Debatte über Tölzer Marktstraße: „Man kann sich glücklich schätzen, hier ein Geschäft zu betreiben“
Nach mehreren Ladenschließungen wurde zuletzt über den Handelsstandort Marktstraße diskutiert. Einzelhändler warnen nun vor Schwarzmalerei und setzen auf Zusammenhalt.
Bad Tölz – Wie geht es weiter mit der Tölzer Marktstraße? Die Schließungen von Edeka, Sport Peter und „Oisam49“ hatten zuletzt Sorgen um den Einzelhandelsstandort aufkommen lassen. Geschäftsleute aus der Innenstadt warnen vor zu viel Schwarzmalerei, halten aber auch gemeinsame Anstrengungen für nötig.
Florierende Einkaufsstraße mit kleineren und mittleren Geschäften
Im Vergleich zu vielen anderen Städten dieser Größenordnung „haben wir das Glück einer florierenden Einkaufsstraße mit vielen kleinen und mittleren Geschäften“, sagt Christian Wiedemann, Geschäftsführer der Parfümeriekette Wiedemann mit Stammhaus in Bad Tölz und insgesamt 23 Standorten. Eine vermeintliche Verödung der Tölzer Marktstraße zu beklagen, das hält der Geschäftsmann für „Jammern auf hohem Niveau“.
Allerdings räumt Wiedemann ein: „Wir müssen aufpassen, dass uns nicht das gleiche Schicksal trifft wie einige andere Städte.“ Ein wichtiges Thema sei das Parken. „Wenn die Kunden wissen, dass sie einen Strafzettel haben, wenn sie zehn Minuten zu spät zum Auto zurückkommen, trägt das nicht dazu bei, dass sie sich hier wohlfühlen und wiederkommen.“
In den Köpfen der Vermieter wiederum müsse ankommen, dass sich die Handelslandschaft geändert habe, meint Wiedemann. „Die Zeiten, in denen sich große Filialisten, die sehr hohe Mieten zahlen können, in kleineren Städten ansiedeln, sind vorbei.“
Kaufhaus-Inhaber freut sich über gute Umsätze
Und die Händler selbst seien gefordert, „nie stehenzubleiben“. Wer zum Beispiel eine Warenrückgabe nur gegen Kassenbon und für eine Wertgutschrift anbiete, sei „nicht mehr am Puls der Zeit“. Denn die Kunden seien es aus dem Onlinehandel gewohnt, anstandslos ihr Geld zurückzubekommen, wenn die Ware nicht gefällt.
Auch Florian Lipp, Inhaber des Kaufhauses Rid, wehrt sich gegen die „Tendenz, den Standort schlechtzureden“, wie er sagt. Beim Blick auf Umsätze und Kundenanzahl in seinem Geschäft sagt er: „Aus unserer Sicht funktioniert der Standort nach wie vor sehr gut.“ Er verweist er auf die vielen „schönen Events“ in der Innenstadt. „Ein Bummel über den Christkindl- oder den Ostermarkt ist wunderschön und zieht viele Kunden an.“ Dazu komme die enorme Bandbreite des gastronomischen Angebots.
Es ist eigentlich alles da, was man braucht, und die Liste der inhabergeführten Läden ist lang.
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„Von Kunden bekomme ich immer wieder das Feedback, wie schön Bad Tölz ist und wie viele Geschäfte es hier gibt“, berichtet Nikolaus Hauser, Junior㈠chef von Männermoden Hauser. Auch etliche Käufer aus München sowie einem Umkreis von einer Stunde mit dem Auto rund um Tölz fänden den Weg in die Stadt. „Es ist eigentlich alles da, was man braucht, und die Liste der inhabergeführten Läden ist lang“, betont er. Der rege Betrieb beim verkaufsoffenen Sonntag während des Herbstmarktes sei das beste Beispiel, wie hoch die Frequenz in der Marktstraße ist. „Man kann sich glücklich schätzen, hier ein Geschäft führen zu dürfen, ich habe viele Kollegen aus anderen Städten, die sehr gerne tauschen würden.“
Hauser plädiert für Zusammenhalt unter den Händlern. Die Aktionen an den „Innenstadt-Freitagen“ hält er für einen guten Ansatz. „Wir haben Präsenz gezeigt, auch über die Sozialen Medien, und das bleibt sicher längerfristig in den Hinterköpfen hängen“. Als kleinen Baustein, damit die Marktstraße für die Kunden attraktiv bleibt, regt Hauser mehr Sitzmöglichkeiten an.
Kooperation der Einzelhändler entscheidend
Christina Sami verkauft seit drei Jahren in der oberen Marktstraße im „Emma 2.0“ faire, regionale und nachhaltige Produkte. Die jüngsten Schließungen seien „ein Stück weit alarmierend“, sagt sie. Deswegen gelte es jetzt, der Gastronomie und dem Einzelhandel in der Stadt „absolute Priorität einzuräumen“.
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Einiges laufe schon sehr gut, findet die Geschäftsfrau. Dazu zählt sie das „neue tolle Stadtmarkendesign“, die Märkte sowie auch den „Innenstadt-Freitag“, für den sich Sami eine Fortsetzung im kommenden Jahr erhofft.
An anderen Punkten könne man aber noch arbeiten: Im Rückblick etwa hätten die Baustellen in der Nockhergasse und der Marktstraße zu lange gedauert. Auch einige Vorschriften für die Außenwerbung in der Marktstraße seien sehr streng. „Da bräuchten wir mehr Luft, um wahrgenommen zu werden.“ Und: „Parkplätze sind das A und O“, sagt Sami. Zudem sei die Kooperation aller Gewerbetreibenden, Einzelhändler und Gastronomen entscheidend. „Wir müssen sehen, dass wir alle in einem Boot sitzen.“ Nicht zuletzt könnten auch alle Bürger ihren Beitrag zum Erhalt einer lebendigen Tölzer Innenstadt leisten, indem sie regional einkaufen. (ast)