Glaube ist auch Arbeit: Jugendliche schmieden die Kreuze für ihre Konfirmation selbst.

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Schürze, Schutzbrille und volle Konzentration: Konfirmandin Mirijam (14) arbeitet an einem Stück Eisen mit Schmied Tom Carstens. Im Hintergrund Pfarrerin Renate Zorn-Traving und Pfarrer Edzard Everts. © STEFAN ROOSMANN

Vor der evangelischen Kirche in Ebersberg ist im Freien eine kleinen Schmiedewerkstatt aufgebaut. Die Aktion ist ein Teil der Vorbereitung auf die Konfirmation.

Ebersberg – „Ich schlage vor, und du schlägst nach, immer im gleichen Rhythmus.“ Das sagt Schmied Tom Carstens. Miriam (14), mit Schürze und Schutzbrille, ist voll konzentriert. Mit einer Zange hält Carstens das an einem Ende rot glühende Metallstück und legt es auf den Ambos. Er schwingt mit einer leichten, fließenden Bewegung den Hammer. Der schlägt auf das Eisen. Ein satter, aber auch weicher Klang. Mirijam macht es ihm nach, zögerlich zunächst, dann immer mutiger. Genau zielen. Das Metall verformt sich, wird flacher, breiter. Die Veränderung funktioniert.

Mobiler Ofen vor der Kirche

Vor der evangelischen Kirche in Ebersberg ist im Freien eine kleinen Schmiedewerkstatt aufgebaut. Ein mobiler Ofen, der nur entfernt an einen Gartengrill erinnert, mit unten angebrachtem Gebläse, Kohle, es glüht rot. Hohe Temperaturen. Metallstreifen liegen bereit. Daneben Hämmer und Zangen. Alles beaufsichtigt von Schmied Tom Carstens und seinem Mitarbeiter Wolfgang Gistl. Gewerkelt wird an zwei Arbeitsplätzen.

Erstaunliches Lernen

Die Konfirmanden der evangelischen Gemeinde Ebersberg mit Hohenlinden, Kirchseeon und Steinhöring stellen kurz vor ihrem großen Tag ihre eigenen persönlichen Kreuze her. „Es ist erstaunlich, dass ein so hartes Material so formbar ist“, sagt Kilian (14). „Leichter als ich gedacht habe.“ So sieht das auch Louise (13). Sie lernt, dass weder ein zu festes noch zu leichtes Draufhauen etwas bringt. Den Hammer richtig halten, der richtige Schlag. So schwer ist das doch gar nicht. Der erste Erfolg kommt schnell. Und Schmied Carstens ist ja auch noch da. Er wurde mit seinem Team in der toskanischen Ortschaft Stia bei Arezzo im Jahr 2023 Weltmeister der Kunstschmiede und veranstaltet gerne Seminare. Stets, auch an diesem Tag, mit viel Humor. Sein für Beobachter überraschender Kommentar in der Arbeit mit den Konfirmanden: „Die Mädchen hören besser zu und gehen dann lässiger mit dem Werkstoff um.“ Alle lernen einiges über das uralte, scheinbar sehr maskuline Handwerk. „Viel Kraft ist am Anfang eigentlich nicht notwendig“, sagt Carstens. „Die kommt mit der Zeit.“ Es gebe inzwischen auch viele erfolgreiche Frauen in diesem Beruf.

Heißes Feuer und das schon fast fertige Kreuz kurz nach dem Schmieden vor der Kirche.
 Kreuze schmieden Konfirmation Enersberg 2024
Heißes Feuer und das schon fast fertige Kreuz kurz nach dem Schmieden vor der Kirche. © sro

Langlebiges Symbol

23 Konfirmanden der Ebersberger Gemeinde schmieden an diesem Tag ihre kleinen Erinnerungskreuze, ein langlebiges Symbol. Im oberen Bereich eines Metallstreifens entsteht ein Haken. Das macht der Schmied mit dem spitzen Teil des Ambosses selbst. Geübt, gekonnt, sieht alles ganz leicht aus. Ein zweites Metallstück wird an den Enden etwas gebogen und verformt. Dann werden beide Teile in der Mitte durchbohrt und durch eine Niete verbunden. Wieder dürfen die Jugendlichen dies selbst machen.

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Leberkäs zur Stärkung

Zur Stärkung gibt es auf einer bereitgestellten Biertischgarnitur im Freien sowie im Gemeindehaus warmen Leberkäse, Semmeln und Getränke.

Persönlich markiert

Nächster Schritt: In das Kreuz werden mit Werkzeugen, die an einem Ende jeweils Ziffern und Buchstaben aufweisen, das Jahr und die Initialalien der Gestalter eingeschlagen. Schmied Tom Carstens hält die Werkzeuge, die Konfirmanden schlagen mit dem Hammer zu: Ein großer Vertrauensbeweis. Doch Carstens, der aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen kommt, gibt sich jeweils zuversichtlich. Schließlich ist das nicht seine erste Aktion dieser Art. Auch mit dem Ebersberger Pfarrer Edzard Everts arbeitet er schon länger zusammen. Beide kennen sich noch von einer früheren Wirkungsstätte des Geistlichen.

Letzte Bearbeitungsschritte: Mit der Drahtbürste werden die eingeschlagenen Initialen bearbeitet.
Letzte Bearbeitungsschritte: Mit der Drahtbürste werden die eingeschlagenen Initialen bearbeitet. © sro

Glätten und säubern

Dann heißt es etwas Warten auf das Erkalten des Materials. Mit einer Drahtbürste wird das Werkstück in einen Schraubstock eingespannt, geglättet, gesäubert, eingeölt und wieder sauber gemacht. In eine Kiste kommen alle fertigen Kreuze, daran an einer Schnur ein Zettel mit dem Namen des Jugendlichen. Übergeben werden die Kreuze offiziell bei der Konformation, für die eine Gruppe in der Kirchseeoner Kirche am 28. April, für die weitere Gruppe in Ebersberg am 5. Mai. „Jeder hat sein eigenes Kreuz, das er selbst gemacht hat“, so Pfarrerin Renate Zorn-Traving. Ein Symbol für den Glauben, aber auch für den eigenen Lebensweg. Das Gestalten das Kreuzes sei ebenfalls ein Symbol dafür, dass Glauben auch Arbeit bedeute, immer wieder.

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