In Schongau: Vier Wohnblöcke für Geflüchtete geplant
Vier zweistöckige Wohnblöcke, 34 Wohnungen, maximal 120 Bewohner: So sind die Planungen für die neue Unterkunft für Geflüchtete, die in Schongau gebaut werden soll. Die Anwohner des Viertels an der Wilhelm-Köhler-Straße waren zu einem Infoabend eingeladen – und hatten viele Fragen.
Schon im Vorfeld war bekannt geworden, dass in der Wilhelm-Köhler-Straße in Schongau für das Grundstück zwischen BRK und Berufsschule Pläne für eine Unterkunft von Geflüchteten bestehen. Details hatten die Verantwortlichen im Landratsamt in der vergangenen Woche jedoch nur den Stadträten in einer nichtöffentlichen Sitzung vorgestellt. Begründung: Man wollte, dass die Anwohner in dem Wohnviertel am nördlichen Ortseingang von Schongau die Planungen aus erster Hand erfahren, und bei einer Infoveranstaltung auch gleich alle Fragen klären.
Bernhard Pössinger vom Landratsamt stand Rede und Antwort
Durch den Abend in der Mensa der Berufsschule, also direkt angrenzend an die nun zu bebauende Fläche gelegen, führte Bernhard Pössinger von der Kontaktstelle Asyl und Integration im Landratsamt, der eingangs darum bat, sachlich zu bleiben und keine bundespolitischen Themen zu diskutieren, die man vor Ort ohnehin nicht ändern könne. Für 15 Jahre – bis zum Jahr 2038 – hat das Landratsamt die rund 10 000 Quadratmeter große, bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche, von einer Schongauer Familie angepachtet – mit einer ortsüblichen Pacht und der möglichen Nachnutzung durch die Stadt Schongau etwa im sozialen Wohnungsbau.
Das Landratsamt sei neue Wege gegangen nach der ersten Flüchtlingswelle 2015, weg von den Gemeinschaftsunterkünften, hin zu Wohnungen mit Mischbelegung, erläuterte Pössinger den Anwohnern und zuvor schon bei einem Pressegespräch. Man wolle Familien und Einzelpersonen zusammenbringen aus allen Nationen. Vier Gebäude aus Vollholz sollen entstehen, wie Planer Joseph Jocher aus Penzberg erläuterte, die in größerem Abstand so zueinander stehen, dass sie den Rahmen für eine großzügige Freifläche in der Mitte bilden. „Damit sich die Leute geborgen fühlen. Wir wollten keinen Motelcharakter, sondern etwas mit Aufenthaltsqualität“, so der Planer.
Die vier Gebäude sind für jeweils maximal 30 Personen ausgelegt
Maximal rund 30 Personen können in jedem Gebäude wohnen. Die Schlafzimmer für jeweils zwei Personen haben eine Größe von zwölf Quadratmetern, die Wohnräume sind 20 Quadratmeter groß. Die Planung sei so gestaltet, dass die Wohnungsgrößen für zwei bis acht Personen angepasst werden können – schlicht über das Schließen oder Öffnen von Türen als Trennelemente. Das Erdgeschoss ist barrierefrei. Und jedes Haus hat sein eigenes Nebengebäude – statt eines deutlich teureren Kellers. Im östlichsten Gebäude, das parallel zum BRK-Haus geplant ist, wird zudem ein zweigruppiger Kindergarten untergebracht – auf Anregung der Stadt.

Pössinger machte deutlich, dass es sich um einen Planentwurf handele und Ideen und Anregungen seitens des Stadtrats nun mit einfließen könnten. „Wir sehen die Not“, betonte Falk Sluyterman. Der Bürgermeister machte deutlich, dass man bei der Stadt das Projekt konstruktiv begleiten wolle, aber auch mit kritischem Blick betrachte. Vor zehn Jahren habe man den Bereich als Gemeinbedarfsfläche deklariert, „wir hatten eigentlich ganz andere städtebauliche Zielvorstellungen“. Die Planung eines zweigruppigen Kindergartens sei positiv, „aber der ganze Schulbereich ist für unsere Stadt eine große Aufgabe“, so Sluyterman. Er verwies darauf, dass schon jetzt 60 Prozent der Grundschüler einen Migrationshintergrund hätten, wie jüngst eine Untersuchung ergab. „Die Frage ist auch, wie hoch die Integrationsbereitschaft der Bevölkerung weiterhin ist, das dürfen wir nicht überstrapazieren.“ Sluyterman verwies darauf, dass bereits jetzt 361 Geflüchtete in Schongau leben, bei einer Maximalbelegung von 120 Menschen wären es 481, mehr als in der ersten Flüchtlingswelle 2015/2016. Seine Bitte Richtung Landratsamt, Mietverträge von bisher für Asylbewerber gebundenen Wohnungen auslaufen zu lassen, damit diese Flächen dann auch wieder zur Verfügung stehen. „Wir sind willens, das gemeinsam mit dem Landratsamt zu lösen, Schongau wird sich sicherlich nicht wegducken“, so der Rathauschef.
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„In Schongau können die Geflüchteten länger bleiben“
„Wir wissen, wie viel Schongau schon geleistet hat, aber die Leute kommen, ob wir wollen oder nicht“, ging Pössinger direkt auf die Ausführung Sluytermans ein. Die Prämisse sei, Turnhallen nicht mehr zu belegen, auch Thermohallen seien nicht der Anspruch des Landratsamtes, sondern nachhaltiges Bauen. Es gebe derzeit schon sechs Thermohallen im Landkreis und vier zusätzliche große Notunterkünfte. Dort sollen die Geflüchteten aber nur kurzfristig untergebracht werden, „in Schongau können sie länger bleiben“, so Pössinger. Es werde Integrationsbegleiter und Bezirkssozialbetreuer geben, versprach er, und in Schongau gebe es auch einen Helferkreis. Dieser brauche aber sicher weitere Unterstützung. „Wer sich berufen fühlt, soll sich bitte melden.“
Ein Integrationscafé in der Schongauer Altstadt wurde kürzlich eröffnet. Dort können auch Geflüchtete, die schon länger in Schongau leben, mithelfen und ihre neu angekommenen Landsleute unterstützen.

Die Anwohner der geplanten Asylunterkunft hatten beim Infoabend viele Fragen
Wann ist Baustart? Nach Auskunft des Planers Stephan Jocher ist Baubeginn in einem halben Jahr, die Bauzeit dauert etwa eineinhalb Jahre. Ein Umweltbericht müsse gemacht werden, das werde aber zügig gehen. „Es ist keine Planung auf der freien Wiese“, so Jocher.
Warum war der Kreis der eingeladenen Anwohner so klein? Man müsse eine Grenze ziehen, sonst könne man gleich eine Bürgerversammlung veranstalten, so Bernhard Pössinger vom Landratsamt. „Aber wir wollten, dass die direkten Nachbarn die Infos von uns bekommen.“
Wie soll die Kinderbetreuung gesichert werden? Das sei ein leidiges Thema, so Pössinger. „Da werden die Städte und Gemeinden von der Regierung alleine gelassen.“ Der geplante zweigruppige Kindergarten in Schongau sei sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein, man wolle auch mit Tagesmüttern arbeiten. „Die Frage trifft den Kern“, fand Bürgermeister Falk Sluyterman, der den Wunsch Richtung Landratsamt äußerte, bitte nur so viele Familien mit Kindern unterzubringen, dass man auch die Betreuung in den Griff bekommen könne. Er erinnerte an den andauernden Fachkräftemangel: „Ich kann mir die Erzieherinnen nicht schnitzen.“
Ist die Integration so vieler Menschen möglich? Es gebe ein Integrationskonzept. Am Beispiel Schwabsoien (Thermohalle) könne man sehen: Der Aufschrei sei im Vorfeld groß gewesen, so Pössinger, aber viele der Geflüchteten hätten sich schon binnen einer Woche etwa an einer Papiersammlung beteiligt oder spielten Fußball.
Gibt es Sicherheitspersonal? Ab einer Unterbringung von 50 Personen sei ein Sicherheitsdienst vorgeschrieben, dieser werde in Schongau 24/7 im südlichsten der vier Gebäude untergebracht, damit man sowohl den Innenraum als auch die Straße im Blick haben könne.
Gibt es vermehrt Gewalt- und Straftaten? Hierzu antwortete Schongaus PI-Chef Herbert Kieweg. Schongau werde nach ähnlichem Konzept aufgebaut wie die jüngsten Unterkünfte für Geflüchtete in Peiting (bei Vollbelegung maximal 144 Personen in den Wohnmodulen). Dort gebe es keinerlei Probleme, der Sicherheitsdienst regele viele Sachen und sei auch bei den Bewohnern anerkannt. „Der Sicherheitsdienst ist Gold wert, die nehmen viel Druck raus.“ Streitereien gebe es eher in Unterkünften mit Gemeinschaftsflächen. Sollte sich wirklich mal jemand nicht einfügen können/wollen, gebe es die Möglichkeit einer Verlegung.
Gibt es nicht andere leerstehende Wohnungen, wie etwa die Im Tal? „Wir haben die Eigentümer schon angeschrieben, aber haben privatrechtlich keine Mittel“, informierte Bürgermeister Falk Sluyterman. Wenn Wohnungen nicht angeboten würden, ob der Stadt oder dem Landratsamt, könne man nichts machen. Auch Einheimische suchten händeringend nach Wohnraum. „Wir haben keine Zweckentfremdungssatzung.“
Hatte die Stadt bisher kein Mitspracherecht? Dies bestätigte der Bürgermeister. Er sei Ende März/Anfang April erstmals über das Vorhaben informiert worden, habe das dem Stadtrat am 9. April mitgeteilt. Am 23. Juli seien dem Stadtrat die Pläne nichtöffentlich vorgestellt worden. „Ich bin informiert worden, da war der Pachtvertrag mit dem Eigentümer bereits abgeschlossen.“ Pössinger appellierte in diesem Zusammenhang noch einmal an die Solidarität aller: „Es sind keine Tiere, die zu uns kommen, auch keine Schwerverbrecher, sondern Menschen, die flüchten mussten, egal aus welchem Grund.“
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