„Projekt ist schön gerechnet!“ - Kritik an der SBahn-Verlängerung - Wolfratshausen bleibt aber dran
Die Stadt muss für einen Teil der S-Bahn-Verlängerung mit bezahlen. 4,65 Millionen Euro kommen auf Wolfratshausen zu - die wollen einige nicht bezahlen.
Eigentlich rechneten die meisten mit einem formalen Akt: Trotz der angespannten finanziellen Lage erneut Wolfratshausen seine Zusage, sich an der S-Bahn-Verlängerung nach Geretsried zu beteiligen. In der Stadtratssitzung am Dienstagabend äußerten einzelne Räte allerdings Bedenken, ob die Kommune sich die 4,65-Millionen-Euro-Beteiligung am gewünschten Gleistunnel tatsächlich leisten kann. Ein Stadtratsmitglied zweifelte am ganzen Projekt.
FDP-Stadtrat Dr. Patrick Lechner fragte in der Sitzung, ob die S-Bahn-Verlängerung für die Loisachstadt überhaupt noch sinnvoll sei. „Die Wirtschaftlichkeit des Projekts ist aus meiner Sicht schön gerechnet“, meinte er etwa. Dass die Stadt Wolfratshausen „knapp fünf Millionen Euro“ – exakt 4,65 Millionen sind es laut aktueller Rechnung – zahlt, wollte er nicht gutheißen. Die Stadt werde durch die Bahnverlängerung Einnahmen verlieren, weil weniger Einkäufer in Wolfratshausen blieben, wenn sie bis nach Geretsried fahren würden. Landwirtschaftliche Nutzfläche gehe verloren. Die Bahn sei viel teurer als Alternativen wie die Ottobahn und Elektrobusse, argumentierte Lechner.
FDP-Rat schlägt Alternativen vor: Elektrobus oder Ottobahn?
Die Stadt soll sich wie berichtet nicht an der Verlängerung selbst beteiligen, sondern nur an der Tieferlegung der Gleise. Diese wünschten sich die Wolfratshauser bei einem Bürgerentscheid 2010 mit deutlicher Mehrheit. Die Kosten werden zwischen den beiden Städten Wolfratshausen und Geretsried zu jeweils 15 Prozent und dem Landkreis mit 70 Prozent aufgeteilt.
5 Millionen Euro: „Geht darum, ob wir es leisten können“
Josef Praller ist einer der dienstältesten Stadträte. Er hat schon viele Diskussionen zur Verlängerung der S-Bahn bis Geretsried erlebt. „Das begleitet uns schon lange, und wir begleiten das Projekt schon lange“, sagte er. In Anbetracht der Tatsache, dass die Stadt klamm ist und schon für das laufende Jahr der Haushaltsplan nur dank eines kleinen Streichkonzerts von Förderprogrammen zustande kam, ist der Bürgervereinigungs-Sprecher der Meinung: „Es geht nicht darum, ob wir uns das leisten wollen, sondern ob wir es können.“ Die Bahn-Verlängerung „ist kein Projekt der Stadt Wolfratshausen“, die Geldsumme „eine rein freiwillige Leistung“. Er lehnte ab –„unabhängig von der Notwendigkeit des Projekts“.
Insgesamt stimmten vier Räte gegen die Beteiligung an dem Bahn-Projekt: Auch Richard Kugler (Liste Wor) und Michael Baindl (BVW) hoben die Hand dagegen. Der Großteil des Gremiums sah es ganz anders.
Zweifel machen Rätin „sprachlos“:
Dr. Ulrike Krischke (BVW) war von Lechners Zweifeln „echt sprachlos“: Seit Jahrzehnten werde geplant am „wichtigsten Infrastruktur-Projekt der Region“. Das zu kippen, weil Wolfratshausen die 4,6 Millionen Euro sparen will, sei schlicht nicht möglich. „Am Ende fährt die Bahn dann oberirdisch“, meinte Grünen-Rätin und Dritte Bürgermeisterin Annette Heinloth. Also genau so, wie es die Wolfratshauser eben nicht wollen, die eine Staufalle auf der wichtigen Sauerlacher Straße fürchteten. Bürgermeister Klaus Heilinglechner erinnerte an die Zusage der Stadt zur Kostenbeteiligung. An die wolle er sich halten. „Alternativvorschläge hat es immer gegeben – sie haben keine Mehrheit gehabt.“
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Dass die Bahn-Verlängerung Wolfratshausen tendenziell wirtschaftlich schaden werde, sieht der Bürgermeister ebenfalls ganz anders: „Der ÖPNV-Ausbau ist auch für unsere Gewerbebetriebe wichtig.“ Krischke erklärte, dass die Stadt mehr Berufs-Einpendler als -Auspendler habe – „die brauchen eine Anbindung“ auch von Geretsried aus. Gerlinde Berchtold erinnerte daran, dass die Troglösung, für die Wolfratshausen mitzahlt, der klare Wunsch der Bürger sei: Über 80 Prozent stimmten bei einem Bürgerentscheid nämlich gegen die Schrankenlösung. „Die Wolfratshauser haben uns da einen Auftrag gegeben. Ich werde mich an diesen halten.“ Das taten am Ende die meisten: 16:4 lautete das Abstimmungsergebnis für die weitere Beteiligung der Stadt.
„Beinahe schwergefallen“ ist sein Ja dem SPD-Rat Manfred Menke. Der zweifelte zwar nicht am Nutzen des Projekts, wohl jedoch an der Zahlungsfähigkeit. Menke mahnte, dass es nicht dazu kommen dürfe, dass wichtige Vorhaben wegen der Kosten für die Bahn-Verlängerung nicht durchgeführt werden können. Einen Zeitplan gibt es nicht. Bürgermeister Heilinglechner erklärte jedoch: „An dem Projekt wird gearbeitet, auch wenn manche das anzweifeln, weil man keine Bagger sieht.“