"Tun so, als gäbe es Nachbarn niiht" - Nach Asyl-Offensive der Union hat Baerbock jetzt Angst um den Ruf Deutschlands

Außenministerin Annalena Baerbock hat die migrationspolitischen Pläne der Union für die Zeit nach der Bundestagswahl scharf kritisiert. „Wir müssen Migration mit Humanität und Ordnung steuern – nicht mit Illusionen“, sagte die Grünen-Politikerin dem Tagesspiegel.

Zuvor hatte die CDU auf ihrem Parteitag in Berlin ein Sofortprogramm mit den Migrationsbeschlüssen von Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz beschlossen. Darin werden für den Fall einer Regierungsbeteiligung unter anderem dauerhafte Grenzkontrollen, Zurückweisungen an den Grenzen und ein unbefristeter Ausreisearrest für ausländische Straftäter angekündigt.

"Tun einfach so, als gebe es Deutschlands europäische Nachbarn nicht“

Baerbock hält die Pläne für unausgegoren. „Die Unionsvorschläge für eine Generalabschottung tun einfach so, als gebe es Deutschlands europäische Nachbarn nicht“, sagte Baerbock. 

Es sei eine Mammutaufgabe, die ungeordnete Migration nach Europa wirksam und nachhaltig zu reduzieren und gleichzeitig den europäischen Binnenmarkt als Triebkraft des Wohlstands zu sichern. Diese Aufgabe könne nur gemeinsam in Europa bewältigt werden.

Daher darf es keine Alleingänge geben, die das Vertrauen unserer europäischen Partner in uns erschüttern.

„Daher hält sich Deutschland auch an europäisches Recht. Daher darf es keine Alleingänge geben, die das Vertrauen unserer europäischen Partner in uns erschüttern. Und daher haben wir in Brüssel die Reform des europäischen Asylsystems GEAS verhandelt“, sagte Baerbock dem Tagesspiegel. 

GEAS, das national noch bis 2026 in Deutschland beschlossen werden muss, verbessere die Sicherung der EU-Außengrenze, mache Rückführungen schneller und verteile die Schutzsuchenden besser.

Baerbock: Union setzt "fahrlässig europäische Vereinbarungen aufs Spiel"

„Das ist keine Theorie, das ist europäische Realpolitik – pragmatisch, verantwortungsvoll und umsetzbar“, sagte Baerbock und appellierte an die Union, GEAS zuzustimmen: „Wer stabile Lösungen will, braucht europäische Zusammenarbeit, nicht populistische Parolen. Damit muss sich jetzt auch die Union einmal inhaltlich auseinandersetzen, anstelle fahrlässig europäische Vereinbarungen aufs Spiel zu setzen.“

Bereits am Montag hatte Robert Habeck, Vizekanzler und Kanzlerkandidat der Grünen, einen Zehn-Punkte-Plan für eine „Sicherheitsoffensive“ vorgelegt. Darin forderte Habeck eine Vollstreckungsoffensive von Haftbefehlen mit „Schwerpunkt auf Islamisten und anderen Extremisten“ und eine schnellere Abschiebung von „Nichtdeutschen Gefährdern und Schwerkriminellen“.

Damit reagieren auch die Grünen auf die migrantischen Mordtaten von Aschaffenburg und Magdeburg und senden an die Union ein Signal der Zusammenarbeit. Nach der Bundestagswahl könnte die Union die einzige realistische Machtoption der Grünen sein. Doch die gemeinsame Abstimmung von Union, FDP und AfD für den Migrationsantrag von Friedrich Merz hat das Verhältnis zwischen den beiden Parteien zuletzt schwer beschädigt.

Von Felix Hackenbruch