„Einer Kulturstadt nicht würdig“: Kritik an Ticket-System in Weilheim
Das Weilheimer Stadttheater bietet ein attraktives Kulturprogramm. Doch das System für den Kartenvorverkauf ist „von vorgestern“, wie Stadtratsmitglieder bemängeln. Jetzt wird nach Alternativen gesucht – was alles andere als einfach ist.
Lange Zeit war es einfach und bequem, Eintrittskarten für Kulturveranstaltungen in Weilheim – und auch weit darüber hinaus – zu kaufen: Der Ticketservice des Kreisboten, viele Jahre mitten in der Stadt angesiedelt, hatte praktisch für alle Angebote den Vorverkauf übernommen. Doch seit sich der Verlag vor wenigen Jahren aus diesem Geschäftsfeld zurückgezogen hat, klafft eine riesige Lücke in der Kreis㈠stadt.
Zum Beispiel für die jüngsten Theatergastspiele im Rahmen des Weilheimer Kulturprogramms gab es zwar Tickets in der Touristinformation am Marienplatz zu kaufen, und Theaterleiter Andreas Arneth bot darüber hinaus mit großem persönlichen Einsatz an mehreren Terminen einen „Abendverkauf“ im Stadttheater an. Doch für beides war nur Bar- und keine Kartenzahlung möglich. Online an Karten zu kommen, dafür bestand überhaupt keine Möglichkeit. So ist es aktuell für die meisten Veranstaltungen der Stadt und der Weilheimer Vereine.
System ist nicht mehr zeitgemäß
Und genau das müsse sich unbedingt ändern, hieß es nun im Hauptausschuss des Weilheimer Stadtrates: Nachdem SPD-Vertreter Bernhard Kerscher eine entsprechende Anfrage gestellt hatte, wurde in dessen Mai-Sitzung ausführlich über den Kartenvorverkauf fürs Stadttheater diskutiert. „Unser System ist von vorgestern“, räumte Bürgermeister Markus Loth (BfW) dabei ein – und war sich in dieser Diagnose mit allen Anwesenden einig: Nur vor Ort Karten zu bekommen und bar zahlen zu müssen, sei „einfach nicht mehr zeitgemäß“, befand Horst Martin (SPD). Es sei „klar, dass wir ein anderes System brauchen“, betonte CSU-Sprecherin Marion Lunz-Schmieder. Und Ragnhild Thieler (BfW), die Kulturreferentin des Stadtrates, berichtete, sie werde „oft angesprochen, warum das hier alles so schwierig ist mit dem Kartenverkauf“. Die aktuelle Situation sei „einer Stadt wie Weilheim, die sich Kulturstadt nennt, nicht würdig“, so Thieler.
Bei den Rufen nach einem zeitgemäßen System sehe er „die Blicke zunehmend auf mich gerichtet“, stellte Andreas Arneth in der Ausschuss-Sitzung fest und listete akribisch frühere Vorverkaufsmöglichkeiten auf, die aber heute nicht mehr bestehen. Auch das Veranstaltungsbüro der Stadt, wo lange Zeit Karten für alle Veranstaltungen des städtischen Kulturprogramms erhältlich waren, existiere seit dem Rathaus-Umbau „nicht mehr in gewohnter Form“. So müsse man improvisieren und Kompromisse eingehen. Von einer Situation wie am Stadttheater Landsberg – dort gibt es Karten unter anderem im Theaterbüro, das jeden Werktag geöffnet ist, und zudem online – könne man in Weilheim jedenfalls nur träumen, so Arneth. Landsbergs Theater habe 15 Mitarbeiter, das Weilheimer gerade mal vier – bei einer ähnlichen Größe und Veranstaltungszahl.
Modernes System verteuert die Karten
„Wenn wir in Weilheim etwas fürs Ticketing schaffen wollen, dann müssen die technischen, rechtlichen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden“, fasste der Leiter des Weilheimer Stadttheaters zusammen. Denn nicht nur Personal fehle dafür vor Ort. Für Bezahlung per EC-Karte gebe es bis dato weder an der Theaterkasse noch in der Tourist-Info die nötigen Anschlüsse und Geräte. Und Schwierigkeiten mache beim Vorverkauf auch die zwingende steuerliche Trennung von Veranstaltungen der Stadt und der „Weilheimer Festspiele GbR“. Für die Aufführungen der Festspiele sind seit zwei Jahren übrigens Tickets online erhältlich, und zwar über das Portal „Reservix“. Das funktioniere gut und habe sich bewährt, berichtete Arneth, schlage pro Produktion aber mit 3000 Euro zu Buche.
Dass ein modernes Vorverkaufssystem Geld kostet und diese Kosten letztlich die Theaterkarten verteuern werden, das ist allen Mitgliedern des Hauptausschusses klar. Dennoch brauche Weilheim unbedingt ein neues System dafür. All die Schwierigkeiten dahinter „interessieren den Bürger nicht“, konstatierte Horst Martin: „Der möchte nur möglichst einfach an seine Karte kommen, nach einem System, das gang und gäbe ist.“
Weilheims Stadtverwaltung wurde vom Hauptausschuss deshalb einstimmig beauftragt, Möglichkeiten eines modernen Ticketsystems für Weilheim zu prüfen und aufzuzeigen. Grünen-Vertreter Karl-Heinz Grehl war in diesem Zusammenhang wichtig, dem Theaterleiter „die Sorgenfalten zu nehmen“, wie er sagte: Dessen Team solle sich „ums Theater kümmern und ums Programm, und nicht um den Aufbau einer Vorverkaufsstelle und die EDV-Voraussetzungen dafür“. Das müssten andere leisten.
Meine news
Es gelte „zukunftsfähige Lösungen zu suchen“ und „das Theater-Team zu entlasten“, fasste Bürgermeister Loth zusammen. Und die Sache mit der EC-Zahlung werde man baldmöglichst „separat lösen“, versprach der Rathaus-Chef.