Im Erzähltheater „Vom Mut, Bauer und frei zu sein“ kommen die Landwirtinnen und Landwirte selbst zu Wort

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Theaterwissenschaftler und Regisseur Harald Holstein zusammen mit der Theaterpädagogin und Schauspielerin Katharina Kempter. Sie entwickelten gemeinsam mit 14 Landwirtinnen und Landwirten das Dokumentarische Erzähltheater „Vom Mut, Bauer und frei zu sein“. © Mair

Ausgehend vom Bauernkrieg-Jubiläum entstand mit „Bauer und Freiheit“ kein historisches Theaterstück, sondern eines, das sich den Herausforderungen heutiger Landwirte widmet.

Kempten/Allgäu – Im Kulturzentrum Lollipop e. V. fand im Rahmen des Bundesprogramms „Demokratie leben“ kürzlich der Workshop „Bauer und Freiheit“ statt. Er stellt eine Zwischenetappe dar auf dem Weg zum dokumentarischen Erzähltheaterstück „Vom Mut, Bauer und frei zu sein“. Einblick in die Entstehung des Werkes gab Diplom-Theaterwissenschaftler und Regisseur Harald Holstein zusammen mit der Schauspielerin und Theaterpädagogin Katharina Kempter von „Buntinade – Theater für alle“.

Landwirtschaft: Früher gegeißelt vom Frondienst, heute sind Globalisierung, Klimawandel und Gesellschaft die Herausforderungen

Holstein hat sich zunächst mit der Materie des Bauernkrieges beschäftigt, bis ihm im Herbst 2023 die Idee kam, ins Jetzt zu blicken. 1525 war die Arbeit der Bauern geprägt von Leibeigenschaft, Frondiensten und Abgaben. Heute, 500 Jahre nach dem Bauernkrieg, stehen die Landwirte vor anderen Herausforderungen: Globalisierung und Industrialisierung, Klimawandel sowie das Denken und Verhalten der Gesellschaft, sind die Themen, mit denen sie sich konfrontieret sehen.

Holstein stellte sich die Fragen, was bedeutet es eigentlich heute, Bauer zu sein? Wie gestaltet sich die Arbeit auf einem Hof? Welche Rolle spielen Tierwohl, globale Märkte und Klimaschutz? Er machte sich auf die Suche nach Landwirtinnen und Landwirten, die bereit dazu waren, über ihre Situation, Perspektiven, Ängste und Wünsche zu sprechen.

Das dokumentarische Erzähltheater „Vom Mut, Bauer und frei zu sein“ bringt landwirtschaftliche Themen auf die Bühne

Schließlich kamen 14 Menschen zusammen. Jeder mit einer anderen Lebensgeschichte, anderen Herangehensweisen und unterschiedlicher Praxis in der Landwirtschaft. Innerhalb des letzten Jahres trafen sie sich sieben Mal und kamen ins Gespräch. Einer von ihnen ist Biobauer Manfred Gabler. „Es gibt ein Fremdeln zwischen Kulturszene und Landwirtschaft. Ich fand es spannend, dass man nicht nur zu einer Veranstaltung geht, sondern dass man selbst mit Regisseur und Theaterpädagogin eine solche schaffen und gemeinsam die Themen, welche uns Landwirte beschäftigen, auf die Bühne bringen kann“, erklärt er seine Motivation, beim Theaterprojekt mitzuwirken.

Im Spannungsfeld

Der Bauer als Player zwischen den Lebensmittelhändlern und den Molkereien, ökologisch arbeiten zu wollen, das Tierwohl umzusetzen, das Verhältnis von Arbeitsaufwand, Preisentwicklung und Einkommen, die Haltung der Verbraucher, aber auch die Ansprüche an sich selbst. All das erzeugt Spannung und Druck.

In Gesprächen, Diskussionsrunden und Gruppenarbeiten haben alle Beteiligten hierzu fünf Schwerpunktthemen herausgearbeitet: der Alltag eines Bauern, die Frau auf dem Hof, die Arbeitsbelastung, der Klimawandel und das Verhältnis zum Tier. Außerdem formulierten sie Werte und Utopien für die Landwirtschaft der Zukunft. Lockerer Bezugspunkt waren hierbei die zwölf Memminger Artikel von 1525, die ersten bekannten Forderungen nach gesellschaftlicher Gerechtigkeit.

Neue Horizonte

Nun stand Holstein vor der Herausforderung, aus dem gesamten Material ein dokumentarisches Erzähltheater zu schaffen. Für ihn ist das eine neue Art zu arbeiten. Er möchte die Betroffenen selbst auf die Bühne bringen. Das Publikum soll die Landwirtinnen und Landwirte in ihrer Situation, ihrem Ausdruck und ihrer Sprechweise erleben.

Holstein selbst hat nichts geschrieben. Aber er hat die Gedanken und Werte der Protagonisten zu einem Theaterstück zusammengefügt. Jeder Satz auf der Bühne wurde von dem Landwirt, der ihn wiedergibt, vorher so gesagt. Unterstützung kommt von fünf Profischauspielerinnen und Schauspielern aus der freien Szene in Kempten.

Miteinander ins Gespräch kommen

Im Anschluss an die Aufführung kann das Publikum mit den Protagonisten ins Gespräch kommen. Holstein und Katharina Kempter wollen mit dieser Art Theater die städtischen Verbraucher und die Landwirte zusammenbringen. Aufklärung und Zusammenführung sind Ziele des Projekts. „Gerade für die heutige Zeit ist es wichtig, den Menschen als Medium zu nutzen und wieder mehr miteinander zu reden.“ Mit diesen Worten beendete Holstein den Workshop. Gefördert wird das Projekt von der Stadt Kempten, dem Bezirk Schwaben, der Raiffeisenbank im Allgäuer Land und „500 Jahre Zwölf Artikel“.

Die Aufführungstermine

• Dienstag, 25. März, 20 Uhr: Stadttheater Kempten

• Freitag, 11. April, 20 Uhr: Maximilian-Kolbe-Haus Memmingen

• Sonntag, 25. Mai, 20 Uhr: Stadttheater Kaufbeuren

Tickets unter: https://lollipop.dein-ticket.shop

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