Trump-Wahnsinn an der Börse: Die „Wundertüte“ lässt Kurse springen
Dass Donald Trump der nächste US-Präsident wird, schüttelt die Finanzmärkte schon jetzt kräftig durch: Die Amerikaner feiern ihn als Börsenpräsident, die Europäer sind in Schockstarre.
Wer wissen will, wie sich Anleger die kommende Präsidentschaft von Donald Trump vorstellen, musste nach dem Wahlabend nur einen kleinen Streifzug über das virtuelle Börsenparkett unternehmen, wo bekanntlich die Zukunft gehandelt wird. Dort schnellte nicht nur die Aktie von Trumps sozialem Netzwerk Truth Social plötzlich deutlich nach oben, auch andere Papiere waren sehr gefragt: Die Aktie des privaten Gefängnisbetreibers Geo etwa mit einem Plus von 35 Prozent oder die Tesla-Aktie mit etwa 15 Prozent Plus. Und das ist nur ein Teil der massiven Bewegungen, die es nach der Wahl an der Börse gab.
Trump ist Börsenpräsident, könnte man angesichts der Kursgewinne in Amerika sagen. US-Anleger feierten den Sieg des polarisierenden Republikaners, der Steuern senken und Zölle anheben will, mit einem Kursfeuerwerk. Der US-Aktienindex Dow Jones stieg nach der Wahl um etwa drei Prozent, der US-Technologieindex Nasdaq legte zwischenzeitlich sogar um sechs Prozent zu und die Kryptowährung Bitcoin schnellte um etwa zehn Prozent auf den Rekordwert von mehr als 75 000 Dollar nach oben. Trumps freier Umgang mit Fakten? Seine Drohungen mit hohen Zöllen? Sein Führungsstil, der für US-Institutionen wie die Notenbank Fed, das Justizsystem, sogar die Demokratie eine Herausforderung ist? Im Moment ist das eher Nebensache.
Kommt mit Donald Trump die Deregulierung und eine Schuldenorgie?
Der Anstieg der Aktienkurse in Amerika folge einer gewissen Logik, beteuern Beobachter. „Amerika hat ohne Störungen gewählt und ein Ergebnis steht fest – das ist für Wirtschaft und Finanzmärkte erstmal ein Grund zur Erleichterung“, sagt Chefvolkswirt Ulrich Kater von der Fondsgesellschaft Deka. Dass es keine Hängepartie samt aller befürchteter Konflikte gebe, unterstütze riskante Anlageformen wie Aktien. Und es gibt einen weiteren Gewinner: den US-Dollar. Er legte zum Euro zwei Prozent zu, auf dem Devisenmarkt sind das Welten. Dahinter steckt die Annahme, dass Trump die schon jetzt hohen amerikanischen Schulden von rund 35 Billionen Dollar durch Steuersenkungen weiter aufblähen und zugleich mit Zöllen die Inflation im Land anheizen werde. Das könnte die US-Notenbank zu Zinserhöhungen zwingen, was wiederum Kapital in den Dollarraum locken würde, erklärt der Ökonom Gabriel Felbermayr vom Wifo-Institut in Wien.

Seziert man die Börsenbewegungen genauer, stecken hinter jeder Kursbewegung halbwegs rationale Szenarien, Vermutungen, manchmal aber auch nur Klischees. Trumps Sympathie für die Waffen- und Öllobby, seine Hinwendung zur Kryptobranche und zu ultralibertären Eliten aus dem Silicon Valley, sein Einsatz für Deregulierung und den reicheren Teil der Gesellschaft: Es ist kein Wunder, dass nach seinem Sieg Aktien von Waffenherstellern, Ölfirmen, Banken sowie die Kurse von Kryptowährungen durch die Decke gehen. Immerhin wurden solche Titel in Finanzkreisen schon vor der Wahl als „Trump-Trades“ gehandelt. Und weil Trump und seine Unterstützer wie der Tesla-Gründer Elon Musk, der wohl im künftigen Kabinett sitzen wird, in der kommenden Ära auch ihre eigenen Geschäfte voranbringen dürften, stiegen auch die Aktien des Trump-Netzwerks Trump Media & Technology sowie Aktien von Tesla.
Deutsche Ökonomen urteilen nach US-Wahl: Donald Trump als Worst-Case-Szenario
Wo Gewinner sind, gibt es aber auch Verlierer. Die „US-Märkte profitieren – der Rest der Welt tut sich schwer“, bringt Robert Leonhardt von der DZ Bank die globalen Probleme mit Trumps Agenda „America first“ auf den Punkt. Entsprechend gab es auch am Börsentag nach der Wahl viele rote Vorzeichen. In Europa hielten sich zwar die meisten Märkte halbwegs, im deutschen Dax stürzten aber vor allem die exportorientierten Autobauer ab. Sie müssen künftig womöglich mit höheren US-Zöllen auf deutsche oder chinesische Autos sowie mit den chinesischen Vergeltungsmaßnahmen gegen den Westen leben. Weltweit litten zudem die Anteile von Solar- und Windkraftfirmen wie Solaredge, Nordex oder Vestas darunter, dass Trump beim Klima- und Umweltschutz eine Rolle rückwärts machen könnte.
Angesichts der drohenden Rückschritte in der Globalisierung warnen die meisten Ökonomen, dass Deutschland noch härtere Zeiten bevorstehen. Mache Trump seine Drohung wahr und etabliere Basiszölle in Höhe von 20 Prozent auf EU-Waren, werde der deutsche Handel mit den USA um 15 Prozent sinken, was der deutschen Wirtschaft Milliardenschäden bescheren werde, rechnet Clemens Fuest vom Münchner ifo-Institut vor. Michael Hüther vom IW Köln rät den deutschen Unternehmen deshalb, sich auf einen teuren Handelskrieg einzustellen, der sie 45 Milliarden Euro pro Jahr kosten werde. Auch Bayerns Wirtschaftsführer sind angesichts der vielen Exportfirmen im Freistaat alarmiert (siehe Kasten). Und Moritz Schularick vom Institut für Weltwirtschaft in Kiel spricht sogar vom „ökonomisch schwierigsten Moment in der Geschichte der Bundesrepublik“, weil zur inneren Strukturkrise nun auch Probleme von außen kommen würden.
Das sagt Bayerns Wirtschaft zur US-Wahl
Die USA sind Bayerns wichtigstes Exportziel: Bayern führte 2023 Waren im Wert von 28,5 Milliarden Euro nach Amerika aus. Bayerns Industrie- und Handelskammer (BIHK) befürchtet durch den Trump-Sieg nun jedoch noch mehr Gegenwind durch Zölle und Handelsbarrieren. „Mehr als die Hälfte der bayerischen Unternehmen erwarten mit Trump schlechtere Wirtschaftsbeziehungen zu den USA“, sagt BIHK-Chef Manfred Gößl. Umso wichtiger sei es, das Deutschland wirtschaftspolitisch seine Hausaufgaben mache. Ähnlich sieht es die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw), die auch eine Schwächung der US-Wirtschaft durch Trump erwartet. Sein Regierungsstil werde für „vier schwierige und schwer kalkulierbare Jahre in den transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen sorgen“, so vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.
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Unsicherheit über künftigen US-Kurs – Donald Trump als „Wundertüte“
Doch ob alles so kommt wie erwartet? Das ist unklar. „Was noch auf die Wirtschaft zukommt, weiß bei der Wundertüte Trump noch niemand“, sagt IW-Forscher Michael Hüther. Er geht aber nicht davon aus, dass es bei einer Hiobsbotschaft bleiben werde.
Auch was die Trump Trades betrifft, kann es viele Überraschungen geben. Die Börsenentwicklung ist jedenfalls längst nicht so vorgezeichnet wie manche glauben. Das bestätigen auch Auswertungen von Analysten über die erste Amtszeit von Donald Trump. Damals lief die US-Börse laut Darrow Wealth Management mit einem Plus von 70 Prozent zwar gut, Trumps demokratische Vorgänger Barack Obama und Bill Clinton kamen in ihren je zwei Amtszeiten mit 180 und 210 Prozent aber jeweils auf weit mehr als das Doppelte an Kursplus. Offenbar waren sie also die besseren „Börsenpräsidenten“. Auch auf die stärksten und schwächsten Branchen in der ersten Trump-Administration hätte keiner so gewettet. So stürzten laut HQ Trust in Trumps erster Amtszeit ausgerechnet Aktien aus den Branchen Öl, Gas und Kohle ab, während sich Titel aus dem Bereich Erneuerbare Energien erstaunlich gut entwickelten.