Was hilft Geflüchteten, in Deutschland Fuß zu fassen? – Kinder als „Türöffner“
29 Studierende haben Flüchtlingsunterkünfte in Penzberg und Peiting besucht. Sie interviewten bei einer Studie Menschen mit Fluchterfahrung, um zu erforschen, welche Netzwerke diese nutzen, um in der Fremde heimisch zu werden. Jetzt wurden Ergebnisse der Untersuchung vorgestellt.
Die Studierenden von Professor Egon Endres am Campus Benediktbeuern der Katholischen Stiftungshochschule München hatten bei der Studie mit dem Titel „Ankommen“ mit Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlicher Altersgruppen gesprochen. Das Fazit ihrer Untersuchung: „Das Ankommen fällt denen leichter, denen es gelingt, sich durch Unterstützungsangebote, die Familie oder persönliche Initiative zu vernetzen.“
„Als wir im Wohnheim in Penzberg die Interviews machten, war gerade Ramadan – dennoch wurden wir mit Kaffee und Kuchen bewirtet und sehr herzlich empfangen“, so eine Studentin, die mit ihrer Arbeitsgruppe den Schwerpunkt auf die Alltagsstruktur der Menschen mit Fluchterfahrung gelegt hatte. Besuch zu kriegen, komme nicht so oft vor, wie es sich die befragte syrische Familie wünsche.
Alltag der Erwachsenen orientiert sich an den Kindern
Den Studierenden der Fachrichtung „Soziale Arbeit“ fiel laut einer Pressemitteilung außerdem auf, „wie sehr der Alltag der Erwachsenen in den verschiedenen Unterkünften sich am Alltag der Kinder orientiert“, solange die Erwachsenen „keine eigene Struktur etwa durch eine Arbeitsstelle oder einen Deutschkurs haben“. Die Kinder seien auch vielfach der „Türöffner“, um in Kontakt zu kommen, zum Beispiel mit anderen Eltern oder in Vereinen. „,Integration durch Interaktion’ sollte die Devise sein“, heißt es in der Mitteilung, „wie zum Beispiel beim regelmäßigen Schafkopftreff im Begegnungscafé in Peiting.“
Eine Studierendengruppe zeigte sich überrascht davon, wie positiv von den Befragten die Rolle der Mitarbeitenden des Security-Dienstes bewertet wurde, der für die Sicherheit in Übergangs- und Gemeinschaftsunterkünften zuständig ist. Oft seien die Sicherheitsdienst-Mitarbeiter – neben den Bezirkssozialbetreuern des Landratsamts – die erste Anlaufstelle bei diversen Fragen. „Für sie wären sozialpädagogische Fortbildungen sinnvoll, um noch gezielter Kontakte vermitteln und generell die Geflüchteten unterstützen zu können“, so Professor Endres mit Bezug auf ein Projekt in München: eine Idee, die Vertreter des Landratsamts Weilheim-Schongau der Mitteilung zufolge gern aufgreifen wollen.
Sophie Buchheit und Claudia Neuner-Dietsch sind im Landratsamt Weilheim-Schongau für die Koordination verschiedener Aktionen im Bezug auf die Unterbringung von Geflüchteten zuständig und unterstützten die Studierenden bei der Erstellung ihrer Interview-Leitfragen. Zudem vermittelten sie Kontakte zu Gesprächspartnern in den Wohnheimen.
Professor Endres, der am Campus Benediktbeuern Sozialwissenschaften lehrt und jedes Jahr mit seinen Studenten eine „Ankommen“-Studie durchführt, hatte den Hochschülern vor der Untersuchung theoretisches Wissen nahegebracht (zum Beispiel über die Wirkung von Netzwerken). Das Projekt einschließlich der Interviews mit den Geflüchteten umfasst zwei Semester.
Sprachkurse sind nach wie vor Mangelware
In den Gesprächen im Rahmen der Studie wurde laut der Pressemitteilung häufig kritisiert, dass es an einem passenden Angebot an Deutschkursen mangelt. „Ohne Deutschkenntnisse findet man keine Arbeit und ohne Arbeit keinen Anschluss“, wird ein Befragter im Rahmen des Gesprächs mit der Heimatzeitung zitiert.
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„Insgesamt wird die Situation für geflüchtete Menschen in den Landkreisen Weilheim und Bad Tölz/Wolfratshausen durchaus positiv bewertet, vor allem die überschaubare Größe der Wohnheime helfe dabei, sich zu vernetzen und tatsächlich ankommen zu können“, heißt es in der Mitteilung über die Befragungsergebnisse, aber: „Manch einer möchte sehr gerne wieder in die eigene Heimat zurückkehren und dort in Sicherheit leben können.“ So wird beispielsweise ein Studienteilnehmer aus der Ukraine folgendermaßen zitiert: „Mir gefällt es in Oberbayern – aber wichtiger ist, dass der Krieg aufhört.“