„Kommenden Generationen schuldig“: Kritik an Entscheidung zu Fernwärmenetz reißt nicht ab

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Angesichts des Geothermie-Projekts in Geretsried plädiert der Wolfratshauser Stadtrat für die Planung eines Fernwärmenetzes in der Flößerstadt. Der Verwaltungsrat der Stadtwerke Wolfratshausen lehnt das ab. (Symbolfoto) © Marijan Murat

Der Verwaltungsrat der Wolfratshauser Stadtwerke lehnt es ab, in die Planung eines Fernwärmenetzes einzusteigen. Die Kritik an dieser Entscheidung reißt nicht ab.

Wolfratshausen – Die Mehrheit des Stadtrates sprach sich für die Planung eines Fernwärmenetzes aus, doch das Gros des Verwaltungsrates der Stadtwerke legte das Vorhaben auf Eis. Der Hauptgrund: Die Investition für den Aufbau der Rohrleitung – laut Stadtwerkechef Thomas Fritz wird allein für die ersten zehn Jahre eine „Anschubfinanzierung“ von der Kommune in Höhe von rund 16 Millionen Euro benötigt – übersteige die Finanzkraft von Stadt und Stadtwerken. Die Kritik am Beschluss des Verwaltungsrates reißt nicht ab.

„Sind das den kommenden Generationen schuldig“

„In Zeiten, in denen Europa um eine sichere und autonome Energieversorgung ringt, ist der Aufbau eines Geothermie-Wärmenetzes aus unserer Sicht eine nachhaltige Investition in eine klimafreundliche Zukunft und damit eine Maßnahme, die wir den kommenden Generationen schuldig sind“: Das schärft Dr. Daniela Mc Loughlin, Vize-Kreisvorsitzende der Europa-Union, Bürgermeister Klaus Heilinglechner und den Stadträten in einer E-Mail ein, die unserer Redaktion vorliegt.

Dazu muss man wissen: Der zehnköpfige Verwaltungsrat der Stadtwerke kommt an diesem Dienstagabend (21. Januar) zu einer nicht öffentlichen Sondersitzung zusammen, um noch einmal über das Thema Fernwärmenetz-Planung zu diskutieren – und wird mutmaßlich eine finale Entscheidung treffen. Wolfratshausen dürfe sich „die Gelegenheit nicht entgehen lassen, nachhaltige Energie zu nutzen, die unmittelbar vor unserer Haustür gewonnen wird“, so Mc Loughlin mit Blick auf das Geothermie-Projekt in Geretsried. Im Namen des Kreisvorstands der Europa-Union fordert sie den Verwaltungsrat der Stadtwerke daher auf, dem Projekt „Geothermie-Fernwärme für Wolfratshausen“ zuzustimmen.

„Ganz klar eine Investition in die Zukunft“

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Ins selbe Horn stößt Alexander Lippert in seiner Funktion als Präsident des Lions Clubs München-Isartal. Dessen Mitglieder würden die „Querelen“ mit „erheblichem Unverständnis“ verfolgen. Lippert stellt in einer E-Mail an Rathauschef, Mandatsträger und unsere Zeitung fest, dass „Lions wie kaum eine andere Service-Club-Organisation für Nachhaltigkeit und Klimaschutz steht“. Die logische Konsequenz: „Aus unserer Sicht ist der Aufbau eines solchen Wärmenetzes ganz klar eine Investition in die Zukunft und angesichts der sich weiter verschärfenden Klimakrise im Interesse der kommenden Generationen dringend geboten.“ Er pflichtet Mc Loughlin eins zu eins bei: „Die Gelegenheit, nachhaltige Energie, die unmittelbar vor unserer Haustür gewonnen wird, für unsere Stadt nutzbar zu machen, sollte sich Wolfratshausen unter keinen Umständen entgehen lassen.“

Lassen Sie es nicht dazu kommen, in einigen Jahren als der Bürgermeister Wolfratshausens zu gelten, in dessen Amtszeit diese zukunftsweisende Weichenstellung leichtfertig versäumt wurde!

Gleich einen zweiseitigen offenen Brief hat Holger Hohmann, Vorsitzender der SPD Wolfratshausen, verfasst. Unverständlich sei, dass die Entscheidung, die der Verwaltungsrat der Stadtwerke im Sommer 2024 hinter verschlossenen Türen traf, erst in einer Sondersitzung des Stadtrats in der vergangenen Woche publik gemacht worden sei. Alle von Stadtwerkeleiter Fritz in der Sitzung bekannt gegebenen Zahlen und Überlegungen „hätten zeitnah zu ihrer Feststellung veröffentlicht werden können“, meint Hohmann. „Die Wahrung von Vertraulichkeit und Interessen wäre jederzeit gewährleistet gewesen – denn nichts, was Herr Fritz berichtet hat, erscheint diesbezüglich sensibel oder kritisch.“ Der SPD-Vorsitzende appelliert an Rathauschef Heilinglechner, in Personalunion Mitglied des Verwaltungsrats: „Korrigieren Sie diese restriktive Informationspolitik!“ Die Bürger hätte einen Anspruch auf Information und Transparenz, dies sei nicht zuletzt „eine Frage des Respekts“ gegenüber dem Souverän.

SPD-Vorsitzender ist „verwundert und frustriert“

Das Nein des Verwaltungsrats habe er, Hohmann, mit „Verwunderung und Frustration zur Kenntnis genommen“. Es sei fragwürdig, dass „der Beschluss der demokratisch legitimierten Bürgervertretung“, vulgo Stadtrat, durch das Verwaltungsgremium einer 100-prozentigen Tochtergesellschaft der Kommune zu Fall gebracht werden könne. Das Gremium besteht ausnahmslos aus Bürgermeister und Stadträten, laut Heilinglechner sind die Mitglieder aber de jure nicht an Entscheidungen des Stadtrats gebunden.

„Fraglos wäre die Umsetzung eines solchen Projekts ein organisatorischer und finanzieller Kraftakt“, räumt Hohmann ein. Er wolle die „Hürden und Herausforderungen“ nicht klein reden oder gar leugnen. Doch Hohmann bittet die Entscheidungsträger, „die Chancen und den potentiellen Nutzen“ eines Fernwärmenetzes „vermehrt in ihre Überlegungen einzubeziehen“.

An Heilinglechner wendet er sich persönlich: „Lassen Sie es nicht dazu kommen, in einigen Jahren als der Bürgermeister Wolfratshausens zu gelten, in dessen Amtszeit diese zukunftsweisende Weichenstellung leichtfertig versäumt wurde.“ cce

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