Lücke von 118 Euro im Monat: In hunderttausenden Bürgergeld-Haushalten reicht die „Stütze“ nicht fürs Wohnen

Die Debatte darum, ob das Bürgergeld zu hoch oder zu niedrig ist, beschäftigt Politiker und Bürger seit Monaten. Oft kreist die Debatte aber nur um den Abstand zum Lohn. Eine aktuelle Anfrage im Bundestag zeigt nun: Offenbar machen die Kosten für Unterkunft und Heizung weit mehr Bürgergeld-Beziehern zu schaffen als bisher gedacht oder amtlich anerkannt. Im Schnitt des vergangenen Jahres betraf dies 339.000 sogenannte Bedarfsgemeinschaften, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Frage der Linke-Fraktion hervorgeht. Im Jahr zuvor waren es 320.000 Bürgergeld-Haushalte gewesen.

Nach Angaben des Bundesarbeitsministeriums betrug die durchschnittliche Differenz zwischen tatsächlichen und anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung bei den betroffenen Haushalten rund 118 Euro pro Monat. Das bedeutet, dass 11,6 Prozent der insgesamt 2,9 Millionen Haushalte mit Bürgergeld draufzahlen mussten.

Keine Chance auf Wechsel in günstigere Wohnungen

Das Problem: Laut Sozialgesetzbuch werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung nur anerkannt, soweit sie „angemessen“ sind. Sind die tatsächlichen Kosten höher, müssen Bürgeldgeldbezieher die Lücke aus dem Regelbedarf oder ihren Ersparnissen selbst finanzieren. Auch die Frage eines Umzugs in eine günstigere Wohnung steht dann im Raum. 

Geringverdienende bekämen in vielen Innenstädten jedoch ohnehin keine Mietwohnung mehr", gibt die Abgeordnete er Linken, Caren Lay zu bedenken, die die Anfrage gestellt hat. Oder sie müssten für hohe Mieten auf Kultur oder Bildung verzichten.

 

Caren Ley
Die Abgeordnete der Linken, Caren Ley Foto: Anja Müller / Pressebild

Linke: Regierung muss reale Wohnkosten übernehmen 

Lay bemängelt , dass die Wohnkostenlücke wachse. „Statt Bürgergeldbeziehenden Leistungen zu kürzen, sollte die neue Bundesregierung dafür sorgen, dass im Bürgergeld die realen Wohn- und Energiekosten übernommen werden. Niemand soll sich entscheiden müssen, zu hungern oder zu frieren.“ 

Allerdings lässt diese Betrachtung außen vor, wie viele Haushalte mit regelmäßigem Einkommen ebenfalls Problem haben, ihre Wohn- und Heizkosten zu bezahlen. Auch die Frage, ob unter den genannten Bedarfsgemeinschaften Aufstocker-Haushalte sind, die Bürgergeld zusätzlich zu einem – zu niedrigen – Einkommen beziehen, ist unklar.

Diskussion um die angemessene Höhe wird damit weitergehen. Union und SPD haben in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, das bisherige Bürgergeld zu einer „Grundsicherung für Arbeitssuchende“ umzugestalten. Vermittlung in Arbeit soll bei arbeitsfähigen Menschen Vorrang haben, außerdem sollen Mitwirkungspflichten und Sanktionen verschärft werden.