Wartenberg: Viele Ideen für den Siebenbürger
Viel Zukunftsmusik erklang am Mittwoch in der Sondersitzung des Wartenberger Marktrats. Gut eineinhalb Stunden lang ging es um die Entwicklung des Ortszentrums. Das Gremium beschloss – sogar einstimmig – seinen groben Fahrplan im Rahmen des Integrierten Städtebaulichen Entwicklungskonzepts (ISEK). Schon etwas konkreter wurde es in Sachen ehemaliges Gasthaus Siebenbürger am Marktplatz.
Wartenberg – Ein sogenannter Selbstbindungsbeschluss zur Innenentwicklung wurde dagegen vertagt (siehe Kasten am Textende). Das Thema beschäftigt den Marktrat schon über vier Jahre, seit die Legislaturperiode läuft. „Heute ist der Tag, an dem wir den Deckel drauf machen“, sagte Bürgermeister Christian Pröbst (CSU). Man habe sich mit Mobilitätskonzept und Barrierefreiheit auseinandergesetzt, bekomme nun die Planung für den barrierefreien Rathaus-Eingangsbereich. Im Rahmen des ISEK winken der Kommune beträchtliche Fördermittel. „Man sollte es wie ein Kochbuch verstehen, mit einzelnen Rezepten“, erklärte der nicht zum ersten Mal im Marktrat vorsprechende Rafael Stegen vom Büro Salm&Stegen.
Für mehr Aufenthaltsqualität
Das ISEK ist eine Art Marschroute für die Ortsentwicklung, Sanierungsmaßnahmen und Einzelhandelsentwicklung inklusive. Beispielsweise soll die fußläufige Nahversorgung im Bereich der Ortsmitte durch die Stärkung des Penny-Standorts gestärkt, das Areal dort auch gestalterisch aufgewertet werden. Die Aufenthaltsqualität am Marktplatz soll sich verbessern, der Durchgangs- und ruhende Verkehr reduziert werden (wir berichteten).
Stegens Büro hatte die Stellungnahmen der Behörden ausgewertet. Lediglich drei davon waren etwas ausführlicher geraten, verursachten jedoch keine dramatischen Änderungen. Unter anderem hatte die Handwerkskammer von München und Oberbayern angeregt, das Nebeneinander von nicht störenden, gewerblichen Nutzungen und Wohnen als städtebauliches Ziel aufzunehmen. Das wird gemäß einem einstimmigen Ratsbeschluss auch so umgesetzt.
Michael Paulini (SPD) betonte, dass man künftig das ISEK „nicht in der Schublade verstauben lassen“ dürfe und für Projekte heranziehen müsse. „Wir haben uns oft genug nicht an die Fachleute gehalten“, kritisierte er. Demnächst müsse man sich ans Priorisieren machen, schließlich habe man nicht viel Geld. Josef Sedlmaier (CSU) sagte dazu: „Konzepte werden gefördert, aber die allgemeine Finanzierung ist dann das größte Problem.“ Da werde man weiter Probleme haben, wenn die Kommunen von oben weiter finanziell ausgeblutet würden.
Unser Kommentar zur Ortsentwicklung in Wartenberg
Gebäude wird abgerissen
Die Millionensummen, die im Anschluss Martin Aichner vom Architektenbüro Aichner Kazzer nannte, ließen die Räte entsprechend durchschnaufen. Im Gepäck hatte er ein konkretes Projekt aus dem ISEK: die Machbarkeitsstudie für das vom Markt erworbene ehemalige Gasthaus Siebenbürger am Marktplatz 2, für das der Markt, wie berichtet, eine vertiefte Substanzbewertung hat vornehmen lassen.
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Im Fokus hat der Markt vier weitere ältere Häuser: Marktplatz 4 (beinhaltet den Dönerladen) sowie Nikolaiberg 3 und 5 – alle in Privatbesitz. Und Nikolaiberg 1, das dem Markt gehört. Letzteres soll abgerissen werden, unter anderem, um die Engstelle an der Nikolaibergstraße mit weniger als drei Meter breiter Durchfahrt aufweiten zu können. Entstehen könnte ein Vorbereich mit öffentlicher Fläche an der Südostseite des Ensembles am Marktplatz 2, im Plan „Nikolaiplatz“ genannt.
Zum Siebenbürger stellte Aichner drei Varianten vor, die von einer Umnutzung ohne Änderung des Gebäudevolumens über Teilabbrüche bis hin zu Neubauten im hinteren Bereich reichten. Ideen für die Nutzung gehen von Einzelhandel, Sozial- und Pflegestation beziehungsweise Tagespflege, betreutem Wohnen, einer Praxis ergänzend zum geplanten Ärztehaus, Physiotherapie, Jugendherberge und kleineren Wohnungen, Büros bis zu sogenannten Co-Working-Flächen. Gastronomie werde dagegen eher direkt am Marktplatz gesehen. Aichner sprach außerdem davon, dass die Treppe als Auftakt des Kreuzwegs zum Nikolaiberg hoch aufgewertet werden könnte.
Der Siebenbürger müsse für die Umnutzung größtenteils auf den Rohbauzustand zurückgesetzt werden. Die Kosten liefen im Vergleich zu einem Neubau auf das Gleiche hinaus. Je nach Variante reichen Aichners Kostenschätzungen von rund drei bis annähernd sieben Millionen Euro – Kostensteigerungen über die kommenden Jahre noch nicht eingerechnet. Pröbst bekannte: „Wir haben viele Chancen. Was wir immer nicht haben, ist Geld.“ Auch die Nachbarn müsse man einbinden, es brauche eine Lenkungsgruppe.
Noch Jahre bis zur Umsetzung
Thomas Furtner (CSU) fürchtete um „den Charakter von Wartenberg“, wenn man etwa das in die Straße ragende Gebäude am Nikolaiberg 1 abreißen würde. Eduard Ertl (Neue Mitte) widersprach ihm und verwies auf die arg enge Durchfahrt. Mit Blick auf Medienzentrum und Co. meinte er, man könne sich als Gemeinde „nicht unendlich viele öffentliche Gebäude leisten“, sondern müsse für eine Belebung des Bereichs auch an Gastronomie- oder Pensionsnutzungen denken. Und er erkannte eine Parkplatzproblematik.
Viel Theorie im Trachtenstadl, Michael Pröbst (CSU) fasste es mit Blick auf die Finanzen so zusammen: „Wir sind noch Jahre davon entfernt, am Marktplatz etwas in die Hand zu nehmen.“
Förderinitiative: Beschluss vertagt
Der Marktrat hatte in seiner Sitzung am Mittwoch abschließend die Förderinitiative „Innen statt Außen“ der Bayerischen Staatsregierung auf dem Tisch. Dabei handelt es sich um einen zentralen Teil des Maßnahmenpakets zum Flächensparen. Zur Debatte stand ein sogenannter Selbstbindungsbeschluss zur Innenentwicklung. Liegt dieser zusammen mit dem ISEK vor, winkt weiterer Förderbonus. Da man aber noch Jahre von konkreten Umsetzungen entfernt sei, wollte Michael Pröbst wissen, ob man den Beschluss denn nicht noch hinauszögern könnte. Experte Rafael Stegen meinte dazu, dass der Markt sich mit einem Grundsatzbeschluss bekennen sollte, denn die Förderinitiative helfe ja schon bei planerischen Maßnahmen. „80 statt 60 Prozent möchte ich nicht sausen lassen“, betonte Bürgermeister Christian Pröbst (CSU). Außerdem sei die Innenentwicklung geltende Rechtslage. Er warnte aber, wie auch Markus Straßberger (CSU), vor zu schnellem Wachstum, wenn man jetzt etwa alle leerstehenden Grundstücke angehen würde. Andererseits will man, wie es Michael Paulini (SPD) ausdrückte, mit landwirtschaftlichen Flächen „sorgsam haushalten“. Die Räte tragen das Thema nun nochmal in ihre Fraktionen, der Beschluss wurde auf Anfang November vertagt.