„Frust und Wut sind brutal hoch“: Bauern in Bad Tölz-Wolfratshausen bereiten sich auf Protestwoche vor

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Bauernprotest gegen die Bundesregierung: Erst im Dezember hatte es eine Großdemonstration in Berlin gegeben, an der sich viele Landwirte aus dem Landkreis beteiligten. Kommende Woche sollen weitere Aktionen folgen. © dpa

Um gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung zu protestieren, planen die Bauern im Landkreis kommende Woche diverse Aktionen. Besonders freuen sie sich über die Solidarität aus weiteren Branchen.

Bad Tölz-Wolfratshausen – Bei Peter Fichtner, Kreisobmann von Bad Tölz-Wolfratshausen im Bayerischen Bauernverband (BBV), laufen dieser Tage die Drähte heiß. Telefonieren und Videokonferenzen absolvieren, „das ist gerade meine Hauptarbeit“, sagt der Bad Heilbrunner. Denn zurzeit werden die Aktionen zur bundesweiten Protestwoche abgestimmt. Damit wollen sich die Bauern gegen eine aus ihrer Sicht verfehlte Agrarpolitik zur Wehr setzen. Besonders freut sich Fichtner, dass auch Vertreter anderer Branchen Solidarität zeigen. Gleichzeitig warnt er vor Trittbrettfahrern.

Starke Beteiligung an Bauernprotest in München

Eines zeichnet sich jetzt schon ab: Die Beteiligung aus dem Landkreis wird stark sein, wenn es deutschlandweit erneut zu Protesten der Bauern kommt. Bei einer geplanten Großkundgebung in München am Montag, 8. Januar, „rechne ich mit 500 Schleppern aufwärts“, sagt Fichtner, um seine Prognose gleich nach oben zu korrigieren. „Ich denke, dass es allein aus unserem Landkreis schon mehr als 100 sein werden.“ Es sei zwar keiner verpflichtet, ihm als Kreisobmann vorab seine Teilnahme zu melden. „Aber man hört immer wieder, dass da 20 und dort 20 mitfahren wollen“, so der Heilbrunner.

Vorgesehen ist laut Fichtner, dass sich die Bauern in einer koordinierten Sternfahrt Richtung Landeshauptstadt in Bewegung setzen. Dazu war zum Zeitpunkt des Gesprächs mit unserer Zeitung am Dienstagmittag aber noch nichts Genaueres spruchreif.

Weitere Kundgebungen soll es in Augsburg und Nürnberg geben, bevor dann am Montag, 15. Januar, eine Großdemonstration in Berlin folgt. Hier geht Fichtner davon aus, dass die Beteiligung aus dem Landkreis noch einmal stärker sein wird als bei der Demo im Dezember. Er selbst werde dann auch „mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ dabei sein, kündigt der Kreisobmann an.

Bauern fordern „Agrarpolitik mit Augenmaß“

Die konkrete Forderung in der Protestwoche sei, dass die Regierung zwei angekündigte Maßnahmen zurücknimmt. So soll nach dem Willen der Bauern die Befreiung landwirtschaftlicher Maschinen von der Kfz-Steuer beibehalten werden. Und sie wehren sich dagegen, dass die teilweise Rückerstattung der Energiesteuer beim Agrardiesel gestrichen wird.

Für den Heilbrunner geht es in der Aktionswoche aber um noch mehr. Die aktuell angekündigten Sparmaßnahmen seien nur der Tropfen, „der das Fass nicht zum Überlaufen, sondern zum Zerreißen“ gebracht hat, so formuliert er es. Daran, dass unter den Bauern „Frust und Wut brutal hoch“ seien, habe schon auch die vorherige Bundesregierung ihren Anteil. „Die Bürokratie hat sich vervielfacht, es gibt Auflagen ohne Ende“, so Fichtner. „Und wenn Agrarprodukte aus dem Ausland billig importiert werden, dann fragt kein Schwein mehr nach den Standards.“ Was die Bauern jetzt fordern, das sei „eine Agrarpolitik mit Augenmaß“, denn die sei „seit Jahrzehnten abhandengekommen“.

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Sehr gut findet es Fichtner, dass auch Vertreter „vor- und nachgelagerter Branchen“ angekündigt haben, den Protest auf ihre Art zu unterstützen. „Gerade hat mich ein Bäckermeister angerufen und gesagt: Er wird seinen Laden am Montag aufmachen, aber seine Regale werden leer bleiben.“ Damit wolle der Bäcker klarmachen, was der Gesellschaft bevorstehe, wenn die Landwirtschaft kaputt gemacht werde.

Restaurant in Sachsenkam beteiligt sich an Protest

Die „Moar Alm“ in Sachsenkam kündigt auf ihrer Facebookseite an, dass es dort aus „Solidarität mit den Landwirten, Transportunternehmen, Bäckereien, Fleischereien, Handwerkern, Gastronomie etc.“ am Montag keinen Restaurantbetrieb gebe. Interessierte sind eingeladen, ab 17.30 Uhr vorbeizukommen und den Streik zu unterstützen.

Bei Monika Poschenrieder, der Kreisvorsitzenden des Hotel- und Gaststättenverbands, haben schon einige Wirte zu dem Protesttag nachgefragt, berichtet sie. Aus ihrer Sicht wäre für solche Aktionen ein gemeinsamer Fahrplan für alle Betriebe nötig, „damit es Wirkung hat“. Wie die Empfehlung des Verbands dazu ausfällt, werde dieser Tage abgestimmt.

Bauern-Protest soll sauber ablaufen

Peter Fichtner jedenfalls möchte jeden Betriebsinhaber, der sich dem Bauernprotest anschließt, „am liebsten umarmen“, sagt er. Von anderen, die die Aktionswoche gern für sich und ihre Zwecke vereinnahmen wollen, distanziert er sich dagegen. „Es kursieren auf verschiedenen Kanälen viele Aufrufe zu Aktionen, die teils illegal sind“, sagt er. Wer so einen Aufruf bekomme, der solle unbedingt schauen, ob ein verantwortlicher Veranstalter mit Telefonnummer angegeben sei. „Wenn nicht, bitte löschen!“

Und bei jeglicher Protestaktion bittet Fichtner, diese ordnungsgemäß anzumelden und keinesfalls gegen Gesetze zu verstoßen. „Unser großes Ziel ist es, dass alles sauber nach dem Versammlungsrecht abläuft“, betont er. „Manche versuchen ja, uns mit Klimaklebern oder Coronaleugnern gleichzusetzen. Das sind wir ganz und gar nicht.“

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