszuschreiben und wurde von der rot-grünen Minderheitsregierung „eilbedürftig“ genannt. Die Union jedoch zeigte sich wenig begeistert: Dem stellvertretenden Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) zufolge greife das Vorhaben „viel zu kurz“. (fh)