Millionen-Plan für die Bahn: Verlängerung wird deutlich teurer - Städte ächzen unter Ausgabenlast
Die Städte Wolfratshausen und Geretsried müssen die Tieferlegung der Gleise mitfinanzieren – mit jeweils 4,65 Millionen Euro. Wie soll das gehen?
Geretsried/Wolfratshausen - Die Millionensumme überraschte ihn nicht. „Das war eine einfache Rechnung, wenn man sich die Baukostenindizes anschaut“, sagt Bürgermeister Michael Müller über die Hiobsbotschaft: 4,65 Millionen Euro müssen die beiden Städte Wolfratshausen und Geretsried selbst zur Bahn-Verlängerung beisteuern – jeweils. Das sind zwei Millionen Euro mehr pro Stadt als in der bislang bekannten Kostenberechnung. Die beiden Städte zahlen für die Tieferlegung der Gleise an der Sauerlacher Straße in Wolfratshausen mit. Sorgen bereite ihm diese Summe nicht, sagt der Geretsrieder Rathauschef. Andere Ausgaben sind es, über die sich Müller echauffiert – solche, die den Spielraum für die Kommunen auf ein Minimum eindampfen. In Wolfratshausen kennt man das Problem.

Angst um „finanziellen Spielraum“: Bahn-Projekt wird deutlich teurer - Städte am Limit
Schon jetzt meldet Wolfratshausen unter anderem deshalb dringende Finanznöte an: Wie berichtet suchen Kämmerer und Politiker nach Einsparmöglichkeiten im Haushalt. Und die S-Bahn ist da noch mit keinem Cent eingeplant. „Wir haben eine Zeit lang jedes Jahr einen Betrag dafür mitgeschleppt“, sagt Rathauschef Klaus Heilinglechner. Dieser tote Haushaltsposten wurde irgendwann gestrichen. „Das hat den Haushalt belastet, das Geld wurde aber bisher nicht gebraucht.“ Nun fließe es eben in andere Projekte. Wenn es dann irgendwann so weit ist, und die Stadt das Geld aufbringen muss, „dann wird das schon gehen“, sagt Heilinglechner. Notfalls, indem das Geld über Kredite oder einer Vorauszahlung des Freistaats besorgt werde. Letzteres sei ein gängiges Modell bei solchen Projekten: Der Freistaat Bayern legt aus, die Kommune zahlt zurück und bleibt so handlungsfähig. Akuten Handlungsbedarf sieht der Bürgermeister nicht. „Wir werden das im Haushalt berücksichtigen, aber jetzt wäre das schwer, wenn ich überhaupt keinen Zeitpunkt habe, wann ich‘s brauche.“
Müller hofft auf Ende der Warterei - „Das sind Investitionen“
Michael Müller hofft, dass die Wartezeit jetzt ein Ende findet. „Wir sind in den Startlöchern. Wenn es grünes Licht gibt, machen wir die nötigen Schritte.“ Die Ausgaben von 4,65 Millionen Euro könne die Kommunen stemmen – der Sinn sei zweifelsfrei: „Das sind keine konsumptiven Ausgaben, sondern Investitionen. Die Bahnhöfe stehen für Jahrzehnte. Vielleicht klingt es pathetisch, aber wir investieren für mehr als ein Jahrhundert.“ Die „Zukunftsinvestition“ Bahn-Anschluss beschränkt sich für die Stadt nicht bloß auf den Wolfratshauser Tunnel, für den die Millionensumme gebraucht wird. Das Bahnhofsumfeld, die Anbindung, die Infrastruktur: All das muss die Stadt beachten.
Aktuelle Nachrichten aus der Region Wolfratshausen/Geretsried lesen Sie hier
„Wir werden das stemmen“, sagt Müller. Begonnen habe die Kommune ja bereits – mit Grundstücksverhandlungen, Planungen, der Neuen Mitte, einem größeren Bauamt und Bebauungsplänen: „Alles ist darauf abgestimmt.“ Müller hat Volkswirtschaftslehre studiert, er weiß, wie man Indizes liest und gibt sich keinen Illusionen hin: Das Projekt wird viel Geld kosten. Einen Sparstrumpf sucht man im Rathaus trotzdem vergeblich. „Wir werden die Maßnahmen in unseren Investitionsplan aufnehmen“, erklärt der Rathauschef stattdessen. So weit, so unproblematisch. Wäre da nicht die Sorge davor, dass die finanziellen Möglichkeiten der Kommunen noch weiter eingeschränkt werden als ohnehin.
Städte müssen hohe Abgaben bezahlen - „Da muss eine Bremse rein“
„Die Bezirksumlage ist doppelt so hoch wie zu meinem Start als Bürgermeister, die Kreisumlage steigt schon wieder an. Da muss eine Bremse rein. Die Kommunen müssen so viel abgeben, dass sie vor Ort keinen finanziellen Spielraum mehr haben.“ Mit Ausgaben, „auf die wir keinen Einfluss haben“, werde die kommunale Selbstverwaltung „ausgehöhlt“. Gehe die Ausgabenflut durch Berliner oder Münchner Entscheidungen unverändert weiter, würden die Mittel fehlen, um das Leben vor Ort zu gestalten. „Das große Problem sind die Ausgaben, die auf uns abgedrückt werden.“
Meine News
(Unser Wolfratshausen-Geretsried-Newsletter informiert Sie regelmäßig über alle wichtigen Geschichten aus Ihrer Region. Melden Sie sich hier an.)
Vor allem Sozialausgaben steigen auf Landkreis- und Bezirksebene. Kreis und Bezirk erhalten kaum eigene Einnahmen – sie finanzieren sich durch die Abgaben der Städte und Gemeinden über die Kreis- beziehungsweise die Bezirksumlage. Müller fordert eine Neuregelung, wofür der Bund und wofür die unteren Ebenen zu zahlen haben, um die Flut an Abgaben einzudämmen. „Das ist meine Forderung an eine neue Bundesregierung. Sonst können wir Projekte wie die S-Bahn-Verlängerung streichen. Die ist aber kein Luxus, Mobilität ist ein Lebenselixier für unsere Gesellschaft.“
Eine Entscheidung zum S-Bahn-Plan wurde am Montagnachmittag getroffen: Der Kreisausschuss sagte bei einer Gegenstimme Ja zu seiner Beteiligung in Höhe von – Stand jetzt – 21,7 Millionen Euro.