Italien first? Was Meloni bei Trump erreichen will und warum sie viel zu verlieren hat

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Die EU steht bei Donald Trump nicht hoch im Kurs. Nun besucht ihn Giorgia Meloni. Europa wird bei dem Treffen aus mehreren Gründen sehr genau hinschauen.

Washington, D.C. – Bei Giorgia Meloni läuft aktuell die US-Woche. An diesem Donnerstag ist Italiens Ministerpräsidentin zu Besuch im Weißen Haus, um sich mit US-Präsident Donald Trump auszutauschen. Tags darauf empfängt sie dessen Vize J.D. Vance in Rom.

Ein reiner Freundschaftsbesuch ist in Washington nicht zu erwarten, auch wenn sich die Postfaschistin und der Republikaner politisch bestens verstehen. Doch Trumps Zoll-Politik hat auch die Chefin der Fratelli d’Italia verstimmt. Schließlich ist auch Italien von den EU-weiten Aufschlägen auf Exporte in Richtung USA betroffen, die der mächtigste Mann der Welt zumindest für 90 Tage wieder etwas eindampfte. Genauer gesagt auf zehn Prozent.

Meloni besucht Trump: Vertritt sie vor dem US-Präsidenten die EU oder doch nur Italien?

Trotz es geteilten Leids innerhalb Europas werden die Bündnispartner sehr genau schauen, wie Meloni gegenüber Trump auftritt. Sichtbar als wichtige Stimme der EU oder doch allein nationale Interessen vertretend? Immerhin war sie – anders als der ebenfalls als großer Trump-Fan bekannte ungarische Premierminister Viktor Orban – am 20. Januar bei der Amtseinführung des 78-Jährigen in Washington vor Ort dabei. Das hebt die 48-Jährige von den übrigen Staats- und Regierungschefs der EU ab. Zudem durfte sie sogar schon auf seinem Anwesen in Mar-a-Lago vorbeischauen.

Treffen unter politischen Freunden: US-Präsident Donald Trump erwartet Italiens Premierministerin Giorgia Meloni im Weißen Haus. ©  IMAGO / ZUMA Press Wire, IMAGO / NurPhoto

Gerade im Hinblick auf die Trump-Zölle bot sich Meloni – sicher nicht ganz uneigennützig – als „Brückenbauerin“ über den Atlantik an. Vor ihrer Abreise sprach sie laut La Repubblica wegen der US-Handelspolitik zu Wirtschaftsvertretern.

„Wir werden an der Seite derjenigen stehen, die produzieren, die ihre Identität verteidigen, die die Fahne unserer Marke in der Welt hochhalten, denn das einzige, das uns am Herzen liegt, ist, das Beste für Italien und die Italiener zu tun“, lautete ihre per Videobotschaft überbrachte Nachricht an die Generalversammlung des Konsortiums zum Schutz des „Grana Padano“-Käses.

EU und Verhältnis zu Trump: Meloni stimmt sich vor US-Reise mit von der Leyen ab

Am Dienstagabend telefonierte Meloni aber eben auch mit EU-Kommissions-Präsidentin Ursula von der Leyen, wie Arianna Podesta erklärte. Laut der Sprecherin der EU-Kommission stimmten die beiden Politikerinnen ihre Standpunkte zu den Zoll-Verhandlungen ab. Melonis Washington-Besuch sei gemeinsam koordiniert worden.

„Wir haben bekanntlich schon mehrfach gesagt, dass jeder Kontakt mit der US-Regierung sehr willkommen ist“, ergänzte Podesta: „Natürlich liegt die Verhandlungsmacht bei der Kommission, aber die Kontakte mit der Trump-Regierung sind äußerst positiv und deshalb haben sich Präsidentin und Ministerpräsidentin abgestimmt.“

Es wird also klar, dass Meloni keinerlei verbindliche Zusagen machen kann, die die EU betreffen. Aber in Brüssel werden alle Daumen gedrückt sein, da augenscheinlich kein anderer bedeutender Politiker innerhalb des Staatenbundes ein solches Vertrauen bei Trump genießt wie die Italienerin.

Meloni bei US-Reise unter Druck: Ihre Glaubwürdigkeit innerhalb der EU soll auf dem Spiel stehen

Das beruht auf Gegenseitigkeit. So schreibt das US-Portal Politico unter Bezugnahme auf zwei italienische Beamte, die mit der außenpolitischen Haltung der Meloni-Regierung vertraut sind, die Ministerpräsidentin sehe Trumps Handelsdrohungen als forsche Verhandlungstaktik. Zudem wolle sie zeigen, dass Trump zu Zugeständnissen bewegt werden kann. Gelinge ihr dies nicht, stehe jedoch auch Melonis Glaubwürdigkeit in Brüssel auf dem Spiel, gab eine der Quellen demnach zu.

Italiens einstiger Entwicklungsminister und jetziger Oppositionspolitiker Carlo Calenda geht sogar noch einen Schritt weiter. Wie die New York Times berichtet, sagte das ehemalige Mitglied des Europäischen Parlaments: „Dies ist der Moment der Wahrheit für unsere Ministerpräsidentin. Wir werden sehen, ob sie eine Führungspersönlichkeit ist, die die europäische Front zusammenhält, oder ob sie den Schmeicheleien des US-Präsidenten nachgibt.“

Giorgia Meloni, Javier Milei (M.) und Han Zheng stehen hintereinander
Anstehen zum Gratulieren: Bei Donald Trumps Amtseinführung befand sich Giorgia Meloni in Gesellschaft von Argentiniens Präsident Javier Milei (M.) und Chinas Vize-Präsident Han Zheng. © IMAGO / ABACAPRESS

Nathalie Tocci bleibt hinsichtlich ihrer Erwartungen eher zurückhaltend. Die Leiterin des Istituto Affari Internazionali in Rom sagte der Washington Post zufolge: „Es ist schwer zu erahnen, was sie erreichen kann. Der große Preis – sagen wir, ein EU-USA-Gipfel – scheint ein Wunschtraum zu sein.“

Meloni könne vielmehr einiges verlieren, wenn sich Trump klug anstelle und nach dem Motto „teile und herrsche“ agiere. „In gewisser Weise ist das Beste worauf man hoffen kann, dass das Treffen ohne Zwischenfälle stattfindet. Das allein wäre schon ein Erfolg“, findet die Politikwissenschaftlerin.

Meloni und die Mission bei Trump: „Europa muss vereint auftreten“

Fehlt noch der Blick ans untere Ende der Skala. Das Schlechteste wäre wohl, wenn Meloni nur mit italienischer Stimme sprechen würde und Trump sogar einen Keil zwischen Rom und Brüssel treiben könnte. Unter anderem Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte bereits davor, dass der Republikaner die EU schwächen könnte, indem er sie entzweit.

Meloni-Stellvertreter Matteo Salvini, Parteisekretär der rechtspopulistischen Lega, erklärte zwar bereits, Italiens Interessen müssten über jenen Europas stehen. Die Post berichtet aber auch, Beobachtern zufolge sei sich die Regierungschefin bewusst, dass die EU auf alles, was wie ein bilaterales Handelsabkommen mit den USA aussehe, auf eine Art reagiere, die ihr mehr Kopfzerbrechen bereiten werde als Trumps Zölle.

Antonio Tajani (l.), Giorgia Meloni und Matteo Salvini sitzen nebeneinander
Die Drei von der Regierungsbank: Giorgia Meloni berät sich mit ihren Stellvertretern Antonio Tajani (l.) und Matteo Salvini. © IMAGO / ZUMA Press

Antonio Tajani, ihr anderer Stellvertreter und der Parteisekretär der dritten Regierungspartei Forza Italia, beruhigte demnach bereits, Meloni sei auf einer „Mission zur Unterstützung der europäischen Positionen“. Der Außenminister fügte hinzu: „Wir sind überzeugt, dass Europa vereint auftreten muss.“

Inwiefern das gelingt, wird sich in den beiden Tagen zeigen, an sich denen Meloni gegenüber Trump und Vance behaupten muss. Es steht durchaus viel auf dem Spiel in ihrer US-Woche. Für die EU, aber offenbar auch für sie selbst. (mg)

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