„SOGesund“ ein Pflegefall? Bund lässt Landkreis hängen, neues Millionendefizit droht
Die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH hat die Vorgaben der Krankenhausreform umgesetzt, bevor das Gesetzeswerk beschlossen wurde. Das könnte sich jetzt bitter rächen – es drohen neue Millionenverluste und sogar die komplette Schließung des Schongauer Gesundheitszentrums.
Landkreis – In ihrer Rede zum Nachtragshaushalt kritisierte Landrätin Andrea Jochner-Weiß die Bundesregierung scharf dafür, dass sie die Krankenhausreform immer noch nicht umgesetzt hat. Es war ein Nebensatz in ihrer Rede, der aufhören ließ: „Die uns versprochene Vorhaltefinanzierung kommt wahrscheinlich erst in zehn Jahren.“
Die Krankenhaus Weilheim-Schongau GmbH ist ins Risiko gegangen. Sie hat darauf gesetzt, dass die Krankenhausreform in weiten Zügen zeitnah so umgesetzt wird, wie sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach präsentiert hatte. Auch aus Mangel an Alternativen – vergangenen Herbst drohte die Insolvenz, die nur dadurch abgewendet werden konnte, dass der Kreistag einen Blankoscheck ausstellte.
Eigentlich läuft „SOGesund“ sehr gut an
Daraufhin wurde Anfang März das Schongauer Krankenhaus geschlossen und stattdessen das „SOGesund“, ein ambulantes Gesundheitszentrum mit kleiner Station und einer Notfallambulanz, etabliert. Mit großem Erfolg, wie Krankenhaus-Geschäftsführer Thomas Lippmann betont. Die Auslastung sei gut, zahlreiche Fachärzte hätten sich mittlerweile am Standort eingemietet, das Medizinische Versorgungszentrum floriert, die Station ist gut ausgelastet.
Allerdings fußt das ganze Konzept auf Lauterbachs Versprechen. Der hatte zugesagt, dass bei Ambulanzkliniken wie dem SOGesund künftig nicht mehr ausschließlich über Fallpauschalen abgerechnet werden soll. Stattdessen sollen den Betreibern die „Vorhaltekosten“, also die tatsächlich anfallenden Betriebs- und Personalkosten, erstattet werden. Darauf hatte die GmbH gesetzt, um den Standort Schongau halten zu können.
Zu wenige Betten, zu leichte Fälle: Alles streng nach Reformvorschlag – das wird jetzt teuer
Wenn diese Vorhaltekosten nun allerdings erst in zehn Jahren fließen sollten, wie es die Landrätin prognostiziert hat, droht das Finanzierungskonzept des SOGesund zusammenzubrechen. „Ich würde jetzt nicht zwingend von zehn Jahren ausgehen, aber sieben bis neun Jahre kann es dauern, bis die Vorhaltekosten fließen“, so Geschäftsführer Lippmann. Das bedeute, dass für die 40 stationären Betten, die es noch im SOGesund gibt, bis dahin weiterhin nur Fallpauschalen bezahlt werden.
Das Problem mit den Fallpauschalen: Diese rechnen sich nur, wenn man schnell viele aufwändige Behandlungen durchführt. Das ist aber im SOGesund-Konzept so nicht vorgesehen. Hier sollen vor allem Patienten, die noch Betreuung, aber kaum größere Behandlungen brauchen, gepflegt und überwacht werden. Beispielsweise nach ambulanten Eingriffen oder als „Überlauf“ für die Stationen in Weilheim.
Mieten und MVZ-Einnahmen reichen nicht aus
Die Folge sind massive Einnahmeausfälle am Standort Schongau. Das bestätigt auch Lippmann. Die Finanzierung über die von Lauterbach versprochenen Vorhaltepauschalen seien der Kern des SOGesund-Konzepts. Allein über die Einnahmen aus dem MVZ und die Mieten, die die Fachärzte bezahlen, trage sich das Haus nicht. Berichte, wonach allein heuer rund sechs Millionen Euro Verlust in Schongau auflaufen, wollte der Geschäftsführer nicht kommentieren.
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Das neue Problem kommt für die GmbH zur Unzeit. Denn eigentlich, so Lippmann, sei man auf einem guten Weg. Das Modell der Zentralisierung am Standort Weilheim gehe auf. Dort gebe es genügend Personal, die Auslastung sei gut, die Patienten würden das Weilheimer Krankenhaus als Schwerpunktversorger gut annehmen. Auch die Umgestaltung des ehemaligen Schongauer Krankenhauses in ein Gesundheitszentrum sei erfolgreich verlaufen.
Millionen in die Transformation investiert
Umso frustrierender sei es, dass man jetzt vom Bund so im Stich gelassen werde, so der Geschäftsführer: „Um es mal mit den Olympischen Spielen zu vergleichen: Lauterbach hat die Hürden aufgestellt, wir sind als erste drübergesprungen und ins Ziel gekommen. Doch die Medaillen und das Preisgeld soll es nun erst in etlichen Jahren geben.“
Für Krankenhaus GmbH und Landkreis hat das allerdings drastische Auswirkungen. Der Kreistag hatte im vergangenen Herbst einen immensen Millionenbetrag zur Rettung der akut von Insolvenz bedrohten Krankenhaus GmbH bereitgestellt. Allein 12 Millionen Euro wurden für die sogenannten „Transformationskosten“ bewilligt, also den Umbau Schongaus zum Gesundheitszentrum und Weilheims zum Schwerpunktversorger. Ein erheblicher Teil des Geldes floss in die Abfindungen der rund 200 Mitarbeiter, die entlassen werden mussten.
Lippmann stellt klar, dass er im Vorfeld der Entscheidung dem Kreistag immer reinen Wein eingeschenkt hat. „Wir haben bei jeder Beratung explizit darauf hingewiesen, dass wir mit den Infos arbeiten, die gerade vorliegen, die Reform aber noch nicht beschlossen und rechtsgültig ist. Das war immer ein Stück weit Glaskugellesen.“
Zukunft des „SOGesund“: „Entscheidung liegt beim Kreistag“
Die Entscheidung des Kreistags für die Rettung der GmbH war allerdings an Bedingungen gebunden. Unter anderem daran, dass für die Transformationsphase erheblich mehr Geld bereitgestellt wird, anschließend aber die Zuschüsse für die Krankenhaus GmbH auf maximal acht Millionen Euro pro Jahr gedeckelt werden sollen – vier Millionen Euro für Investitionen, vier Millionen Euro für den Ausgleich von Verlusten.
Lippmann lässt keinen Zweifel daran aufkommen, dass angesichts der neuen Lage und der Verzögerung bei den Vorhaltepauschalen dieses Ziel wohl nicht erreicht werden kann. Da droht eine erneute Debatte um den Standort Schongau, der nach wie vor deutlich höhere Verluste produziert als Weilheim. „Am Ende ist das eine Entscheidung, die der Kreistag treffen muss“, sagt der Geschäftsführer. Entweder man überbrückt die Zeit, bis die Vorhaltepauschalen dann tatsächlich bezahlt werden, durch weiterhin höhere Zuschüsse an die GmbH. Oder der Kreistag gibt nicht mehr Geld frei, was am Ende dazu führen würde, dass der Standort Schongau ganz geschlossen wird.
„Es ist ein Unding, dass ein Gremium wie der Kreistag am Ende diese Entscheidung treffen muss“, so Lippmann. Normalerweise sei das Land dafür zuständig, im Zuge der Krankenhausplanung darüber zu entscheiden, welche Standorte erhalten bleiben.