Oasen der Artenvielfalt: Zertifikate für zwölf Naturgärten in Bad Tölz-Wolfratshausen
Pluspunkte für ein „wildes Eck“ mit Brennnesseln, Abzüge für den Mähroboter: Wie bei der Aktion „Bayern blüht“ in Bad Tölz-Wolfratshausen Gärten begutachtet werden.
Bad Tölz-Wolfratshausen – „Naturgarten“: Diese Bezeichnung dürfen seit Kurzem offiziell zwölf weitere Gartenbesitzer im Landkreis führen. In einer Feierstunde im Landratsamt bekamen sie im Rahmen der Aktion „Bayern blüht“ eine Plakette ausgehändigt. Im Frühjahr startet eine neue Zertifizierungsrunde, für die sich jeder anmelden kann, der seinen Garten so gestaltet, dass es dort kreucht und fleucht.
Naturgärten im Tölzer Land: Kleiner Beitrag gegen das Artensterben
„Das Artensterben schreitet voran“, sagt Anika Dollinger, Fachberaterin für Gartenkultur und Landespflege am Landratsamt Bad Tölz. Der einzelne Bürger könne vielleicht nicht die Welt retten – aber einen kleinen Beitrag leisten, indem er im eigenen Garten ein Refugium für möglichst viele Tier- und Pflanzenarten schafft. Das hänge nicht von der Größe des Gartens ab, betont sie. Wichtiger sei, dass viele mitmachen. „Denn für die Tiere endet der Lebensraum ja nicht an der Gartengrenze.“

Erfreulich ist es daher aus Dollingers Sicht, dass es offenbar im Trend liegt, den heimischen Garten naturnah zu gestalten. Einige Gärtner im Landkreis hätten zuletzt Interesse gezeigt, sich dieses Engagement für den Artenschutz auch zertifizieren zu lassen.
„Bayern blüht“: Naturgärten werden zertifiziert
Dafür gibt es im Freistaat seit einigen Jahren ein festgelegtes Prozedere unter dem Motto „Bayern blüht“. „Bayernweit sind schon rund 2500 Gärten zertifiziert“, erklärt Dollinger. 2023 standen nun im Landkreis erstmals fünf geschulte Naturgarten-Zertifiziererinnen zur Verfügung. Neben Anika Dollinger sind dies die Naturgartenplanerin Christine Epp, Maria Schlögel, ihres Zeichens Vorsitzende des Gartenbauvereins Sachsenkam und im Gartenbau-Kreisverband Beauftragte für Biodiversität, sowie Elke Haberl und Elisabeth Manhart, ebenfalls aktiv im Gartenbauverein Sachsenkam. Ihre Aufgabe versehen sie ehrenamtlich gegen eine Aufwandsentschädigung.

Jeweils zu zweit besuchten die Zertifiziererinnen die zwölf Gärten, die sich um die Plakette beworben hatten. Grundvoraussetzung für das Zertifikat ist laut Dollinger eine „hohe ökologische Vielfalt“ im Garten. Es dürften keine chemischen Pflanzenschutzmittel zum Einsatz kommen, es müsse ohne synthetischen Dünger gearbeitet und auf Torf zum Anreichern der Erde verzichtet werden.
Meine news
Gärten bieten Lebensraum für Schmetterlinge und Igel
Dazu komme eine Reihe von Kann-Kriterien. Zum Beispiel, dass es „einfach blühende Blumen und Stauden“ gibt. Dazu gehöre etwa die Wildrose, die im Gegensatz zu den meisten anderen Rosenarten eine reichhaltige Quelle für Pollen- und Nektarnahrung sei.
Was die Zertifiziererinnen ebenfalls gerne sehen: standortgerechte heimische Laub- und Obstbäume, Vogelkästen, Komposthaufen oder auch ein „wildes Eck“. „Das heißt nicht, dass es dort drunter und drüber geht“, erklärt Dollinger. Es könne sich vielmehr um Bereiche mit liegen gelassenem Altholz oder Schnittgut handeln oder einen Streifen, auf dem Brennnesseln, Giersch oder wilde Möhre wachsen. So etwas sei zum Beispiel ein Lebensraum für Schmetterlinge, deren Raupen ausschließlich auf Brennnesseln sitzen. „Disteln ziehen Insekten an“, so Dolllinger. Und zwischen Ästen oder Steinen fänden Igel und Eidechsen Rückzugsorte. Einen empfindlichen Punktabzug gibt’s hingegen für den Einsatz von Laubsaugern oder Mährobotern.
Biotope, Bergmolche und Bienenkästen
Dollinger ist begeistert, was für vielfältige, schöne Gärten sie zu sehen bekommen hat. „Einer hatte ein richtiges Biotop geschaffen, eine wunderbare Oase, in die sogar der Bergmolch kam.“ In Erinnerung geblieben sind ihr auch ein „tolles Insektenhotel, um das man es nur so herumschwirren gesehen hat“, und die Bienenkästen auf einem begrünten Dach.
Zwölf Gärten erhielten das Zertifikat als „Naturgarten“. Für die Besitzer sei dies eine Anerkennung und Bestätigung, findet Dollinger. Manche würden mit dem Zertifikat für ihre Ferienwohnung werben. In jedem Fall sei so eine Plakette am Gartenzaun ein Anlass, mit anderen ins Gespräch zu kommen und sie anzuspornen, es den Inhabern gleichzutun.
Für dieses Jahr liegen laut Dollinger bislang sieben Anmeldungen für die Zertifizierung vor. Wer Mitglied in einem Gartenbauverein ist, bezahlt dafür 40 Euro, alle anderen 80 Euro.
Eine Anmeldung zur Naturgarten-Zertifizierung per E-Mail an die Adresse anika.dollinger@lra-toelz.de möglich.
Die Preisträger
Sachsenkam: Maria Schlögel, Elke Haberl, Maria März, Susi Strein
Bad Tölz: Nadine und Sepp Mangold, Michael Kell, Ingeborg und Knut Merten, Fritz Wiedemann
Eurasburg: Johann und Therese Karl, Christine Schwarz und Thomas Holzer
Kochel am See: Rita Ellert
Benediktbeuern: Andrea Haslinger und Hermann Marten.
Noch mehr aktuelle Nachrichten aus der Region finden Sie auf Merkur.de/Bad Tölz.