Urologe erklärt: Wann Sie bei Erektionsproblemen zum Arzt gehen sollten
Es gibt Vorurteile, die sich im Leben immer wieder bestätigen. Eines begegnet mir im beruflichen Alltag besonders häufig: Der Mann, das medizinische Vorsorgemuffel. Auch die offiziellen Zahlen des RKI sprechen eine eindeutige Sprache: demnach nehmen gerade mal zwei von fünf Männern ab 35 die empfohlenen Untersuchungen zur Krebsfrüherkennung wahr.
Auch Erektionsprobleme, medizinisch als erektile Dysfunktion bezeichnet, sind eines dieser Phänomene, die Männer am liebsten im Stillen behandeln. Es ist ein klassisches Tabu-Thema, bei dem sich Männer oft unzulänglich und weniger männlich fühlen: Diese falsche Scham ist aber gefährlich, denn eine veränderte Potenz kann Indiz für Schlimmeres sein!
Viele Betroffene warten zu lange, bevor sie professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Doch es ist wichtig zu wissen, dass Erektionsprobleme nicht nur die Liebes- und Lebensqualität beeinträchtigen können, sondern auch ein Hinweis auf ernsthafte gesundheitliche Probleme sein könnten, wie etwa Erkrankungen der Prostata.
Wann sollten Sie zum Arzt gehen?
- Häufigkeit der Probleme: Wenn Sie wiederholt Schwierigkeiten haben, eine Erektion zu bekommen oder aufrechtzuerhalten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Gelegentliche Schwierigkeiten sind normal, aber eine dauerhafte Dysfunktion sollte ernst genommen werden.
- Begleiterscheinungen: Achten Sie auf zusätzliche Symptome wie Schmerzen beim Wasserlassen, Blut im Urin oder Veränderungen im Harnstrahl. Diese können auf Erkrankungen der Prostata oder andere urologische Probleme hindeuten, die einer sofortigen medizinischen Abklärung bedürfen.
- Psychische Belastung: Wenn Ihre Erektionsprobleme zu Stress, Angst oder Depression führen, sollten Sie ebenfalls ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die psychische Gesundheit ist eng mit der sexuellen Gesundheit verbunden, und eine frühzeitige Intervention kann helfen, ernsthafte Folgen zu vermeiden.
- Familienanamnese: Haben Sie eine familiäre Vorbelastung bezüglich Prostatakrebs oder anderer urologischer Erkrankungen? In diesem Fall ist es besonders wichtig, regelmäßig urologische Untersuchungen in Anspruch zu nehmen. Männer mit Verwandten ersten Grades, die an Prostatakrebs erkrankt sind, sollten bereits ab 40 Jahren zur Vorsorgeuntersuchung gehen.
Über den Experten
Christian Wülfing ist Chefarzt der urologischen Abteilung der Asklepios Klinik Altona in Hamburg und seit 2005 APL-Professor der Westfälischen Wilhelms Universität Münster. Der Facharzt für Urologie ist außerdem verantwortlicher Arzt für die Gesundheitsplattform „GoSpring“ .
Die Rolle der Prostatagesundheit
Erektionsprobleme können oft auf Erkrankungen der Prostata zurückzuführen sein, wie etwa Prostatitis oder Prostatakrebs. Diese Erkrankungen können nicht nur die sexuelle Funktion beeinträchtigen, sondern auch ernsthafte gesundheitliche Folgen haben. Daher ist es entscheidend, die Ursachen für erektile Dysfunktion abzuklären und eine umfassende Untersuchung durchzuführen.
Ein weiterer wichtiger Zusammenhang sind Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Bei Männern mit bevorstehendem Bluthochduck ist das Risiko von Potenzstörungen um das Doppelte erhöht. Und die können wir Ärzte auch nur dann diagnostizieren, wenn wir die gesamte Krankheitsgeschichte mit all ihrer Symptomatik kennen.
Potenz-Mittel selbst verschreiben
All das sind für mich ausschlaggebende Gründe, weshalb ich mich weiterhin für eine Verschreibungspflicht für die gängigen Potenz-Medikamente ausspreche und die Männer auffordern möchte, ihre Scham vor dem Arzt zu überwinden. Und glauben Sie mir: Sie sind kein Einzelfall, Ihr Schicksal gehört zu unserer täglichen Routine. Warnen möchte ich allerdings davor, diese Präparate auf dem Schwarzmarkt zu beziehen – hier kann die Zusammensetzung der Medikamente zweifelhaft sein, und der daraus folgende Schaden groß.
Wer beim Arztbesuch dennoch Scham verspürt, für den kann Telemedizin eine Alternative sein: Seriöse Gesundheitsplattformen verfügen über eine Online-Sprechstunde mit echten Ärzten und einer fundierten Beratung: Sie sagen dem Ärzte-Muffel auch ganz klar, wann es an der Zeit ist, einen stationären Arzt aufzusuchen.
Bei regelmäßigen Schwierigkeiten zum Urologen
Erektionsprobleme sind ein ernstzunehmendes Thema, das nicht ignoriert werden sollte. Wenn Sie regelmäßig Schwierigkeiten haben oder zusätzliche Symptome bemerken, zögern Sie nicht, einen Urologen aufzusuchen. Die frühzeitige Abklärung kann nicht nur Ihre sexuelle Gesundheit verbessern, sondern auch potenziell schwerwiegende Erkrankungen wie Prostatakrebs frühzeitig erkennen.