Sollte man Schritte zählen oder Trainingszeit messen, um die Gesundheit zu verbessern?
Smartwatches, Handy-Apps und Fitness-Tracker sind beliebt, um die täglichen Schritte zu messen. Doch wie sinnvoll sind Schrittziele im Vergleich zu zeitbasierten Trainingszielen, wenn es um die Effekte auf die Gesundheit geht? Eine neue Studie liefert Hinweise.
Mit Smartphone-Apps, Fitness-Trackern, Laufuhren oder Smartwatches lassen sich die zurückgelegten Schritte und Trainingsaktivitäten leichter denn je messen und verfolgen. Aber was ist eigentlich sinnvoller, wenn man etwas für seine Gesundheit tun will: Sollte man sich ein bestimmtes Schritte-Ziel setzen oder eine spezifische Anzahl an Minuten Trainingszeit erreichen? Antwort auf diese Frage liefern Wissenschaftler vom renommierten Brigham and Women‘s Hospital (BWH) in Boston.
Bewegungsempfehlungen nach Schritten und Zeitvorgaben
Lange galten 10.000 Schritte am Tag als das große Ziel, um seiner Gesundheit etwas Gutes zu tun. Allerdings war diese Anzahl nicht wissenschaftlich evaluiert, sondern vielmehr durch Werbeaktivitäten eines japanischen Schrittzähler-Herstellers propagiert. Mehrere Studien belegen, dass schon deutlich weniger Schritte am Tag das Risiko für Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Diabetes senken und die Fitness steigern können.
Australische Forscher untersuchten, ob das Gehen einer bestimmten Schrittanzahl die mit langem Sitzen verbundenen Gesundheitsrisiken verringern kann. Die Ergebnisse: Menschen können, selbst wenn sie den Großteil des Tages sitzen, maximal gesundheitlich profitieren, wenn sie täglich 9000 bis etwa 10.500 Schritte gehen. Sterberisiko und Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen reduzierten sich aber bereits ab 2200 Schritten pro Tag.
Ärzte, Gesundheitsbehörden und Organisationen geben allerdings meist keine bestimmte Empfehlung an Schritten pro Tag heraus, sondern definieren das Bewegungsziel über die Trainingszeit. So lautet die Bewegungsleitlinie der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für 18- bis 65-Jährige bspw.:
- mindestens 150 bis 300 Minuten moderate Bewegung pro Woche
oder - 75 bis 150 Minuten intensive Bewegung pro Woche
Vielen gesundheitsorientierten Sportlerinnen und Sportlern stellt sich daher die Frage: Sollte man das Training in Schritten oder Minuten messen?
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Schritte oder Trainingszeit: So lief die Studie ab
Eine aktuelle Untersuchung, die im Fachblatt „JAMA Internal Medicine“ erschienen ist, deutet darauf hin, dass sowohl schritt- als auch zeitbasierte Trainingsziele gleichermaßen mit einem niedrigeren Risiko für vorzeitigen Tod und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in Verbindung stehen. Daher könnte die Entscheidung für ein Zeit- oder Schrittziel weniger relevant sein als die Auswahl eines Ziels, das den persönlichen Vorlieben entspricht.
„Da immer mehr Menschen Smartwatches verwenden, um ihre Schritte und ihren allgemeinen Gesundheitszustand zu messen, haben wir erkannt, wie wichtig es ist, festzustellen, wie sich schrittbasierte Messungen im Vergleich zu zeitbasierten Zielen hinsichtlich ihres Zusammenhangs mit Gesundheitsergebnissen vergleichen lassen – ist das eine besser als das andere?“, sagt Dr. Rikuta Hamaya, Studienautor und Forscher am BWH in einer Universitätsmitteilung.
Für diese Studie sammelten die Forscher Daten von 14.399 gesunden Frauen (keine Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs), die an der „Women‘s Health Study“ teilnahmen. Die Teilnehmerinnen (62 Jahre und älter) wurden gebeten, an sieben aufeinanderfolgenden Tagen forschungstaugliche Wearables zu tragen, um ihre körperliche Aktivität aufzuzeichnen. Die Geräte durften sie nur zum Schlafen oder im Wasser abnehmen.
Während des Untersuchungszeitraums (2011 bis 2015) wurden jedes Jahr relevante Gesundheitsergebnisse via Fragebogen ermittelt, insbesondere Todesfälle jeglicher Ursache und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Der Nachbeobachtungszeitraum der Teilnehmer endete 2022.
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Die Ergebnisse der Studie im Detail
Bei den Teilnehmerinnen wurden folgende Aktivitätsdaten ermittelt:
- durchschnittlich 62 Minuten körperliche Aktivität bei mittlerer bis starker Intensität pro Woche
- durchschnittlich 5183 Schritte pro Tag
Während einer durchschnittlichen Nachbeobachtungszeit von neun Jahren waren etwa 9 Prozent der Probandinnen verstorben und etwa 4 Prozent entwickelten eine Herz-Kreislauf-Erkrankung.
Je mehr die Teilnehmerinnen körperlich aktiv waren – ob gemessen als Schrittzahl oder Bewegungszeit –, umso deutlicher reduzierte sich das Risiko für Tod oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die aktivsten 25 Prozent der Frauen hatten 30 bis 40 Prozent Risikoreduktionen im Vergleich zu den am wenigsten aktiven 25 Prozent. Die am wenigsten aktiven Personen hatten durchschnittlich eine geringere Lebenserwartung als die aktiveren – unabhängig von Unterschieden im Body-Mass-Index (BMI).
Bei der kritischen Einordnung der Studie muss erwähnt werden, dass dieser nur eine einzige Bewertung von Aktivitätsdaten zugrunde liegt. Darüber hinaus waren nur Frauen eingeschlossenen – meist weiß und von höherem sozioökonomischem Status. Bei Beobachtungsstudien können keine kausalen Beziehungen nachgewiesen werden. Die Forscher hoffen, künftig über eine randomisierte kontrollierte Studie Daten zu sammeln, um die Beziehung zwischen zeit- und schrittbasierten Bewegungsdaten und der Gesundheit besser zu verstehen.
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Fazit: Die beste Art, Ihr Training zu messen
Auch wenn das Zählen der Schritte nicht bei jeder Sportart funktioniert (bspw. beim Schwimmen, Radfahren, Bodyweight-Training mit Planks, Liegestütz und Co.), kann es bei manchen Aktivitäten wie Spazierengehen, Wandern und Laufen verwendet werden, nicht nur während des Trainings, sondern auch im Alltag. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Schrittezählen die beste Möglichkeit ist, diese Art von Aktivitäten zu tracken.
Es ist vor allem eine Entscheidung der persönlichen Vorliebe, wie Sie Ihr Training am besten verfolgen und auswerten. Manchen Sportanfängern fällt es leichter, motiviert zu bleiben, wenn sie ein bestimmtes Schritteziel erreichen. Dieses kann auch einfach nach und nach erhöht werden, und die verbesserte Fitness sichtbar machen. Andere setzt ein solches Ziel zu sehr unter Druck und eine Bewegungszeit von täglich 30 bis 45 Minuten wäre sinnvoller.
Außerdem bezieht ein reines Schritteziel nicht mit ein, welches Tempo man geht bzw. läuft oder ob man Treppen, bergauf und bergab (bspw. beim Trailrunning oder Wandern) oder nur in der Ebene geht. Diese Faktoren beeinflussen jedoch nicht nur die Schrittlänge und -frequenz, sondern vor allem die Intensität des Trainings – und somit auch den Einfluss auf Fitness und Gesundheit. Die Herzfrequenz ist eine gute Möglichkeit, die Belastung während der Aktivität zu verfolgen. Diese sollten Sie also nicht außer Acht lassen, wenn Sie Ihr Training bzw. Ihre Bewegung messen – sei es nun über Schritte oder Zeit.
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Viel Spaß beim Training!
Die Autorin ist ehemalige Leistungssportlerin (Ski Alpin und Skicross), geprüfte Fitnesstrainerin (B-Lizenz) und Skilehrerin.
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