Da blüht uns was: Mähwiesen-Vorhaben stößt auf Widerstand bei Landwirten

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Bienenweide an der Isener Straße in Markt Schwaben: Die Regierung von Oberbayern will mit ihrem Mähwiesenprojekt Blütenreichtum erhalten. Doch das Projekt stößt bei Landwirten auf Skepsis. © Dziamballa

Das Mähwiesenprojekt im Landkreis beginnt holprig. Anstelle von Unterstützung findet es Widerstand unter den Landwirten.

Landkreis – Ein Blütenmeer aus weiß-gelben Margeriten, violette Tupfer von Glockenblume und Wiesen-Salbei, dazwischen tummeln sich Schmetterlinge, Wildbienen und Heuschrecken: Die Regierung von Oberbayern zeichnet ein idyllisches Bild von ihrem Mähwiesenprojekt, einem Vorhaben, in Zusammenarbeit mit Landwirten, um artenreiche Kulturflächen zu erhalten und aufzuwerten.

Ebersberger Realität stört Idyll

Empfindlich gestört wurde dieses Idyll nun von der Ebersberger Realität: Statt blühender Begeisterung schlug den Initiatoren bei der offiziellen Auftaktveranstaltung im Landratsamt brennnesslige Widerborstigkeit entgegen. Die Stimmung brachte am Freitag maßgeblich Roman Loidl zum Kippen, Landwirt aus Moosach, der die Ebersberger Kreisbauernschaft vertrat. Er störte sich vor allem am Vorgehen der Behörde – etwa mit den Worten: „Das sind unsere Flächen!“

Das Amt hat Satellitendaten ausgewertet, die quasi quadratmetergenau Aufschluss darüber geben, welche Flächen mit welchem Bewuchs wann gemäht werden. Daraus will die Obere Naturschutzbehörde ableiten, wo jene begehrten Mähwiesen liegen könnten, die bislang noch nicht erfasst seien. „Wir schauen uns jede Fläche an“, so Monika Dubbert vom beauftragten Klagenfurter Naturraum-Planungsbüro Egger, das die Mähwiesensache für die Behörde beackert.

Vor-Ort-Begehung ohne Einverständnis der Landwirte

Allerdings geschieht die Vor-Ort-Begehung ohne Wissen und Einverständnis der Landwirte, die erst später aus einem Brief erfahren, ob sie zur Zielgruppe des Projekts gehören. „Sonst werden wir nicht fertig“, so Laura Junk von der Regierung von Oberbayern. Schließlich gelte es, in den kommenden Wochen 452 Hektar in 14 Gemeinden abzuarbeiten – möglichst noch vor der ersten Mahd, um den Artenreichtum erfassen zu können. Tatsächlich infrage komme am Ende weniger als die Hälfte der Flächen, manchmal nur zehn Prozent, habe die Erfahrung aus anderen Landkreisen, etwa Bad Tölz-Wolfratshausen oder Landsberg am Lech, gezeigt.

Dass demnächst also unangemeldete Vegetationsökologen über fremde Wiesen stiefeln, stieß nicht nur Landwirte-Vertreter Loidl sauer auf. Im Oktober soll es dann Beratungsgespräche geben, um mit den Landwirten zu klären, wie die wertvollen Flächen erhalten oder gar aufgewertet werden können.

Maschinenring warnt vor neuen Protesten

Marianne Semmler, Geschäftsführerin des Ebersberger Maschinenrings warnte, auch mit Blick auf die Bauernproteste des Winters: „Die Landwirte wollen keine Belehrungen mehr. Passt auf, dass das nicht übergriffig wird!“ Martina Lietsch, Bürgermeisterin von Steinhöring, schloss sich dem Kritikerreigen an, übrigens nicht als einzige der erschienenen Bürgermeister: „Mir scheint, es ist noch mal ein Projekt, das oben drüber gestülpt wird.“ Schließlich gebe es bereits genügend Angebote vor Ort, etwa vom Landschaftspflegeverband. Dessen Vorsitzender, Josef Rüegg, warb um Verständnis: „Ich sehe das als neue Möglichkeit und Chance. Wenn man sich nicht kümmert, gehen viele Flächen verloren.“ Und: „Ich bedauere, dass die Landwirte manchmal vor neuen Dingen so eine Angst haben.“ Benedikt Sommer von der Kreisgruppe des Landesbunds für Vogelschutz warb: „Das ist ein zusätzlicher Service, der jetzt den Grundstückseigentümern auf dem Silbertablett serviert wird.“

In der hitzigen Debatte fiel fast unter den Tisch, dass es sich um ein kostenloses und freiwilliges Angebot handeln soll, um Landwirten eine weitere Möglichkeit aufzuzeigen, vom Bayerischen Vertragsnaturschutzprogramm (VNP) zu profitieren. „Ich verstehe das als ganz positives Thema“, sagte Frank Burghardt, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Schließlich seien Mähwiesen Flächen, die gerade dank der Landwirte entstanden seien. Es gelte darauf hinzuarbeiten, diese vor einer Intensivierung zu schützen, also vor zu viel Düngung oder zu häufiger Mahd – und die Besitzer oder Pächter dafür zu belohnen.

Bauernvertreten: „Das haben wir schon oft gehört“

Das Argument, Landwirte gegen Entlohnung als Landschaftspfleger einzusetzen, sah Bauernverbandsvertreter Loidl ein. Zur Freiwilligkeit des Programms sagte er aber: „Das haben wir schon oft gehört.“ Und: „Was ist, wenn bei der Begehung etwas gefunden wird, was direkt schützenswert ist?“ Die Skepsis vor weiterer Überwachung überwog.

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Dass bei dem Treffen im Landratsamt Ebersberg für die Befürworter des Projekts kein Mähwiesenblumentopf zu gewinnen war, subsumierte Steinhörings Bürgermeisterin Martina Lietsch mit den Worten: „Vielleicht ist das jetzt einfach nicht die richtige Zeit.“

Auf den verteilten Projektflyern steht: „Ein Landkreis,zwei Jahre, ein Ziel.“ Im Sommer 2025 soll es Schautafeln an und geführte Wanderungen zu besonders schönen, blütenreichen Mähwiesen geben. Bis dahin blüht den Initiatoren wohl vor allem eins: viel Überzeugungsarbeit.

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