„Nicht korrekt“: Scholz-Tweet zu Taurus mit Hinweis versehen

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Das Profil des Bundeskanzlers Olaf Scholz auf der Plattform X (vormals Twitter) im Jahr 2022. © IMAGO/imageBROKER/Mara Brandl

In der Taurus-Debatte sprach Kanzler Scholz nun ein Machtwort. Doch sein Argument gegen die Lieferung fiel durch den Faktencheck – und die Plattform X versah seinen Beitrag mit einem Hinweis.

Berlin – Die Ukraine wehrt seit über zwei Jahren den russischen Angriff ab – und kämpft dabei zunehmend auch gegen einen Mangel an Munition, Luftabwehr und weitreichenden Waffen an der Front. Deutschland debattiert indes monatelang über die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern. In einer Abstimmung im Bundestag am vergangenen Donnerstag (22. Februar) sprach sich die Mehrheit der Parlamentarier für „weitreichende“ Waffen für die Ukraine aus. Einer Taurus-Lieferung erteilte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) jedoch eine klare Abfuhr. Deutschland wolle nicht Kriegspartei werden, so sein Argument – die Plattform X sah sich gezwungen, Kontext zu ergänzen.

Plattform X versieht Beitrag von Olaf Scholz mit Hinweis: „Nicht korrekt“

Bundeskanzler Scholz hatte am Montag seine Ablehnung einer Lieferung dieser Marschflugkörper bekräftigt. „Wir werden nicht zur Kriegspartei – weder direkt noch indirekt. Diese beiden Prinzipien leiten alle meine Entscheidungen“, schrieb er auf der Plattform X (vormals Twitter) und ergänzte das Hashtag #Taurus. Problematisch daran: Die Aussage konnte als Andeutung auf die Programmierungsdiskussion zum Taurus verstanden werden. X-Nutzer ergänzten dazu Hintergrundinformationen, weshalb der Beitrag des Bundeskanzlers mit einem Hinweis versehen wurde.

Das war bislang eher Mitteilungen von Populisten wie dem früheren US-Präsidenten Donald Trump vorbehalten. „Es ist nicht korrekt, dass für die Taurus-Lieferungen deutsche Soldaten auf dem Boden der Ukraine benötigt würden. Die französischen und britischen Systeme Storm Shadow und Scalp werden von der Ukraine eingesetzt, ohne dass die Länder Kriegspartei wurden“, steht auf X nun als Kontext zur Aussage von Scholz.

Das sagen Verteidungspolitiker und Militärexperten zu Scholz‘ Aussage

Der Bundeskanzler liege falsch mit der Behauptung, es müssten Bundeswehrsoldaten in die Ukraine, um diese Waffe vorzubereiten, bestätigte die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Das stimme einfach nicht, der Kanzler suche nach Ausreden, so die FDP-Politikerin, die sich angesichts der Entscheidung fassungslos zeigte, im Gespräch mit Welt TV. „Wenn das die Antwort des Bundeskanzlers ist, dann ist das mehr als bizarr“, ergänzte Strack-Zimmermann in der ARD-Sendung Bericht aus Berlin.

Der Aussage, dass die Taurus-Marschflugkörper nur von deutschen Experten vor Ort programmiert werden könnten, widersprach auch der frühere Nato-General Erhard Bühler. „Der Taurus-Flugkörper führt als eines seiner Navigationssysteme einen digitalen, dreidimensionalen Atlas mit sich“, erklärte der Militärexperte in seinem Podcast „Was tun, Herr General?“. Bei der Programmierung würden dann der Flugweg und das Ziel in den Atlas eingetragen. „Wir sehen ja, dass es den ukrainischen Soldaten gelingt, Drohnen in die Region Leningrad oder [...] Moskau zu lenken. Dann wird es ihnen nach entsprechender Ausbildung auch gelingen, den Taurus zu programmieren“, schlussfolgerte der Ex-Nato-General, der eine Taurus-Lieferung für eine „operative Notwendigkeit“ im Ukraine-Krieg hält.

Macht liegt bei Exekutive, doch die kann „nicht auf Dauer gegen parlamentarische Mehrheit handeln“

Der jüngsten Taurus-Äußerung des Bundeskanzlers ging eine Abstimmung im Bundestag über weitere Waffenlieferungen an die Ukraine voraus. Ein ausdrücklicher Taurus-Antrag der Union wurde im Bundestag aber abgelehnt, Zustimmung erhielt hingegen der Ampel-Antrag, der die Formulierung „weitreichende“ Waffen enthielt. Zwar verfügt nur die Exekutive über Entscheidungsgewalt in diesem Thema, dennoch gilt die Abstimmung als wichtiges Meinungsbild. „Auf Dauer kann eine Bundesregierung auch nicht gegen die eigene parlamentarische Mehrheit im Bundestag handeln“, kommentierte der frühere Nato-General Bühler. Man dürfe „gespannt sein, welche weitreichenden Waffensysteme man bei dem Ampel-Antrag im Blick hatte.“

Eine große Auswahl sehe er nicht, so Bühler weiter. Einen Ringtausch Taurus für die Briten, Storm Shadow für die Ukraine schließt der Militärexperte aus, da die britischen Eurofighter nicht fähig sind, den Taurus zu tragen, wie Tests der Bundeswehr gezeigt hätten. Denkbar wären die Atacams, vorausgesetzt ein Beschluss des US-Repräsentantenhauses läge vor. In der deutschen Bevölkerung ist einer Umfrage zufolge ein Großteil für mehr Waffenlieferungen an die Ukraine, auch wenn der Taurus in der Fragestellung nicht direkt vorkommt: 62 Prozent der Deutschen sprachen sich laut dem aktuellen ZDF-Politbarometer für mehr Unterstützung der Ukraine aus. Das sind elf Prozentpunkte mehr als bei der letzten Befragung im Januar.

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