Seltenes Handwerk: Florian Böhm ist Segelmacher – Auch Prinzen und Schauspieler kommen zu ihm
„Ich war schon immer am See, der Bezug war einfach da“, erzählt Florian Böhm. Der 51-Jährige ist in Eurasburg selbstständiger Segelmacher. Ein Werkstattbesuch.
Eurasburg – Seine Leidenschaft zum Beruf zu machen, davon träumen viele. Segelmacher Florian Böhm ist das gelungen. „Ich war schon immer am See, da war der Bezug einfach da“, erzählt der 51-Jährige beim Besuch unserer Zeitung in seiner Eurasburg Werkstatt.
Eurasburg: Segelmacher Florian Böhm kam durch einen Kumpel zum Traumberuf
Wasser und Wassersport spielen seit jeher eine Rolle im Leben des gebürtigen Münchners, der in Ambach aufwuchs. Der Vater war erfolgreicher Segler. In jungen Jahren trat Böhm in dessen Fußstapfen. Nach der Schule musste sich der Oberbayer entscheiden, wie es weitergeht. „Ein guter Kumpel begann eine Ausbildung zum Bootsmacher, so bin ich auf Segelmacher gekommen“, erinnert sich der Baierlacher.
Nach einem Praktikum startete er im September 1993 seine Lehre bei einem Tutzinger Segelmacher. „Mit der Materie war ich zwar vertraut, trotzdem glich es einem Sprung ins kalte Wasser.“ Ein Sprung, den der Handwerker nie bereute. Noch während seiner Anfangszeit half Böhm, ein Segel für eine 45 Meter lange Jacht auf Mallorca zu produzieren – per Hand genäht in Tutzing. Im Anschluss durfte der Lehrling das Tuch nach Palma ausliefern. Laut dem Segelmacher „eine sehr anstrengende, aber spannende Zeit“.
Die Ausbildung dauert drei Jahre. „Deutschland ist das einzige Land, in dem Segelmacher ein Lehrberuf ist“, so der 51-Jährige. Heute zählt Florian Böhm zu den wenigen Segelmachern der Region. „Ein, zwei weitere kenne ich hier, einer lebt zum Beispiel am Chiemsee.“ Seine Kundschaft besteht vor allem aus Privatleuten, die mit ihren Booten oft durchs Mittelmeer schippern.
„Deutschland ist das einzige Land, in dem Segelmacher ein Lehrberuf ist“
Seine Segel fertigt Böhm in der Werkstatt an. Zunächst arbeitete er daheim im Keller, irgendwann ging ihm der Platz aus. Im Internet stieß er auf die Halle in der Unterherrnhauser Straße. Corona hat ihm „in die Karten gespielt“. Denn in Zeiten voller Einschränkungen pflegten die Segler umso intensiver ihr Hobby. „Letztendlich war das der Auslöser, weshalb ich mich im April 2021 selbstständig machte.“ Böhm schaut sich zufrieden um.
Im Hintergrund dudelt fröhliche Radiomusik. Links an der Wand und hinten stehen große Regale. Auf ihnen stapeln sich Tuch, aufgerollte weiße, graue und schwarze Segel. Sie bestehen in der Regel aus Polyester oder Karbon. Die Kosten pro Stück starten – je nach Größe und Material – bei 450 Euro.
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In der Werkstatt verkauft Böhm nicht nur seine produzierten Segel und Abdeckungen, Persenninge genannt. Ebenso fertigt und vertreibt er Sonnensegel, selbst genähte Taschen aus Segelresten – und er erledigt Reparaturen.
Segelmacher Florian Böhm betont: „In jedem Segel steckt nach wie vor Handarbeit“
Aktuell liegt auf dem Arbeitstisch des Baierlachers ein graues Membransegel. „Das ist laminiert, ein Schutz vor der UV-Strahlung und vor Knicken“, erklärt der Fachmann. Heute entwirft ein PC die Segel, ein großer Plotter schneidet die Teile im Anschluss zusammen. Früher musste jeder Arbeitsschritt per Hand erledigt werden.
„Trotzdem steckt in einem Segel nach wie vor Handarbeit“, betont Böhm. Er deutet auf die Ecken des grauen Tuchs. „Die müssen richtig was aushalten, sie tragen die größte Last“, aus diesem Grund verstärkt der Handwerker sie mit der Nähmaschine.
An seinem Traumberuf liebt Böhm am meisten die Vielseitigkeit: Ausmessungen auf dem Wasser, genaue Handarbeit, Auslieferung und Montage in fremden Ländern. „Natürlich ist das für mich kein Urlaub, aber auf jeden Fall ist es ein toller Arbeitsplatz“, schwärmt er. „Zum Teil kann ich direkt in der Natur, im Wasser, arbeiten. Das sehe ich als großes Privileg.“
Zum Teil kann ich direkt in der Natur, im Wasser, arbeiten. Das sehe ich als großes Privileg.
Um selbst zu segeln, dazu fehlt dem Familienvater inzwischen oft die Zeit. Hauptsächlich schippert er mit Kunden in deren Booten durchs Wasser. „Nach jeder Montage sind mir Testfahrten am liebsten. Dann weiß ich, dass alles passt.“
Gerade diese vielen Begegnungen schätzt Böhm. Er deutet auf ein zusammengerolltes schwarzes Segel am Boden. „Das gehört Prinz Luitpold von Bayern. Mit dem bin ich per Du, wir waren schon zusammen segeln.“ Schauspieler Christian Tramitz fand ebenfalls schon den Weg in seine Werkstatt. Florian Böhm zuckt die Achseln. „Das sind ganz normale Menschen wie wir, die ihre Freizeit mit Hobbys verbringen.“ kof
Info im Internet
unter www.bavariansails.de