Sexualberaterin verrät: Mit diesen Techniken verlängern Sie Ihren Orgasmus

Fragt man Menschen, wie lange ein Orgasmus dauert, fallen die Antworten meist erstaunlich optimistisch aus. „Mindestens eine halbe Minute“, schätzen viele Männer. Die Realität ist etwas nüchterner:

  1. Bei Männern dauert ein Orgasmus im Durchschnitt 3 bis 10 Sekunden, die rhythmischen Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur erfolgen etwa alle 0,8 Sekunden.
  2. Bei Frauen liegt die Spanne zwischen 10 und 20 Sekunden, manchmal länger, da der weibliche Orgasmus oft in mehreren Wellen verläuft.

Kurz gesagt: Der berühmte „Moment der Ekstase“ ist biologisch betrachtet ein Mini-Film, kein Langstrecken-Epos. Und doch lässt sich das Drehbuch ein wenig verlängern – mit Körperbewusstsein, Atmung und ein bisschen Übung. Denn die gute Nachricht lautet: Der Orgasmus ist kein Zufall. Er ist trainierbar.

Regina Heckert ist Leiterin von BeFree Tantra, Sexualberaterin, Buchautorin und Expertin für die Lust der Frau. Sie ist Teil unseres EXPERTS Circle. Die Inhalte stellen ihre persönliche Auffassung auf Basis ihrer individuellen Expertise dar.

Was beim Orgasmus wirklich passiert – und warum wir ihn oft zu früh „verlieren“

Physiologisch ist der Orgasmus eine koordinierte Muskelkontraktion, ausgelöst durch einen massiven Nervenimpuls im limbischen System – also dort, wo Lust, Emotion und Belohnung zusammenspielen. Das Dopamin schießt in die Höhe, Adrenalin sorgt für den Spannungsbogen, und Oxytocin spült am Ende das berühmte Gefühl von Nähe und Frieden über uns hinweg.

Das Problem: Viele Männer und Frauen stehen beim Sex so sehr „unter Spannung“, dass ihr Körper das Ereignis quasi zu früh abfeuert. Die Aufmerksamkeit sitzt im Kopf („Bin ich gut?“ „Wie sehe ich aus?“ „Gleich ist es soweit!“), nicht im Körper. Der Orgasmus wird dadurch zu einem reflexartigen Endpunkt – statt zu einer genussvollen Welle, die sich aufbauen und ausrollen darf. Der Schlüssel zum Verlängern liegt also nicht in „mehr Druck“, sondern im bewussten Loslassen. Wer Kontrolle will, muss sie paradoxerweise ein Stück weit aufgeben.

Wie Männer ihren Orgasmus verlängern können – 10 Sekunden sind drin

Der männliche Orgasmus folgt meist einem recht eindeutigen Muster: Er baut sich schnell auf und endet abrupt. Wer hier zehn Sekunden herausholen will, braucht kein Wunder, sondern Training – konkret Muskel- und Atemkontrolle.

1. Die Stopp-Start-Technik:

Diese klassische Übung stammt aus der Sexualtherapie. Kurz bevor der Punkt ohne Wiederkehr („point of no return“) erreicht ist, wird die Stimulation gestoppt. Nach wenigen Sekunden geht es weiter. Durch mehrere Wiederholungen lernt der Körper, den Erregungsverlauf bewusster zu steuern – und den Höhepunkt zu verzögern.

2. Beckenboden-Training (PC-Muskel):

Der sogenannte Pubococcygeus-Muskel ist so etwas wie der „Handbremshebel“ des männlichen Orgasmus. Wer ihn stärkt (zum Beispiel durch Kegel-Übungen: den Urinstrahl kurz anhalten und wieder loslassen), kann die Ejakulation hinauszögern und den Orgasmus in mehreren Kontraktionswellen erleben.

3. Atmung als Bremse:

Tiefe, langsame Atmung senkt die Spannungskurve. Wer kurz vor dem Höhepunkt das Atmen vergisst, beschleunigt den Orgasmus. Wer bewusst atmet, verlängert ihn. Tipp: Längere Ausatmung (z. B. 4 Sekunden ein, 6 aus) – das hilft, im Körper zu bleiben.

4. Muskelentspannung statt Krampf:

Viele Männer spannen beim Sex alles an – Bauch, Beine, Kiefer. Das beschleunigt den Höhepunkt. Wer bewusst locker bleibt, kann die Erregung in den ganzen Körper leiten – und erlebt den Orgasmus nicht als „Explosion“, sondern als ausgedehntes Feuerwerk.

Mit etwas Übung sind 5 bis 10 Sekunden mehr realistisch – und das kann, in Orgasmuszeit gerechnet, schon fast eine Ewigkeit sein.

Wie Frauen ihren Orgasmus verlängern – Wellenreiten statt Gipfelsturm

Frauen haben es, rein anatomisch, ein wenig leichter. Der weibliche Orgasmus ist kein abruptes Ereignis, sondern ein Potenzial: Er kann sich aufbauen, abflauen, wiederkehren. Manche Frauen erleben mehrere aufeinanderfolgende Orgasmen – andere spüren eher eine anhaltende Welle.

1. Den Beckenboden nutzen:

Auch bei Frauen spielt der Beckenbodenmuskel die Hauptrolle. Wer ihn bewusst an- und entspannt, kann den Orgasmus aktiv steuern und verlängern. Viele Yoga- oder Pilates-Übungen stärken genau diese Muskeln – ganz ohne dass es jemand merkt.

2. Tiefe Atmung und Bewegung:

Je freier der Körper, desto intensiver die Empfindung. Wenn Frauen beim Orgasmus unbewusst die Luft anhalten, „friert“ die Bewegung ein. Tiefe Atmung und leichte Bewegung im Becken verlängern die Welle.

3. Mentale Präsenz:

Gedanken wie „Bin ich schon soweit?“ oder „Wie sieht das jetzt aus?“ sind Orgasmus-Killer. Frauen, die lernen, ganz im Gefühl zu bleiben – etwa durch Achtsamkeit oder Tantra-Übungen – erleben oft längere und tiefere Orgasmen.

4. Nachspiel zulassen:

Viele Frauen beenden den Orgasmus zu früh, weil sie denken, es ist vorbei. Dabei lassen sich die Nachkontraktionen durch sanfte Berührung oder Druck verlängern. Der Orgasmus klingt dann nicht abrupt ab, sondern schwingt aus – manchmal doppelt so lang.

Übrigens: Ein weiblicher Orgasmus kann mit Training tatsächlich 20 bis 60 Sekunden dauern – je nach Erregungszustand und Körperbewusstsein. Wenn eine Frau also orgasmusfähig ist, übertrumpft sie den männlichen Orgasmus um ein Vielfaches, zumindest was die Dauer betrifft.

Warum „verlängern“ nicht mit „leisten“ zu verwechseln ist

Ein längerer Orgasmus ist kein Leistungssport. Es geht nicht um Sekundenjagd oder Konkurrenz, sondern um das bewusste Erleben. Viele Menschen berichten, dass sich der Höhepunkt verändert, wenn sie die Kontrolle über ihn lernen: weniger ein Knall – mehr ein Strom.

Paare, die sich darauf einlassen, entdecken dabei oft neue Formen der Nähe. Denn wer lernt, die Spannung gemeinsam zu steuern, erlebt Sexualität weniger als Ziel, sondern als Dialog. Oder, wie ein erfahrener Sexualtherapeut einmal sagte:

„Ein guter Orgasmus ist wie ein gutes Gespräch – keiner weiß genau, wann der Höhepunkt kommt, aber beide sind danach ein bisschen klüger und sehr zufrieden.“

  • Regina Heckert

    Bildquelle: Regina Heckert

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Fazit: Zehn Sekunden mehr Lust – aber lebenslanges Lernen

Zehn Sekunden mögen wenig klingen – aber wer sie bewusst erlebt, bekommt mehr als nur Zeit. Er (oder sie) bekommt Intensität, Kontrolle, Präsenz und ein Stück Selbstbewusstsein zurück.

Die Kernformel lautet:

  1. Bewusstsein statt Reflex
  2. Atmung statt Anspannung
  3. Beckenboden statt Leistungsdruck

Denn der Orgasmus ist kein Zufallsprodukt der Evolution, sondern ein Körperdialog. Wer ihn versteht, kann ihn verlängern – nicht nur um Sekunden, sondern um Qualität. Und das ist vielleicht die schönste Erkenntnis: Die besten zehn Sekunden des Lebens sind nicht die, die länger dauern, sondern die, in denen man ganz da ist.