„Bedenken entkräftet“: Nach heftiger Kritik - Wolfratshausen plant Fernwärmenetz weiter

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Bleibt eine Baustelle: Die Eavor-Bohrungen auf dem Geltinger Gut Breitenbach gehen weiter. Unser Bild zeigt eine Führung. © sabine hermsdorf-hiss

„Wir haben es uns nicht leicht gemacht“, sagts Wolfratshausen Bürgermeister. Im Geothermie-Streit gibt‘s jetzt eine gemeinsame Lösung.

Im Vorfeld war über Wochen diskutiert und stundenlang öffentlich gestritten worden. In drei Sätzen fasst die Stadt Wolfratshausen nun das Ergebnis einer geheimen Zusammenkunft zusammen. Der wichtigste Punkt: „Der Verwaltungsrat der Stadtwerke Wolfratshausen hat in einer außerordentlichen Sitzung der Vergabe von Planungsleistungen für ein Fernwärmenetz in Wolfratshausen einstimmig zugestimmt.“ Eigentlich wäre damit auch alles gesagt – wäre da nicht die Vorgeschichte und die Tragweite dieses Beschlusses. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt Bürgermeister Klaus Heilinglechner die Hintergründe.

Rolle rückwärts: Stadt war schon raus aus der Planung

Eigentlich war Wolfratshausen nämlich schon raus aus der Planung, Fernwärme aus dem Geothermie-Projekt auf dem Gut Breitenbach in Geretsried-Gelting an Haushalte, Unternehmen und Einrichtungen des öffentlichen Lebens zu bringen. Der Stadtrat hatte zwar stets für eine Beteiligung gestimmt, der zehnköpfige Verwaltungsrat der Stadtwerke aber sein Veto eingelegt.

Zweifel an der Geothermie-Zukunft: Ausbau wäre sehr teuer für die Stadt

Warum die Räte eine Vollbremsung machten, wurde in einer Sondersitzung in der vergangenen Woche klar. Die Baumaßnahmen, die für ein Fernwärmenetz mit 429 Anschlüssen nötig sind, überstiegen nach Meinung vieler die Möglichkeiten der Stadt. Etwa 16 Millionen Euro würde die Beteiligung der Kommune am Verlegen der über 50 Leitungskilometer kosten – über einen Zeitraum von zehn Jahren. Insgesamt lägen die Kosten bei 80 Millionen Euro, einen Teil davon müssten die Stadtwerke zahlen. Beim ohnehin engen Budget, das die Stadt zur Verfügung hat, halten einige Räte eine Beteiligung mit 16 Millionen Euro für schlicht unmöglich. Hinzu kommt: Ist die Straße einmal aufgerissen, könne es sinnvoll sein, in diesem Zuge gleich die Wasserrohre zu sanieren. Das würde den Preis, den die Wolfratshauser für ihr Leitungs- und Abwasser zahlen, deutlich erhöhen.

Einige Befürworter der Fernwärme hielten dieses Argument für sehr weit hergeholt: Bei den Sanierungen handle es sich um kein Muss. Ein Teil des Stadtrats – wohl eine knappe Mehrheit – war dafür, die Planungen wieder aufzunehmen. Die Chancen seien immens, eine naheliegende, nachhaltige, CO₂-neutrale und auf lange Sicht preisstabile Alternative zu fossilen Brennstoffen zu sichern. Die Ausgaben für die Baumaßnahmen würden sich rentieren, so die Meinung der Pro-Fraktion. Am Ende überzeugte die Argumentation wohl auch die Skeptiker. Am Dienstagabend nahm der Verwaltungsrat die Wärmeplanung wieder auf.

Der Verwaltungsrat hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht.

Auf Nachfrage unserer Zeitung meldet sich Bürgermeister Klaus Heilinglechner per E-Mail aus einer Versammlung. „Der Verwaltungsrat hat sich diese Entscheidung nicht leicht gemacht“, schreibt er. Die Fernwärme sei „im Bereich der Wärmeplanung und -versorgung eine geeignete Möglichkeit, und durch die räumliche Nähe zum Geothermie-Standort am Gut Breitenbach bietet sich diese Gelegenheit an“. Aber: „Sie birgt auch Risiken und stellt die Stadt vor enorme finanzielle Herausforderungen.“

Bürgermeister sagt: „Bedenken konnten entkräftet werden.“

Mit ihrer Entscheidung waren die zehn Verwaltungsratsmitglieder am Dienstagabend nicht allein. Ein externes Büro, das seit über 30 Jahren Fern- und Nahwärmenetze plane, war zur nichtöffentlichen Runde eingeladen worden. „Die Bedenken der Aufsichtsräte im Bereich der dabei entstehenden gleichzeitigen Sanierung des Wasser- und Abwassernetzes und der dabei entstehenden hohen Kosten, die auf die Anschlussnehmer über eine entsprechende Gebührenerhöhung zu kommen würden, konnten entkräftet werden.“ Der Ausbau des Netzes „sollte nur in Hinblick auf die Haushaltslage der Kommune erfolgen“, schreibt der Bürgermeister.

So weit ist die Stadt sowieso noch nicht: „Um ein belastbares Ergebnis für den Ausbau einer Fernwärmeleitung in puncto Wirtschaftlichkeit zu erhalten, ist diese Planung zwingend erforderlich“, steht in der Pressemitteilung. Das Ergebnis soll im Herbst vorliegen. Die Entscheidung „bildet die Grundlage für weitere Schritte“. Ob die Stadtwerke und die Kommune sich tatsächlich an dem Netz beteiligen, ist noch nicht entschieden. Der Bürgermeister spricht von einem Zwischenschritt: „Nach Vorlage der Planung und konkreter Kostenberechnung kann die Wirtschaftlichkeit und der zu erwartende Wärmepreis für die Endabnehmer kalkuliert werden – und geprüft werden, ob er dauerhaft konkurrenzfähig ist.“ Dann wird entschieden – auf Basis einer detaillierteren Planung.

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