US-Wahl: Kamala Harris bisher noch ohne konkreten Plan für US-Außenpolitik
Der Vizepräsidentin werden klare Positionen zum Ukraine-Krieg und im Nahostkonflikt nachgesagt. In Details könnte sie sich von Biden unterscheiden. Unklarheiten bestehen in Sachen Taiwan.
Washington D.C. – US-Vizepräsidentin Kamala Harris hatte während ihrer Amtszeit wenig außenpolitisches Gewicht, da US-Präsident Joe Biden wenige an sie delegierte. Nun ist Harris designierte Präsidentschaftskandidatin der Demokraten zur US-Wahl und braucht mittelfristig eine außenpolitische Agenda. Im Gegensatz zu Biden hat sie hauptsächlich innenpolitische Erfahrung. Und, die Vizepräsidentin steckt wegen ihrer Positionierung zum Gaza-Krieg möglicherweise in einem Dilemma. Ein Überblick über die außenpolitischen Positionen und Leerstellen von Harris.

US-Wahl: Harris mit klaren Positionen zur Ukraine, Israel und Gaza
Weitgehend klar sind Harris Positionen zur Ukraine und zum Nahostkonflikt: In internen Diskussionen im Weißen Haus nehme die Vizepräsidentin eine völkerrechtsbasierte Position zum Ukraine-Krieg ein, berichtete der US-Sender NBC, unter Berufung auf Regierungsquellen. Sie befürworte weitere Waffenlieferungen an die Ukraine im Krieg gegen Russland und betone die territoriale Integrität der Ukraine, hieß es weiter. Bezogen auf den Gaza-Krieg vertrete sie ebenso eine im Einklang mit dem Völkerrecht stehende Position: Israel habe das Recht, sich gegen den Terror der Hamas zu verteidigen und gleichzeitig die Pflicht, palästinensische Zivilistinnen und Zivilisten zu schützen. Lediglich die Gewichtung zwischen US-Außenpolitik-Doktrin und Menschenrechten unterscheide sich von Bidens Haltung.
Insoweit überschneiden sich ihre Positionen zum Ukraine-Krieg und Nahostkonflikt mit denen Bidens. Unklar sei allerdings, so berichtete der Sender, wie Harris zu weiteren US-Waffenlieferungen an Israel stehe oder, wie sie reagieren würde, falls Israel sich zu einem Angriff auf das militärisch nutzbare Urananreicherungsprogramm des Irans entscheidet. Genauso gebe es keine Hinweise darauf, ob sie Bidens Linie zum Einsatz von US-Waffen gegen Ziele auf russischen Territorium fortsetzen will. Die USA erlauben der Ukraine seit Mai 2024 US-Waffensysteme zur Verteidigung der Stadt Charkiw gegen Ziele in Russland einzusetzen.
Harris unklare Positionen zu Waffenlieferungen an Israel und Taiwan und Waffeneinsatz im Ukraine-Krieg
Nun sind die USA, nicht nur wichtigster internationaler Partner der Ukraine und Israels, sondern auch wichtigster Verbündeter des ostasiatischen Inselstaats Taiwan. Das obwohl, die US-Regierung Taiwan nicht als souveränen Staat anerkennen. Die Volksrepublik China betrachtet Taiwan als abtrünnige Provinz, während Taiwan sich als Fortsetzung, der 1949 von Kommunistenführer Mao Zedong auf dem Festland zerschlagenen Republik China begreift. Die USA erkennen die Hoheit der Volksrepublik über Taiwan nicht an und liefern seit Jahrzehnten Waffen. Unklar blieb stets, ob die Vereinigten Staaten auch militärisch eingreifen würden, sollte die Volksrepublik ihre Drohung Taiwan anzugreifen in die Tat umsetzen.
Dieser Aspekt blieb unklar, bis Joe Biden 2022 mehrfach versprach, Taiwan auch mit eigenen Truppen zu verteidigen. Das Weiße Haus ruderte schnell zurück, und betonte, die US-Politik in der Angelegenheit habe sich nicht geändert. Wie Vizepräsidentin Harris damals wie heute dazu stand, konnte der Sender NBC nicht in Erfahrung bringen.
Harris-Kritiker sehen „fehlende außenpolitische Vision“ vor US-Wahl
Kritikerinnen und Kritiker, die NBC nicht genauer benannte, sehen darin eine „fehlende außenpolitische Vision“ und fehlende Expertise. Harris freundlicher gesinnte Quellen, betonten hingegen, die Vizepräsidentin wolle nicht zu sehr von Bidens Linie abweichen.
Meine news
Im US-Wahlkampf gegen den Ex-Präsidenten Donald Trump könnte Harris Position zum Krieg zwischen Israel und der Hamas im Gazastreifen besonders heikel werden. Aufgrund ihres Einsatzes für den Schutz der Zivilbevölkerung unterstellte Trump ihr bereits Hass auf Jüdinnen und Juden. Gleichzeitig werfen ihre Teile des linken Parteiflügels der Demokraten und insbesondere junge, sich selbst als Linke verstehende Wählerinnen und Wähler, Mittäterschaft an mutmaßlichen israelischen Kriegsverbrechen vor, die sie als Völkermord bezeichnen. Am Internationalen Gerichtshof in Den Haag wird aktuell verhandelt, ob Israels Kriegsführung in Gaza den Tatbestand des Völkermordes erfüllt.
US-Wahl: Demokraten diskutieren Außenpolitik – Republikaner arbeiten an der Abschaffung der Demokratie
Während im Lager der Demokraten intern offenbar über außenpolitische Detail- und Grundsatzfragen diskutiert wird, arbeitete die radikale Rechte in den USA an nichts Geringerem als der Beseitigung der Demokratie. Die rechtsradikale Heritage-Stiftung hat mit dem „Projekt 2025“ einen hunderte Seiten langen Plan vorgelegt, der darauf fußt, dass der Präsident ohne Mitwirkung oder Kontrolle von Gerichten und Parlamenten durchregieren soll.
Erstellt wurde der Plan von mehr als hundert ehemaligen Beamten aus der Trump-Regierung. Trumps Wahlkampf-Team distanzierte sich regelmäßig davon, legte mit der „Agenda 47“ allerdings einen inhaltlich weitgehend identischen, nur weniger ausgefeilten Plan vor. Trump selbst versprach am Freitag einer Gruppe christlicher Nationalisten, dass sie „nur noch dieses eine Mal wählen“ gehen müssten, danach sei „alles repariert“ und sie müssten sich „nie wieder ums Wählen kümmern“. (kb)