Söldner aus China für Putin – Expertin warnt: „Ende des Ukraine-Kriegs nicht in Pekings Interesse“
Im Ukraine-Krieg kämpfen auch Soldaten aus China. Noch sind es nur wenige, doch eine ukrainische Expertin befürchtet: Es könnten bald mehr werden.
Es war eine denkwürdige Pressekonferenz: Anfang der Woche präsentierte die Ukraine der Öffentlichkeit zwei chinesische Soldaten, die für Russland im Ukraine-Krieg gekämpft haben sollen. Welche Rolle China bei dem russischen Angriffskrieg spielt und welche Botschaft die Ukraine mit dem Auftritt an Washington und Peking senden will, erklärt die ukrainische Ostasien-Expertin Nataliya Butyrska.
Frau Butyrska, die Ukraine hat zwei gefangengenommene chinesische Soldaten, die in der Ukraine auf der Seite Russlands gekämpft haben, öffentlich vorgeführt. Mit welchem Ziel?
Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj geht es vor allem darum, die Aufmerksamkeit Washingtons zu erhalten. Er will der neuen US-Regierung zeigen, wie sehr China in diesen Krieg verwickelt ist. Es ist ja bekannt, dass Donald Trump den Fokus der USA weg von Europa und hin zum Indopazifik verschieben will. Das sehen wir nicht zuletzt daran, wie er den Handelskonflikt mit China eskaliert. Selenskyjs Botschaft ist jetzt: Beides, der Ukraine-Krieg und der Konflikt mit China, ist eng miteinander verbunden.
In der russischen Armee kämpfen offenbar nur ein paar Hundert Chinesen. Das klingt nicht nach einer großen Bedrohung.
Aber es ist ein weiterer Baustein in der chinesischen Unterstützung für Russland. China unterstützt Russland wirtschaftlich und mit der Lieferung von Dual-Use-Gütern. Und jetzt kämpfen auch noch Soldaten aus China in diesem Krieg. Das können wir nicht einfach ignorieren. Deswegen sendet Selenskyj auch eine Botschaft an Peking: Wir wissen, dass sich eure Landsleute in der Ukraine aufhalten. Es geht darum, dass China dafür sorgt, dass sich nicht noch mehr Chinesen den Russen anschließen.
Zur Person
Nataliya Butyrska ist Ostasien-Expertin und Analystin beim New Europe Center, einer Denkfabrik mit Sitz in Kiew.

„Wir sehen schon lange, wie China Russlands Krieg unterstützt“ – Warnung aus der Ukraine
Hat Peking denn überhaupt Interesse daran, seine Bürger davon abzuhalten, im Ukraine-Krieg zu kämpfen?
Chinas Regierung behauptet immer, sie sei im Ukraine-Krieg neutral und dass sie ihre Bürger deshalb davon abhält, dort zu kämpfen. Aber wir sehen schon lange, wie China Russlands Krieg unterstützt. Was Peking sagt und was es tut, sind also zwei verschiedene Sachen. Wenn China nun behauptet, es sei gegen die Teilnahme seiner Bürger am Ukraine-Krieg: Warum macht es dann nichts dagegen?
Meine News
Wie meinen Sie das?
Die beiden chinesischen Soldaten, die von der Ukraine gefangengenommen wurden, haben gesagt, dass sie durch russische Werbung in chinesischen sozialen Netzwerken rekrutiert wurden. China sollte dagegen vorgehen, tut das aber nicht.
Worum geht es den chinesischen Soldaten? Nur ums Geld?
Es handelt sich um Söldner, also spielt das Geld natürlich eine große Rolle. Und sie wissen scheinbar nicht, worauf sie sich einlassen, wie brutal dieser Krieg ist. Informationen über den Ukraine-Krieg werden in China schließlich stark zensiert. Hinzu kommt, dass die chinesischen Medien russische Narrative verbreiten, also behaupten, Russland verteidige sich gegen den Westen und gegen die Nato und dass die Ukraine nur ein Vasall der USA sei. Die Chinesen, die sich Russland angeschlossen haben, glauben also, für eine gute Sache zu kämpfen.
„China muss dafür sorgen, dass diese Soldaten unser Staatsgebiet verlassen“
Präsident Selenskyj hat den Einsatz chinesischer Soldaten mit der Rolle Nordkoreas im Ukraine-Krieg verglichen. Ist das nicht übertrieben?
Es handelt sich tatsächlich um zwei verschiedene Dinge. Nordkorea hat sich offiziell dazu verpflichtet, Russland bei der Verteidigung seines Staatsgebiets zu unterstützen. Deswegen kämpfen die nordkoreanischen Soldaten, die Kim Jong-un geschickt hat, bislang auch nur in der Region Kursk, also auf russischem Territorium. Bei den Chinesen handelt es sich hingegen um Söldner, sie wurden nicht von ihrer Regierung geschickt. Brisant ist aber, dass sie auch auf ukrainischem Staatsgebiet eingesetzt werden, nämlich im Donbas. Deswegen muss Peking dafür sorgen, dass diese Soldaten unser Staatsgebiet verlassen. Und noch etwas macht mir Sorgen.
Und zwar?
Nordkorea hat zunächst nur Munition an Russland geliefert, und die internationale Gemeinschaft hat es nicht geschafft, das zu stoppen. Und jetzt kämpfen Tausende Nordkoreaner in diesem Krieg. Wir müssen also Druck auf Peking ausüben, damit sich nicht eines Tages Tausende Chinesen den russischen Truppen anschließen. Wir sollten uns nichts vormachen: China profitiert von diesem Krieg, politisch und wirtschaftlich. Deswegen ist es im Interesse Pekings, dass der Krieg so schnell nicht endet. Sollte Peking eines Tages glauben, dass es in seinem Interesse wäre, Soldaten nach Russland zu schicken, wäre das eine extrem gefährliche Eskalation.
Trotzdem betont Wolodymyr Selenskyj immer wieder, dass China bei einem möglichen Friedensschluss eine Rolle spielen soll.
Ich denke, dass China durchaus auf Russland einwirken könnte. Aber Peking will nicht. Lassen sich mich Ihnen ein Beispiel geben: Anfang April war Wang Yi, der chinesische Außenminister, zu Besuch bei Wladimir Putin im Kreml. Nur wenige Tage später starben bei einem russischen Raketenangriff auf die ukrainischen Stadt Krywyj Rih Dutzende Menschen, darunter viele Kinder. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass China Russland in keinster Weise von seinen Angriffen auf die Ukraine abbringen will.
„China hat Möglichkeiten, Russland dazu zu bringen, den Krieg zu beenden“
Würde Russland denn überhaupt auf Peking hören?
Natürlich reichen Worte nicht aus. Aber China hat durchaus Möglichkeiten, Russland dazu zu bringen, den Krieg zu beenden. Sie könnten aufhören, das Land wirtschaftlich zu unterstützen, und keine Dual-Use-Güter mehr nach Russland liefern. China ist ein sehr wichtiger Partner für Russland und könnte diese Position nutzen, um Druck auszuüben. China spielt aber sein eigenes Spiel und hat seine eigenen Interessen.
Peking würde jetzt wohl darauf verweisen, dass es bereits einen eigenen Friedensplan für die Ukraine vorgelegt hat.
Ja, aber dieser Sechs-Punkte-Plan, den China vor einem Jahr zusammen mit Brasilien vorgestellt hat, ist eindeutig pro-russisch. Er übernimmt russische Positionen, und er verlangt vor allem von der Ukraine Zugeständnisse, nicht von Russland. Bislang unterscheiden sich leider auch die Ansätze von Donald Trump nicht sehr von diesem chinesisch-brasilianischen Vorstoß. Beiden geht es vor allem darum, russische Interessen zu wahren.
Und dennoch wird seit ein paar Wochen darüber diskutiert, dass China sogar Peacekeeping-Truppen schicken könnte, um eines Tages einen Friedensschluss zu überwachen.
Ich halte das aus mehreren Gründen für eine schlechte Option für die Ukraine. Erstens haben die Ukrainer keine gute Meinung von China, eben weil das Land auf der Seite Russlands steht. Zweitens will die Ukraine weiterhin der NATO beitreten und sich in die EU integrieren. Deshalb besteht die Ukraine auf der Präsenz einer europäischen Militärmission, was ja auch die gemeinsamen europäischen Sicherheitsstrukturen vertiefen würde. Darüber hinaus sollten sich die europäischen Länder auch vor dem wachsenden Einfluss Chinas auf die europäische Sicherheitsarchitektur in Acht nehmen. Schließlich dürfen wir nicht vergessen, wie China durch seine Unterstützung Russlands die regelbasierte internationale Ordnung zerstört.