Auch Nord-Stream im Fokus: Trump-Regierung will Sanktionen gegen Putins Energiesektor aufheben
Donald Trump will unbedingt einen Deal bei den Ukraine-Verhandlungen zwischen Moskau und Kiew erreichen. Könnte ihm dabei die Nord-Stream 2 Pipeline helfen?
Washington, D.C./Moskau – In den Ukraine-Verhandlungen mit Russland macht Donald Trump immer mehr Zugeständnisse an Kreml-Chef Wladimir Putin. Möglicherweise könnten auch die US-Sanktionen auf die Nord-Stream 2 Pipeline aufgehoben werden, wie Politico berichtet. Für Moskau wäre das ein großer diplomatischer Erfolg. Zwar würde Europa das russische Gas wohl nicht annehmen, dennoch wäre das Aufheben der Sanktionen allein symbolisch ein großes Zugeständnis und eine Kehrtwende der US-Politik.
Vor allem der US-Sondergesandte Steve Witkoff soll den Vorschlag unterstützen, wie Politico von anonymen Quellen, die mit der Sache vertraut sind, erfahren haben will. Der Trump-Berater hat sich bereits dreimal mit Putin getroffen – zuletzt in St. Petersburg, um über einen möglichen Waffenstillstand und Frieden mit Moskaus Machthaber zu beraten. Witkoff erklärte, er habe sogar eine „Freundschaft“ zu Wladimir Putin entwickelt. „Ich habe eine Menge Zeit mit Putin verbracht. Ich habe mit ihm gesprochen und eine Freundschaft und Beziehung zu ihm aufgebaut“, erklärte Witkoff in Miami bei einem Investment-Forum, wie Sky News schreibt.
Trump mit Zugeständnissen an Putin bei Ukraine-Verhandlungen: Nord-Stream 2 im Fokus
Somit scheint es nicht verwunderlich, dass die US-Regierung zunehmend Zugeständnisse an Moskau macht, um den Ukraine-Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Zuletzt hatte der US-Präsident vorgeschlagen, dass die Ukraine Gebiete – darunter auch die Krim-Halbinsel – an Russland für einen möglichen Frieden abtreten müsse. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, für die Ukraine komme eine solche Forderung nicht infrage.
US-Außenminister Marco Rubio und Witkoff erklärten in einem gemeinsamen Statement, dass in den Ukraine-Verhandlungen mit Moskau die Sanktionen auf Nord-Stream 2 kein Gesprächsthema waren: „Das ist falsch. Keiner von uns hat Gespräche über die Aufhebung der Sanktionen gegen Russland als Teil eines Friedensabkommens mit der Ukraine geführt.“ Über die Berichterstattung von Politico erklärte das Weiße Haus weiter: „Das ist einfach eine völlig frei erfundene und unverantwortliche Berichterstattung von Politico, einer fünftklassigen Publikation. Wenn sie auch nur einen Funken journalistische Integrität besitzen, werden sie diesen erfundenen Artikel vollständig zurückziehen.“
Rubio lässt Ukraine-Verhandlungen in London platzen – Selenskyj lehnt Trump Forderung ab
Eigentlich hätten Rubio und Witkoff am Mittwoch bei den Ukraine-Verhandlungen in London sein sollen. Nach Selenskyjs Zurückweisung der US-Forderungen, ukrainische Gebiete an Russland abzugeben, sagte Rubio das Treffen jedoch kurzfristig ab. Laut einer zweiten Quelle innerhalb der US-Regierung hatte vor allem Witkoff das Aufheben der US-Sanktionen ins Spiel gebracht, schreibt Politico weiter. Rubio und andere im Weißen Haus sollen jedoch nicht auf Witkoffs Idee angesprungen sein. Die Quelle erklärte mit einer Analogie: „Das ist kein Kuchen, der gerade im Ofen gebacken wird, aber die Zutaten sind zusammengestellt.“
Vor einer möglichen Aufhebung der US-Sanktionen auf Nord-Stream 2 warnte auch der noch amtierende Wirtschaftsminister Robert Habeck (die Grünen) am Mittwoch (23. April) in Kattowitz, wie das Energie-Fachportal energate berichtet. „Wenn wir davon sprechen, von russischem Gas unabhängig zu werden, sollten wir uns Nord Stream 2 und auch Nord Stream 1 ansehen“, erklärte der Wirtschaftsminister bei einer Konferenz in Polen unter dem Namen „Energy Security and the Region in Transition“. Habeck meinte weiter, dass es „Verhandlungen zwischen den Trump-Jungs und Putin geben könnte“. Europa müsse diese Infrastruktur selbst in der Hand behalten, betonte der Grünen-Politiker.
US-Investor will Nord-Stream 2 kaufen: Hebel für Ukraine-Verhandlungen?
Bereits im November 2024 gab es Berichte, dass ein amerikanischer Investor die Gas-Pipeline kaufen möchte, wie die Frankfurter Allgemeine berichtet. Stephen Lynch soll vom Finanzministerium die Erlaubnis erhalten haben, im Falle eines Insolvenzverfahrens der Nord-Stream 2 AG auf die Pipeline bieten zu dürfen. Als Begründung gab er an, dass die US-Regierung einen besseren Hebel bei den Ukraine-Verhandlungen habe, sollte sich Nord-Stream 2 im US-Besitz befinden. Die Idee Nord-Stream als Druckmittel zu benutzen geistert somit schon seit Beginn der Trump-Administration durch das Weiße Haus. Vor dieser US-Akquirierung warnte Habeck.
Tatsächlich ist ein Deal über Nord-Stream 2 bei den Ukraine-Verhandlungen eher unwahrscheinlich. Denn Donald Trump will den Europäern das eigene US-Gas verkaufen. Sollte Nord-Stream 2 wieder den Betrieb aufnehmen, würde das die US-Gasexporte billiger machen. Und aktuell hat der amerikanische Energiesektor spürbar unter der turbulenten Zollpolitik des US-Präsidenten zu leiden. (sischr)